Niedersachsen. In Niedersachsen sorgt eine alarmierende Zahl für Diskussionen: Rund 23 Prozent der Schüler, gegen die wegen wiederholter Schulpflichtverletzungen ein Verfahren eingeleitet wurde, endeten in den Jahren 2019 bis 2022 in den geprüften Kommunen im Jugendarrest. Diese Zahl wurde in einer Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums auf eine parlamentarische Anfrage veröffentlicht und wirft Fragen zur Wirksamkeit und Angemessenheit der Maßnahme auf.
Wie der Landesrechnungshof in seinem Kommunalbericht 2024 feststellt, wurden in den Jahren 2019 bis 2022 jährlich rund 1.000 Anzeigen wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Unterricht gestellt. Von diesen Fällen landeten etwa 230 im Jugendarrest – ein verhältnismäßig hoher Anteil, der zu einer intensiven Debatte über die Prävention von Schulpflichtverletzungen führt.
Das Kultusministerium betont, dass Schulabsentismus ein ernstzunehmendes Problem ist, das die schulische Leistung und die beruflichen Perspektiven der betroffenen Jugendlichen gefährden kann. Der Jugendarrest wird jedoch nicht von den Schulen entschieden, sondern von einem Jugendrichter, und erfolgt in der Regel, wenn Bußgelder oder alternative Sanktionen wie gemeinnützige Arbeit nicht durchsetzbar sind.
Kritik an der Praxis
Die hohe Zahl der Jugendarreste wirft jedoch Fragen auf. Laut dem Bericht des Landesrechnungshofs werden in den Kommunen die Vorgaben des Kultusministeriums zur Handhabung von Schulpflichtverletzungen häufig nicht vollständig eingehalten. Insbesondere fehlen in einigen Fällen frühzeitige Interventionen und ein umfassendes Unterstützungssystem für Schüler, die aus sozialen oder familiären Gründen die Schule meiden.
Kritiker argumentieren, dass der Jugendarrest keine nachhaltige Lösung für diese Probleme ist. Ein Kommentar in den Wolfsburger Nachrichten bringt es auf den Punkt: „Die Hilfe beginnt mit dem Zuhören, nicht mit der Arrestzelle.“
Reformbedarf und Perspektiven
In ihrer Antwort betont die Landesregierung, dass Schulabsentismus eine ganzheitliche Herangehensweise erfordert. Die Landesregierung setzt auf Prävention, bei der soziale und emotionale Unterstützung für die Schüler im Vordergrund steht. Projekte wie Schulvermeidungsprogramme und Gewaltprävention wurden bereits eingeführt. Dennoch zeigt die aktuelle Statistik, dass weitergehende Maßnahmen notwendig sind, um Jugendlichen langfristig zu helfen.
Das Kultusministerium hebt die Bedeutung eines positiven Schulklimas, individueller Förderung und der Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Eltern hervor. Ein großer Schwerpunkt soll künftig auf der Prävention liegen, um Fehlzeiten zu verhindern. Dazu gehören unter anderem gezielte Beratungsangebote und die Einbindung externer Fachleute.
mehr News aus der Region