Region. Die IKK classic gab nun Zahlen heraus, die aufzeigen wie viele Jugendliche im Jahr 2014 wegen einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden mussten. Dabei zeigt sich eine ganz unterschiedliche Entwicklung in den Landreisen Wolfenbüttel und Goslar, sowie der Stadt Braunschweig.
In Braunschweig sind rückläufige Zahlen erkennbar. Im Jahr 2014 mussten so in der Stadt Braunschweig 44 Jugendliche bis 20 Jahren wegen übermäßigen Alkoholkonsums im Krankenhaus behandelt werden - 30 Prozent weniger als im Jahr zuvor. In ganz Niedersachsen sank die Zahl um sechs Prozent auf 2.294 Fälle, teilte die Krankenkasse mit und beruft sich auf aktuelle Daten des niedersächsischen Landesamts für Statistik. "Nach wie vor ist die Zahl der Jungen in Braunschweig, die wegen einer Alkoholvergiftung behandelt werden mussten mit 29 fast doppelt so hoch als die der Mädchen mit 15", sagt Thomas Wiechert von der IKK classic. "Trotz der generell positiven Entwicklung in Braunschweig darf man nicht vergessen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Bei weitem nicht alle Jugendlichen mit einem Vollrausch landen auch im Krankenhaus, man darf mit einer hohen Dunkelziffer rechnen."
Mehr weibliche Koma-Trinker
Doch während in der Stadt Braunschweig die Zahlen sinken, sind sie im Landkreis Goslar gestiegen. Und zwar um ganze 46 Prozent. Im Jahr 2013 waren es noch 24 Jugendliche, die nach dem übermäßigen Alkoholkonsum im Krankenhaus landeten. Im Jahr 2014 waren es hingegen schon 35. Auffällig dabei ist auch, dass die Zahl der weiblichen "Koma-Trinker" von vier auf 15 angestiegen ist. Dieses Merkmal zeigt sich übrigens auch im Landkreis Wolfenbüttel. Zwar sind dort die Fälle mit 22 in den Jahren 2013 und 2014 gleichbleibend, der Anteil der weiblichen Jungendlichen ist aber auch hier von sieben auf zehn gestiegen.
Bundesweiter Rückgang
Gleichwohl scheinen frühe Aufklärung, Präventionsprogramme durch Krankenkassen und restriktiver Verkauf von alkoholischen Getränken zu wirken. Bundesweit sinkt die Zahl der schwer alkoholisierten Jugendlichen seit einigen Jahren kontinuierlich. Und auch das Einstiegsalter verschiebt sich laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Jugendliche sind heute im Schnitt 15 Jahre alt, wenn sie ihr erstes Glas Alkohol trinken. Im Jahr 2004 lag das Durchschnittsalter beim ersten Mal noch bei 14 Jahren.
Schwere folgen sind vorprogrammiert
Dr. Ulrich Heida, Oberarzt Anästhesie in der Zentralen Aufnahmestation im Klinikum Wolfenbüttel erklärt, warum der Konsum von Alkohol, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, so gefährlich und schädlich ist. "Alkohol ist für Jugendliche und junge Erwachsene immer riskant, weil er Entwicklungsprozesse, zum Beispiel im Gehirn, stören kann. Weil Alkohol prinzipiell als "Zellgift" wirken kann, kann er wichtige Umbauprozesse im Gehirn stören. Insbesondere das Rauschtrinken kann sich in dieser sensiblen Entwicklungsphase des Gehirns besonders schädigend auswirken. Auch die Gewöhnung an Alkohol beziehungsweise Alkoholabhängigkeit können sich schneller entwickeln. Zudem drohen schwere Erkrankungen und gesundheitliche Schäden wie Entzugssymptome, Leberschäden oder alkoholassoziierte Tumore"erklärt der Oberarzt.
Zudem kann Alkohol sich auch auf das Sozialverhalten auswirken, weiß Heida. "Alkohol erhöht das Risiko aktiv Gewalt auszuüben und auch die Gefahr selbst Opfer von Gewalt zu werden. Und er verändert die Wahrnehmungs- und Denkfähigkeiten. Es steigt das Risiko vor allem in Situationen, in denen schnelle Reaktionen auf eine Vielzahl von Umgebungsreizen gefragt sind - zum Beispiel im Straßenverkehr oder bei Auseinandersetzungen mit anderen Menschen. Jugendliche und junge Erwachsene sind besonders häufig an Alkoholunfällen im Straßenverkehr und Gewaltvorfällen unter Alkoholeinfluss beteiligt oder betroffen", so der Oberarzt.
Die Folge von hohem und regelmäßigem Alkoholkonsum kann die Alkoholabhängigkeit mit Entzugserscheinungen wie Zittern, Schweißausbrüche, Unruhe oder Angst sein. "Diese Erscheinungen können nur durch erneuten Alkoholgenussunterbunden werden", erklärt Heida. Zudem können psychosoziale Schäden, wie Verlust der Ausbildungsstelle, des Arbeitsplatzes oder allgemeiner Isolation durch Verlust der sozialer Bindungen wie Freundschaft, Ehepartner ist verstärkt anzutreffen. Straffälligkeit durch Beschaffungskriminlität, Trunkenheit am Steuer oder Gewalttätigkeit sind keine Seltenheit.
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