Jugendkriminalität: Rohheitsdelikte lösen Ladendiebstähle ab

von Nino Milizia


Wilfried Berg, Leiter der Polizeiinspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel, Andreas Twardowski, Zentraler Kriminaldienst,  Bernhard Bergmann, Leiter Zentraler Kriminaldienst, und Pressesprecher Björn Hirsch. Foto: Nino Milizia
Wilfried Berg, Leiter der Polizeiinspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel, Andreas Twardowski, Zentraler Kriminaldienst, Bernhard Bergmann, Leiter Zentraler Kriminaldienst, und Pressesprecher Björn Hirsch. Foto: Nino Milizia | Foto: Nino Milizia

Salzgitter/Peine. Die Polizeiinspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel stellte heute ihre Statistik über Kinder- und Jugendkriminalität vor. Seit dem Jahr 2004 wurden noch nie so wenige Straftaten registriert wie in 2016.


Während es 2011 beispielsweise noch 681 Delikte waren, wurden im vergangenen Jahr nur noch 361 Straftaten gezählt. Im Vergleich zum Vorjahr fiel die Zahl um 159, was einem Rückgang von 30,58 Prozent entspricht. Somit macht die Kriminalität Minderjähriger fast genau 10 Prozent der Gesamtzahl der Straftaten im Bereich Salzgitter aus. Die Polizei spricht hier von einer erfreulichen Entwicklung. Dieser Trend ist auch bei den minderjährigen Tatverdächtigen feststellbar: 468 waren es noch 2015, 2016 nur noch 382 (ein Minus von 18,38 Prozent).

Eine Besorgnis erregende Entwicklung wird aber durch eine erste Erhebung von minderjährigen Flüchtlingen als Tatverdächtige deutlich. Während die Anzahl der deutschen tatverdächtigen Kinder um minus 21,74 Prozent sank, stieg sie bei den nichtdeutschen um 84,62 Prozent. Dieser Umstand werde die Polizei für die nächsten Jahre vor große Herausforderungen stellen. Bislang sei nicht genug Geld für Streetworker vorhanden, was sich schleunigst ändern müsste, um nicht in der Zukunft feststellen zu müssen, das man zu spät zu Maßnahmen gegriffen hätte. Erschwerend komme hinzu, dass sich der Ermittlungsaufwand hierdurch erhöhe, da oft Vernehmungen nur mit Dolmetschern möglich seien. Ohne zielgruppenorientierte Maßnahmen sei zu befürchten, dass sich diese Zahlen, vor allem im Bereich der Rohheitsdelikte, weiter steigern.

Rohheitsdelikte lösen Ladendiebstähle ab


Unterscheidet man zwischen den Deliktfeldern stößt man auf eine weitere, bemerkenswerte Entwicklung: Bislang waren Ladendiebstähle die häufigsten Delikte Minderjähriger, nun sind es jedoch Rohheitsdelikte, zu denen man Strafbestände wie Körperverletzung, Raub/räuberische Erpressung und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, wie zum Beispiel Bedrohung, Nötigung und Freiheitsberaubung zählt. 157 Minderjährige wurden in diesem Deliktfeld registriert, was einen sprunghaften Anstieg von 37,72 Prozent bedeutet. Die meisten Körperverletzungen wurden dabei in Salzgitter begangen. Diese Tendenz sei auch deshalb bedenklich, da sich schon im ersten Quartal von 2017 ein weiterer Anstieg beobachten ließ. 27 Körperverletzungen wurden 2017 registriert, zum selben Zeitpunkt in 2016 waren es noch 15 gewesen.

Besonders häufig traten diese Delikte nicht etwa in geschlossenem, privaten Bereich, sondern an öffentlichen Plätzen auf. Hier wurden drei Hot-Spots genannt: Die Skateranlage, der Eingang des City-Carree und der Stadtpark. Andreas Twardowski, zentraler Kriminaldienst, gab jedoch zu bedenken, dass ein Vertreiben der Jugendlichen nichts bringen würde, da sich sonst auch andere Plätze finden ließen. Man wolle nun den Kontrolldruck erhöhen, Platzverweise aussprechen und stärker mit der Stadt zusammen arbeiten. Sozialarbeiter und Integrationslotsen könnten verstärkt eingesetzt werden.

Dass sich jedoch die Diebstahlsdelikte so drastisch verringert hätten, zieht Twardowski in Zweifel. Ein Rückgang von 51,11 Prozent könnte mit geringer Kontrolldichte zu erklären sein. Viele Läden würden Personalkosten sparen wollen und würden daher auf Detektive verzichten.

Im Bereich Drogendelikte wird ein hohes Dunkelfeld vermutet


Auch ein merklicher Rückgang der Drogendelikte sei feststellbar. Dieser beläuft sich auf minus 47,22 Prozent. Aber auch hier merkte Twardowski an, das es sich im Bereich Betäubungsmittel immer um Kontrolldelikte handelt. Fehlt die Manpower, kommt es zu weniger Kontrollen. 2016 war dies der Fall, da man sich stärker auf Einbrüche fokussierte. Das Dunkelfeld dürfte also weitaus höher liegen.

Ein weiterer untersuchter Bereich war der der Schwellen- und Intensivtäter. Hier wird zwischen Tätern unterschieden, die nach ersten Reaktionen entsprechender Stellen keine Straftaten mehr begehen, und denen, die an einer "kriminellen Karriere" arbeiten und durch hohe Fallzahlen auffallen. Derzeit habe man sich mit fünf Intensivtätern auseinander zu setzen. Die jüngste ist gerade einmal zwölf Jahre alt, kommt aus Lebenstedt und beging im Dezember vergangenen Jahres und im ersten Quartal 2017 zahlreiche sogenannte Rohheitsdelikte.

Zum Schluss wurde noch auf das Problemfeld Alkohol eingegangen. Hier ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen: 2016 standen 23 Jugendliche bei der Begehung von Straftaten unter Alkoholeinfluss. Dies entspricht einem Anteil von 8,04 Prozent an der Gesamtzahl der jugendlichen Tatverdächtigen. Zum Vergleich: 2015 waren es nur 19 Jugendliche, somit ein Anteil von 5,23 Prozent.


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