Goslar. Der Sommer ist da, die Temperaturen klettern bundesweit über die Marke von 30 Grad Celsius, auch in der Region Harz. Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme sowie allgemeines Unwohlsein sind dann die typischen Symptome der Patienten, die sich in einer Notaufnahme vorstellen oder dorthin gebracht werden. Die Chefärztin der Rettungsstelle der Harzklinik Goslar gibt in einer Pressemitteilung Tipps für die heißen Tage und klärt die uralte Streitfrage, ob kalte Getränke wirklich mehr Abkühlung bringen als ein warmer Tee.
„An heißen Tagen erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf mitunter erheblich. Das körpereigene Kühlungssystem stößt dann schnell an seine Grenzen und es kann zu einer Dehydrierung kommen“, erklärt Dr. Ulrike Cretan, Chefärztin der Rettungsstelle der Asklepios Harzkliniken. „Der Mangel an Flüssigkeit im Körper ist dabei Folge von zu geringer Flüssigkeitsaufnahme und einem großem Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen.“
Kalte und eiskalte Getränke belasten den Körper laut der Medizinerin demnach deutlich mehr als wohltemperierte oder warme, denn er muss viel Energie aufbringen, um die Temperatur zu regulieren. Als Folge schwitzen wir noch mehr. Dadurch werden zusätzliche Kalorien verbrannt, mit dem Effekt, dass zusätzliche Körperwärme entsteht. Extrem kalte Getränke können außerdem zu Magenproblemen und Unwohlsein führen. Deshalb der Hinweis: Auch warmer Pfefferminztee kann erfrischen und die Blutgefäße in Magen und Darm erweitern, sodass der Tee besser und schneller als kalte Getränke ins Blut gelangen kann.
25.000 Notfallpatienten im Jahr
Jährlich mehr als 25.000 Notfallpatienten werden in der Rettungsstelle behandelt. „Besonders der Mangel an Flüssigkeit und die unmittelbare Hitzeeinwirkung sind gefährlich, vor allem ältere Menschen und Kinder reagieren dabei empfindlicher und sollten vorsichtig sein“, erläutert die Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, Rettungsmedizin, Notfallmedizin und Intensivmedizin. „Man darf nicht vergessen, dass unser Körper zu 60 Prozent und unser Gehirn zu 80 Prozent aus Wasser bestehen. Deshalb macht sich ein Flüssigkeitsmangel als Erstes im Kopf bemerkbar. Die Patienten klagen dann über Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Aber auch eine Bewusstseinstrübung kann eine ernstzunehmende Folge der Hitze sein“, so Dr. Cretan weiter.
Alte und junge Menschen besonders gefährdet
Außerdem gehen durch das Schwitzen auch wertvolle Mineralstoffe, die der Körper für seine Stoffwechselprozesse benötigt, verloren. Insbesondere kleine Kinder sowie alte und kranke Menschen müssen in dieser Jahreszeit besonders vorsichtig sein, warnt die Notfallmedizinerin. Patienten mit Herzschwäche sollten bei zunehmenden Beschwerden zeitnah den Hausarzt kontaktieren. Tägliches Wiegen sowie regelmäßige Blutdruckkontrollen können zur Einschätzung des Flüssigkeitshaushaltes und der Kreislaufsituation dienen.
Zehn „goldene Regeln“ der Medizinerin
Während die meisten Menschen die Sommerwärme voll genießen, sollten vor allem ältere Menschen und Kinder vernünftig mit der Hitze umgehen. Diese Tipps gibt die Rettungsstellen-Chefin und Expertin der Asklepios Harzkliniken:
1. Tragen Sie luftige Kleidung und eine helle Kopfbedeckung, wenn Sie in der Sonne unterwegs sind.
2. Halten Sie sich möglichst in kühlen Räumen auf.
3. Vermeiden Sie ungewohnte körperliche Anstrengung.
4. Setzen Sie sich nicht der prallen Sonne aus (zum Beispiel bei der Arbeit im Garten).
5. Gönnen Sie sich eine Mittagspause, machen Sie Siesta.
6. Bevorzugen Sie leichte Kost wie Gemüse, Fisch oder Obst.
7. Trinken Sie mehr als sonst, „immer über den Durst“, aber keinen Alkohol und nicht zu kühle Getränke.
8. Trinken Sie nicht zu viel auf einmal, denn pro Stunde können Sie nur 500 bis 800 Milliliter Flüssigkeit aufnehmen und sinnvoll verwerten. Am besten trinken Sie über den Tag verteilt jede Stunde ein Glas Wasser, auch wenn Sie noch keinen Durst haben.
9. Bei Hitze verbraucht der Körper mehr Natrium, Magnesium und Calcium. Deshalb ist es ratsam, dementsprechend angereicherte Mineralwässer zu trinken. Herz- und nierenkranke Menschen sollten allerdings aufpassen und ihren Arzt befragen, welche Wassersorten und –mengen für sie geeignet sind.
10. Lassen Sie niemals Kinder oder Haustiere in einem geparkten Auto zurück.
Flüssigkeitsverlust und Durst
Kleine Kinder und ältere Menschen reagieren empfindlicher auf Flüssigkeitsverlust, vor allem durch Schwitzen. Bei Senioren macht der Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht nur 60 Prozent aus. Bei großer Hitze gehen mit dem Körperwasser immer auch Natrium, Magnesium und Calcium mit verloren. Und zwar vor allem aus den Körperzellen, einschließlich Nervengewebe. Diese trocknen dann regelrecht aus. Man wird dadurch müde und matt, die Reaktionsfähigkeit lässt nach, was unter anderem im Straßenverkehr riskant ist. Im Extremfall kann es zu regelrechten Verwirrtheitszuständen kommen. Aber auch das Herzkreislaufsystem ist gefährdet durch ein Versacken des Blutes mit Blutdruckabfall und durch Eindicken des Blutes mit Thrombose und Embolie.
Da im Alter auch das spontane Durstgefühl nachlässt, lautet eine der goldenen Regeln: „Trinken Sie über den Durst“. In Einrichtungen wie Heimen oder Krankenhäusern wird regelmäßig zum Trinken animiert und an Hand von Trinkplänen die Flüssigkeitsaufnahme auch kontrolliert. Ältere Autofahrer sollten ebenfalls ein Prinzip der Regelmäßigkeit pflegen, nämlich alle zwei Stunden eine Pause zum Abkühlen und Trinken einlegen. Dies ist umso wichtiger, da die fehlende Wärmeabgabe im überhitzten Auto fatale Folgen für Reaktionsvermögen und Körperkreislauf hat.
Gefühlte Temperaturen
Die sogenannte gefühlte Temperatur weicht von der tatsächlich gemessenen Temperatur ab. Sie wird anhand von Luftfeuchte, Strahlung, Wind, tatsächlicher Temperatur sowie dem menschlichen Verhalten (Aktivität und Bekleidung) berechnet.
Im Notfall immer 112 anrufen
Wenn es zu einem Hitzschlag oder Kollaps gekommen ist oder der Verdacht besteht, ist sofort der Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 zu verständigen. Bringen Sie den Betroffenen an einen kühlen Ort, lockern Sie seine Kleidung, kühlen Sie mit feuchten Tüchern ab und reichen Sie Getränke, nicht zu kühl und nicht zu viel auf einmal.
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