Niedersachsen. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizei-Gewerkschaft (DPolG) Niedersachsen, Lars Hitzemann, kritisiert, dass das gerade verabschiedete "Gesetzespaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder" zwar ein Schritt in die richtige Richtung darstelle, dieser jedoch keineswegs ausreichend sei. Vor allem fehle es der Polizei an Personal und IT-Experten, um den Verfolgungsdruck zu erhöhen. Das teilt die DPolG in einer Pressemeldung mit.
Die Grenzen des Maßnahmen-Paketes seien weniger inhaltlicher Natur denn schlicht struktureller Art. Die reine Strafrechtsverschärfung und Kategorisierung des Besitzes von Kinderpornografie als Verbrechenstatbestand sei unzureichend. Parallel dazu müssten die Ermittlungskompetenzen und die personelle Ausstattung ausgebaut werden. Insofern sei es ein erster kleiner Schritt, wenn die niedersächsische Justiz hier nun reagiert. Justizministerin Barbara Havliza gab hierzu (gegenüber Bild Hannover; 02.08.2021) bekannt, dass die Anzahl der in diesem Kontext tätigen Staatsanwälte erhöht worden sei. Gleichsam werde jedoch auch festgestellt, dass die reine Strafverschärfung eben nicht die Taten verhindere, sondern vielmehr die Erhöhung des Entdeckungsrisikos entscheidend sei. "Daraus folgt ganz klar, dass zwar richtige Schritte unternommen werden, sie aber bei weitem nicht ausreichend sind. Gerade in Niedersachsen sollte man im politischen Umgang mit diesem Deliktsbereich sensibilisiert sein und vor allem seine Lehren aus der unwürdigen Diskussion um den Ermittlungskomplex aus Northeim/Lügde gezogen haben", so die Gewerkschaft.
"Verdopplung der Fälle droht"
Das Ziel müsse sein, das immense Dunkelfeld so weit wie möglich aufzuhellen. "Wie kann es also sein, dass die personelle Ausstattung bei der Polizei hierbei nicht signifikant verbessert wird? Wie kann es sein, dass man sich hier nicht auch fachlich mit den richtigen IT-Experten verstärkt, um im Dickicht des Darknets Täter ausfindig zu machen?", fragt die DPolG. Seit 2016 sei die Zahl der Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern in Niedersachsen von 1630 auf 4532 Fälle in 2020 angestiegen. Bis Jahresende drohe prognostisch sogar eine weitere Verdopplung. Ein Anstieg der nicht nur durch Fälle im Internet gekennzeichnet sei, sondern auch durch sich erhöhende Fälle im familiären Kontext - sicherlich auch katalysiert durch die häusliche Enge auf Grund der Pandemie. Auch hier bedürfe es speziell geschulter Ermittler und zeitintensiver Befassungen mit so gelagerten Sachverhalten. "Wo aber sollen die Ermittler die Zeit hernehmen, wenn Personal in den Ermittlungsdiensten schwindet oder verlagert wird?", kritisiert die Gewerkschaft.
Justizministerin Havliza sage zurecht: "Das Entdeckungsrisiko muss steigen!" Das gelte für alle Straftaten, hier jedoch besonders. Dafür benötige die Polizei technisch wie personell eine bessere Aufstellung. Die DPolG habe deshalb bereits vor einem Monat klar eingefordert: "Wir brauchen mehr Richter, mehr Staatsanwälte, mehr Haftplätze aber vor allem mehr Ermittler!" Dem ersten richtigen Schritt müssten weitere folgen.
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