Salzgitter. Aus Sicht des Bundesamts für Strahlenschutz liegen derzeit keine belastbaren Hinweise vor, wonach bei den Kampfhandlungen in der Ukraine radioaktive Stoffe in erhöhtem Maße ausgetreten sind. Das BfS verfolge die Lage aber aufmerksam, heißt es auf dessen Internetseite. Dazu gehöre auch die Situation rund um das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja, nachdem russische Truppen nach Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) das Gebiet rund um das Kraftwerk unter ihre Kontrolle gebracht haben.
Seit Beginn des Angriffs russischer Truppen auf die Ukraine am 24. Februar gebe es immer wieder Berichte über Kampfhandlungen im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen. Aufgrund der Lage seien nur wenige Informationen verfügbar und diese seien schwer zu überprüfen. Radiologische Auswirkungen auf Deutschland sind nach dem Stand der verfügbaren Informationen nicht zu befürchten, so das BfS.
Den Meldungen zufolge hat sich Folgendes ereignet:
KKW Saporischschja: Russische Truppen haben laut IAEA das Gebiet rund um das größte ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja eingenommen. Den Informationen zufolge sorgen die Mitarbeiter des Kraftwerks aber für einen sicheren Weiterbetrieb. Erhöhte radioaktive Messwerte wurden demnach nicht verzeichnet.
Lager für radioaktive Abfälle Kiew: In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist ein Lager für radioaktive Abfälle in der ukrainischen Hauptstadt Kiew von Granaten getroffen worden. Nach Informationen der IAEA gibt es keine sichtbaren Schäden. Informationen über erhöhte Messwerte gibt es nicht.
Lager für radioaktive Abfälle Charkiw: Am Samstagmorgen ist ein Lager für radioaktive Abfälle in Charkiw getroffen worden. Das Ausmaß der Schäden ist unklar.
Tschernobyl: Russische Truppen hatten am Donnerstag die Sperrzone um Tschernobyl besetzt. Experten des BfS haben daraufhin die Lage überprüft, darunter vor allem Berichte über erhöhte Radioaktivitätswerte in der Umgebung des stillgelegten Kernkraftwerks. Nach Einschätzung des BfS sind trotz einiger Erklärungsoptionen in den Medien diese Werte mit Vorsicht zu betrachten, da auch Datenmanipulation, fehlerhafte Messungen aufgrund elektromagnetischer Störungen oder fehlerhafte Übermittlung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden können. Ebenso ist es möglich, dass die Werte tatsächlich erhöht sind. Informationen zufolge laufen die Routinearbeiten an den Anlagen weiter, die Quellen, die die erhöhte Belastung gezeigt hatten, weisen derzeit wieder Werte auf Normalniveau – wie vor dem Krieg – auf.
"Kein Grund zur Bevorratung oder Einnahme von Jodtabletten"
Vor dem Hintergrund der Lage in der Ukraine fragen sich auch Menschen in Deutschland, ob eine Einnahme von Jodtabletten sinnvoll sein könnte. In Deutschland würden in diesem Zusammenhang keine erhöhten Radioaktivitätswerte gemessen oder erwartet. Aufgrund der Entfernung zur Ukraine sei nicht damit zu rechnen, dass eine Einnahme von Jodtabletten erforderlich werden könnte, so das BfS. Von einer selbstständigen, unbegründeten Einnahme der Tabletten rät das BfS daher dringend ab. Eine Selbstmedikation mit hochdosierten Jodtabletten berge erhebliche gesundheitliche Risiken, habe aktuell aber keinen Nutzen.
In Deutschland seien 189,5 Millionen Jodtabletten in den Bundesländern bevorratet, die bei einem Ereignis, bei dem ein Eintrag von radioaktivem Jod in die Luft zu erwarten ist, in den möglicherweise betroffenen Gebieten durch die Katastrophenschutzbehörden verteilt werden. Die Einnahme von Jodtabletten schütze ausschließlich vor der Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse, nicht vor der Wirkung anderer radioaktiver Stoffe. Radioaktives Jod habe eine Halbwertszeit von wenigen Tagen. Das bei dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor über 35 Jahren freigesetzte Jod sei mittlerweile vollständig zerfallen und könne deshalb nicht mit dem Wind nach Deutschland transportiert werden.
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