Keine Schnelltests für evangelische Kitas - Landeskirche zweifelt an Wirksamkeit

Die Kirchengewerkschaft Niedersachsen fordert regelmäßige Testungen der Beschäftigten auf das Coronavirus mit Antigen-Schnelltests. Die Landeskirche verweist darauf, dass es keine rechtliche Verpflichtung dazu gebe und sieht den Nutzen im Verhältnis zu den Kosten nicht.

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Antigen-Schnelltests sind am effektivsten, wenn gezielt getestet wird. (Symbolbild)
Antigen-Schnelltests sind am effektivsten, wenn gezielt getestet wird. (Symbolbild) | Foto: Rudolf Karliczek

Region. Seit dem 16. Dezember müssen sich Mitarbeitende in Alten- und Pflegeheimen alle zwei Tage einem Antigen-Schnelltest unterziehen, um eine Ausbreitung des Coronavirus in einer Einrichtung frühzeitig zu registrieren. Die Kirchengewerkschaft fordert dies auch für Kita-Beschäftigte und kritisiert die Landeskirchen in Niedersachsen nun dafür, dass Anträge auf Schnelltests für die Beschäftigten in kirchlichen Kitas "wortreich" abgelehnt worden seien. Auf Anfrage von regionalHeute.de äußert die Landeskirche Braunschweig Zweifel an der Wirksamkeit der Schnelltests zur Eindämmung des Infektionsgeschehens.


Trotz Schließung der Kitas und Notbetrieb sind viele Betreuungseinrichtungen nach wie vor verhältnismäßig gut ausgelastet. Laut der niedersächsischen Kirchengewerkschaft seien die Ausfälle durch Corona-Infektionen unter Kita-Beschäftigten besonders hoch. "Den Kita-Beschäftigten droht das Risiko einer möglicherweise schweren Erkrankung. Eventuell sogar Berufsunfähigkeit. Damit ist nicht zu spaßen", argumentiert die Kirchengewerkschaft und erklärt, dass sich mit regelmäßig durchgeführten Schnelltests das Infektionsrisiko auch in Betreuungseinrichtungen senken lasse. "Deshalb haben zahlreiche Mitglieder der Kirchengewerkschaft Niedersachsen in den evangelischen Kitas der Landeskirchen Braunschweig, Hannover und Oldenburg Anträge auf die Bereitstellung von kostenlosen Corona-Schnelltests, zweimal pro Woche, gestellt."

Die Anträge seien von den Landeskirchen abgelehnt worden, da sie "rechtlich nicht verpflichtend" seien. In der Begründung der Ablehnung heißt es weiterhin, dass "die angestrebte Schutzmaßnahme zudem nur in sehr eingeschränktem Maße zur Minimierung des Infektionsrisikos in der Kindertagesstätte - bei gleichzeitig hohen finanziellen Aufwendungen - beitragen kann."

"Hier wird völlig ohne Not geknausert"


Diese Begründung stoße bei den Mitgliedern der Kirchengewerkschaft auf Unverständnis. "Ein Schnelltest kostet gerade einmal sechs Euro", kommentiert die Kirchengewerkschaft und beruft sich auf den hannoverschen Landesbischof Ralf Meister, welcher die Arbeit der Kita-Beschäftigten im Juli 2020 als "im besten Sinne unbezahlbar" bezeichnete. "Hier wird völlig ohne Not geknausert und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten vernachlässigt. Es kann und darf für die Kirchen keine finanziellen Erwägungen geben, ihren Beschäftigten nicht wenigstens den möglichen Minimalschutz zu gewähren", so das Fazit der Kirchengewerkschaft.

An der Situation sei jedoch auch das Land Niedersachsen nicht unschuldig. "Während andere Bundesländer schon lange die Beschäftigten in Kitas und Schulen regelmäßig testen lassen, möchte man hier in Niedersachsen doch lieber 'sparsam' vorgehen. Es ist verantwortungslos, dass das Land Niedersachsen in seiner Corona-Verordnung Schnelltests bisher ausschließlich für die Pflegeheime angeordnet und dabei wieder einmal die Kindertagesstätten und Grundschulen vergessen hat!", kritisiert die Gewerkschaft.

Landeskirche hegt Zweifel an Schnelltests


Staatskanzlei und Sozialministerium verweisen derzeit bei Anfragen auf lange Bearbeitungszeiten infolge des Impfstarts in Niedersachsen. Eine Antwort, ob verpflichtende Testungen für Schulen und Kitas geplant seien, ließ sich hier nicht einholen. Eine Antwort der Landeskirche in Braunschweig liegt regionalHeute.de jedoch vor. Sprecher Michael Strauß wiederholt, dass es keine rechtliche Verpflichtung für die regelmäßige Testung gebe und zweifelt an der Wirksamkeit der Methode: "Durch die Tests kann lediglich festgestellt werden, ob Mitarbeitende zum Zeitpunkt des Tests infektiös sind. Von den betreuten Kindern kann jedoch weiter eine Infektionsgefahr ausgehen. Außerdem liegen noch keine abschließende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Schnelltests vor. Das Risiko, fehlerhafte Testergebnisse zu erhalten, ist nicht gering." Unabhängig davon sei man offen für einen Austausch mit dem Land über eine Teststrategie in Kindertageseinrichtungen.

Der Schnelltest hat seine Tücken


Das Robert-Koch-Institut gibt der Landeskirche in einem Punkt recht: Antigen-Schnelltests sind nur effektiv, wenn "gezielt" getestet wird. Die sogenannte "Vortestwahrscheinlichkeit", also wie wahrscheinlich eine Infektion bei einer zu testenden Person ist, beeinflusst die Schnelltests enorm. Wenn von 10.000 zu testenden Personen nur fünf tatsächlich infiziert sind, wird der Antigen-Schnelltest vier davon auch positiv erkennen. Bei den 9.995 Personen, die nicht infiziert sind, wird er allerdings 200 Personen fälschlicherweise positiv erkennen. Die Wahrscheinlichkeit, ein korrektes positives Ergebnis zu erhalten, beträgt somit nur zwei Prozent. Anders sieht die Situation bei 10.000 zu testenden Personen und 1.000 tatsächlich infizierten aus. Hier wird der Antigen-Schnelltest 800 Positivfälle korrekt erkennen. Weiterhin werden 180 Personen fälschlicherweise positiv erkannt. Im Umkehrschluss bedeutet es aber in diesem Szenario, dass die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich infiziert zu sein, nun bei 81,6 Prozent liegt.


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