Region. Das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) hat das neue Monatsheft für November veröffentlicht. Darin findet sich auch eine Auswertung über ein eher unschönes Thema: Akute und latente Kindeswohlgefährdung im Jahr 2021. Als Grund für die dramatischen Zahlen, die sich mit dem Bericht offenbaren, sieht das LSN auch die Corona-Maßnahmen.
In der Corona-Pandemie sei vielfach davor gewarnt worden: Soziale Isolation, Kontaktvermeidung, Distanzunterricht und die allgemeine ökonomische Unsicherheit der Krise könnten soziale Konfliktlagen verschärfen. Die Gefahr häuslicher Gewalt steige, gerade in Haushalten mit beengten Wohnverhältnissen beziehungsweise bei Familien mit vielen Kindern. Gerade wenn es wenig Rückzugsraum gibt. Offensichtlich haben viele Familien unter diesen Stresssituationen gelitten - so kam es zu einem erheblichen Anstieg an Fällen von Kindeswohlgefährdung. Auch bei uns in der Region.
Auf welche Fälle bezieht sich die Statistik?
Wenn den Jugendämtern Anzeichen für eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegen, werde eine sogenannte Gefährdungseinschätzung nach § 8a SGB XIII vorgenommen, heißt es in dem Bericht des LSN. Die Ämter können dann zu dem Ergebnis kommen, dass für die betreffenden Sorgeberechtigten Hilfen zur Erziehung (Unterstützungsbedarf) notwendig sind, oder sogar eine akute oder latente Gefährdung des Kindeswohls besteht.
Eine Gefährdung des Kindeswohls liegt dann vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes gegeben ist oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist. Die Sorgeberechtigten – in der Regel die Eltern beziehungsweise ein Elternteil – sind
in diesen Fällen nicht in der Lage oder nicht willens, die Gefährdungssituation für die Kinder oder Jugendlichen abzuwenden, was umgehendes Handeln von Seiten der Jugendämter erforderlich macht. Bei einer gravierenden Gefährdungssituation können die Jugendämter die Kinder und Jugendlichen auch aus den Familien herausnehmen (Inobhutnahme).
3,2 von 1.000 Kindern gefährdet
Im Jahr 2021 wurden durch die Jugendämter in Niedersachen in insgesamt 4 350 Fällen eine latente oder akute Gefährdung des Kindeswohls festgestellt. Um dieses Thema regional zu untersuchen, seien die Ergebnisse in Abhängigkeit der lokalen Bevölkerungsstruktur zu betrachten, erklärt das LSN. So wertete man die Fälle im Verhältnis zu der Bevölkerung bis unter 18 Jahre, also der Zahl der Kinder und Jugendlichen, aus.
Im Ergebnis hätte sich gezeigt, dass es 2021 niedersachsenweit rund 3,2 Fälle akuter und latenter Kindeswohlgefährdung je 1.000 Kinder und Jugendliche gab. Klare Tendenzen der Verteilung ließen sich hierbei nicht ablesen: Sowohl Städte mit einer größeren Bevölkerungsdichte und tendenziell weniger Wohnraum wie beispielsweise Delmenhorst (30,0) und Wilhelmshaven (9,9) fielen durch überdurchschnittliche Fallzahlen auf.
Aber auch ländliche Regionen wie der Landkreis Holzminden (13,4) lagen oberhalb des Landesdurchschnitts.
Deutschlandweit wurden laut dem Statistischen Bundesamt 2018 noch 24.939 Fälle akuter Kindeswohlgefährdung registriert. 2021 waren es 30.369. Das ergibt eine Steigerung um rund 22 Prozent.
Auch in unserer Region
Wer denkt, dass dies sicherlich nicht für unsere Landkreise und kreisfreien Städte gelte, der liegt leider falsch. So zeigt sich, dass auch in der Stadt Braunschweig und dem Landkreis Goslar eine Fallzahl über dem Landesdurchschnitt vorliegt. Statt 3,2 liegt die Anzahl der Fälle von Kindeswohlgefährdung hier zwischen 4 und 6 Kindern von 1.000. Der Rest der Region liegt im Durchschnitt zwischen 2 und 4 Fällen. Nur in Peine und Wolfenbüttel wurden deutlich weniger Fälle registriert, hier liegt der Wert unter 2.
Dies führt zudem zu einem erhöhten Bedarf an Unterbringungen in Pflegefamilien. Wie die Situation im Landkreis Goslar ist, erfahren Sie hier:
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