Straßburg. Klimaschützer haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erstmals mit einer Klage für schärfere Klimaschutzmaßnahmen einen Erfolg erzielt. Der EGMR gab am Dienstag der Klage eines Seniorenvereins aus der Schweiz statt.
Der Gerichtshof entschied demnach mit einer Mehrheit von sechzehn zu einer Stimme, dass eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens in der Europäischen Menschenrechtskonvention vorliegt. Einstimmung wurde eine Verletzung von Artikel 6 Absatz 1 (Recht auf ein faires Verfahren) festgestellt.
Der Fall betraf eine Beschwerde von vier Frauen und einem Seniorenverein, dessen Mitglieder allesamt ältere Frauen sind. Sie waren der Meinung, dass die Schweizer Behörden trotz ihrer Verpflichtungen aus der Konvention keine ausreichenden Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Die Beschwerden der einzelnen Frauen wurden für unzulässig erklärt, da sie nicht die Kriterien für den Opferstatus gemäß Artikel 34 der Konvention erfüllten, der antragstellenden Vereinigung wurde dagegen das Recht zuerkannt, die Beschwerde einzureichen.
Der Gerichtshof stellte in der Folge fest, dass die Schweiz ihren Pflichten aus der Konvention zum Klimawandel nicht nachgekommen sei. So habe es "entscheidende Lücken" im Prozess der Einführung des relevanten nationalen Regelwerks gegeben, einschließlich des Versäumnisses der Schweizer Behörden, die nationalen Treibhausgasemissionsgrenzen durch ein Kohlenstoffbudget oder auf andere Weise zu quantifizieren. Außerdem habe die Schweiz ihre Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Vergangenheit nicht erreicht.
Der EGMR erkannte zwar an, dass die nationalen Behörden bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften und Maßnahmen über einen weiten Ermessensspielraum verfügen, stellte jedoch auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen fest, dass die Schweizer Behörden" nicht rechtzeitig und in angemessener Weise" gehandelt hätten, um die einschlägigen Rechtsvorschriften und Maßnahmen in diesem Fall auf den Weg zu bringen.
Die zuständigen schweizerischen Gerichte hätten zudem keine überzeugenden Gründe dafür geliefert, warum sie es für unnötig hielten, die Begründetheit der Beschwerden zu prüfen, hieß es weiter. Sie hätten die "zwingenden wissenschaftlichen Beweise" für den Klimawandel nicht berücksichtigt und die Beschwerden nicht ernst genommen.
Dem Vernehmen nach könnte der Erfolg der Klimalage weitere entsprechende Beschwerden nach sich ziehen. Allerdings wurden weitere Klimaschutzklagen am Dienstag zurückgewiesen, darunter die Klage eines ehemaligen Bürgermeisters eines französischen Küstenortes sowie die Beschwerde von sechs portugiesischen Studenten gegen mehrere Staaten.
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