Salzgitter. Oberbürgermeister Frank Kingebiel richtet in diesem Jahr einige ganz besondere Grußwort zum Weihnachtsfest an die Bürger der Stadt Salzgitter. Klingebiel richtet einen Appell an alle, sich impfen zu lassen. Gleichzeitig dankt er aber auch für die große Solidarität, die in der Stadt während des Corona-Jahres herrschte. Kritik übt Klingebiel in seiner Botschaft an der Regierung. Bei allen Herausforderungen und Schweirigkeiten blickt der Oberbürgermeister aber auch auf das Geschaffte und die Ziele, die man vor Augen hat.
Das Grußwort zum Weihnachtsfest veröffentlichen wir nachstehend unkommentiert und ungekürzt.
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
als ich vor einem Jahr mein Grußwort zum Weihnachtsfest 2020 schrieb war ich - wie viele von Ihnen - voller Zuversicht, dass die Pandemie zum Jahresende 2021 überwunden und Corona kein Thema mehr sein würde. Schließlich stand genau vor 12 Monaten unser städtisches Impfzentrum schon in den Startlöchern und legte noch am 30. Dezember 2020 mit den ersten Impfungen in Alten- und Pflegeheimen los. Die Wirklichkeit holte uns alle jedoch schnell ein und machte deutlich, dass die Pandemiebekämpfung mit ihrer unglaublichen Komplexität und Emotionalität selbst unser hochentwickeltes Deutschland vor einer seiner größten Herausforderungen stellte und noch stellt.
Zu Jahresbeginn war zunächst nicht genug Impfstoff da. Dieser Impfstoffmangel zwang die Bundesregierung und die Landesregierung, Impftermine zunächst altersgerecht auf die vulnerablen Gruppen und anschließend auf die Beschäftigtengruppen der kritischen Infrastruktur zu priorisieren. Nicht alle Bürgerinnen und Bürger, die impfwillig waren, konnten sofort eine Impfung erhalten, sondern mussten warten, bis sie nach der Priorisierung „dran“ waren. Dies haben wir alle im Allgemeinen sehr diszipliniert ertragen und gut gemeistert. Vielen Dank und großen Respekt für die darin zum Ausdruck kommende Solidarität!
Dann war genug Impfstoff für alle vorhanden, die Priorisierung wurde aufgehoben und alle, die bereit waren, sich gegen Corona impfen zu lassen, erhielten Mitte des Jahres 2021 ihre erste Impfung und sehr schnell ihre Zweitimpfung. Doch im August/September 2021 wurde auch deutlich: Das Ziel, durch eine hohe Impfquote das Corona-Virus in den Griff zu bekommen, scheiterte und scheitert nach wie vor daran, dass nicht alle Mitbürgerinnen und Mitbürger bereit sind, sich impfen zu lassen. Zeitgleich mutierte das Corona-Virus weiter, breitete sich in anderer Form aus und sorgte dafür, dass auch wir in Salzgitter zeitweise bundes- oder landesweit mit der höchsten Anzahl an Neuinfektionen zu kämpfen hatten und „alle Welt“ von uns dafür verständliche und vor allem beruhigende Erklärungen erwartete. Ich erinnere an dieser Stelle an die sehr schwierige Situation der in Salzgitter im Frühjahr 2021 geltenden Ausgangssperre. Für Transparenz und umfassende Kommunikation haben wir gesorgt - mein Krisenstab und ich haben auch im Verlauf dieses Jahres sehr intensiv und rund um die Uhr die Coronalage bewertet und notwendige Entscheidungen nach ausgewogener Interessenabwägung vor Ort - manchmal auch im Konflikt mit der Bundes- und Landesregierung - getroffen und der Öffentlichkeit erklärt.
Dennoch müssen wir attestieren: Erste, zweite, dritte, vierte Corona-Welle und vermeintlich mit „Omikron“ kein Ende in Sicht; dazu bundesweit „Flickenteppiche“ durch die unterschiedlichen Landesregelungen, „Regelungswirrwarr“ und schwer verständliche Landes- und Bundesvorschriften, vor Ort mit viel Engagement aufgebaute Impf- und Testzentren, die aufgrund der Entscheidung der Bundesregierung Ende September 2021 abgebaut und kurze Zeit später von uns in Eigenverantwortung wieder aufgebaut worden sind, monatelang kostenlose Bürgertestungen, die dann kostenpflichtig wurden und jetzt wieder vom Staat bezahlt werden, das Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite im November 2021, obwohl doch keiner ernsthaft das Gefühl hatte, die Lage sei entspannt und Vieles mehr. Und aktuell wird deutlich, dass der Zweitimpfung mindestens eine dritte Impfung schnell folgen muss, um mehr Immunität in der Bevölkerung zu erreichen. Deshalb treiben wir die Boosterimpfungen mit vollem Einsatz voran. Dies ist für uns alle schwer auszuhalten. Wir merken, dass die Akzeptanz für die Schutzmaßnahmen und die Impfkampagne inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft „leidet“.
Umso mehr bitte ich Sie:
Bei allem Unmut über weitere Kontaktbeschränkungen und über Wartezeiten bei Ihren Impfungen oder Testungen verlieren Sie nicht das Vertrauen in die staatlichen Organe und unsere Demokratie! Üben Sie weiterhin Geduld und Solidarität! Nur Gemeinsam werden wir das Corona-Virus besiegen und unsere Stadtgesellschaft zusammen halten können! Ich möchte Ihnen an folgendem Beispiel die Schwierigkeiten verdeutlichen, die zwar „Kopfschütteln“ auslösen, aber auch zeigen, dass wir trotz dieser Schwierigkeiten alles schaffen können, wenn wir weiterhin zusammenstehen:
Die Bundesregierung entschied im September 2021, die Corona-Impfung ab Oktober 2021 ausschließlich über die ärztliche Regelversorgung abzuwickeln, wohlwissend, dass die ärztliche Regelversorgung einen wichtigen Beitrag zur Impfkampagne leistet, aber dieser nicht ausreichen wird, um die Impfungen in dem erforderlichen Maße zu stemmen, wie wir sie benötigen. Diese Entscheidung haben wir Kommunen heftig kritisiert, aber gleichzeitig sprangen wir Kommunen auch mit viel Krafteinsatz und Kreativität gemeinsam mit unseren Hilfsorganisationen wieder ein, um der Impfkampagne doch noch zum Erfolg verhelfen zu können. Auch unser städtisches Impfzentrum ging ab Mitte Oktober 2021 - erst mit mobilen Teams und dann vor Ort in der Hans-Birnbaum-Straße - wieder an den Start und nahm seine überaus erfolgreiche Arbeit wieder auf. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen: Das stationäre Impfzentrum in der Hans-Birnbaum-Straße, unterstützt durch unseren Impfbus und seit kurzem von der Impfstation in Salzgitter-Bad, und zahlreiche niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte haben in diesem Jahr 160 000 Impfdosen in Salzgitter verabreicht!
Eine kleine Erfolgsstory, doch es bleibt die bittere Erkenntnis: Die große Mehrheit der Bevölkerung hat sich impfen lassen, Abstand gehalten und Kontakte eingeschränkt, beruflich wie privat alles Erdenkliche getan, damit wir schnell aus dieser Corona-Krise kommen, und muss nun feststellen, dass wir trotzdem noch weit davon entfernt sind „Corona“ hinter uns zu lassen.
Danke
Bildlich gesprochen ist die Corona-Pandemie kein Berg, der erklommen werden muss, sondern eher eine ganze Gebirgskette, die bewältigt werden muss. Was mich tröstet, mir Mut macht und mich stärkt, ist die Gewissheit, auf diesem „steinigen Weg“ nicht alleine unterwegs zu sein, sondern viele Weggefährten an meiner Seite zu haben.
Ganz wichtig ist mir daher, allen „Danke“ zu sagen, die unsere Stadt und unsere Gemeinschaft in diesen schwierigen Zeiten am Laufen halten:
Mein Dank gilt den Mitarbeitenden im Gesundheitsdienst, in den Feuerwehren, den Hilfsorganisationen, den Kliniken, Arztpraxen, Alten- und Pflegeheimen und Pflegediensten, dem Kommunaler Ordnungsdienst und der Polizei, die das zurückliegende Pandemiejahr in vorderster Reihe sehr gefordert hat. Herzlich danke ich allen, die beispielsweise in den Speditionen, Supermärkten, Einzelhandelsgeschäften, Friseursalons oder auch in den Bussen und Bahnen tagtäglich ihr Bestes gegeben haben, damit all das weiter funktionieren konnte, was wir all die Jahre für selbstverständlich hielten.
Danken möchte ich ebenso allen, die sich trotz LockDown und Kontaktbeschränkungen in ihren Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden oder einfach in der Nachbarschaft weiter engagiert und dort dafür gesorgt haben, dass die Menschlichkeit und das „Wir-Gefühl“ gelebt und erlebt wurden und werden. Wir alle sind stolz auf Sie!
Tja und selbstverständlich gab es auch in diesem Jahr neben Corona noch andere wichtige Themen:
Im Februar erlebten wir ein zwar vorhergesagtes, aber in diesem Ausmaße nicht erwartetes Schneechaos. Straßen waren tagelang nicht passierbar, auch der fast rund um die Uhr im Einsatz befindliche Räumdienst stieß an seine Grenzen. Zwei Wochen später war das im wahrsten Sinne des Wortes schon wieder Schnee von gestern, das Thermometer zeigte milde 18 Grad! Nicht die einzige Wetterkapriole in diesem Jahr wie die Menschen mitten im Sommer in Deutschlands Süden und Westen leidvoll erfahren mussten. Unsere Region blieb verschont, doch die Menschen in unserer Stadt packten mit an und halfen aus der Ferne oder vor Ort mit zahlreichen Aktionen - ganz wunderbarer, gelebter Gemeinsinn!
Mit gemeinschaftlich wahrgenommener Verantwortung geht es weiter: Das Aktionsbündnis gegen Konrad hat beim niedersächsischen Umweltministerium die Rücknahme der Endlagergenehmigung beantragt und fordert, dass der in letzter Zeit so häufig proklamierte Grundsatz der Berücksichtigung des aktuellen Standes von Wissenschaft und Technik bei solchen Auswahlentscheidungen doch bitte auch für Schacht Konrad gelten sollte, anstatt sich auf ein über 20 Jahre alten und in einem wenig transparenten Verfahren herbeigeführten Planfeststellungsbeschluss zu beziehen. Hier geht es nicht nur um den Gemeinsinn, sondern bei dieser Forderung geht es auch um die Generationengerechtigkeit. Wie soll die Erde aussehen, die wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen?
Mit unseren Partnern aus der Wirtschaft haben wir uns längst auf den Weg gemacht, um den Transformationsprozess zur Klimaneutralität nicht nur zu begleiten, sondern aktiv in vorderster Reihe erfolgreich voranzutreiben.
Und um unsere „Kleinsten“ geht es auch beim nächsten Thema: Der Kita-Ausbau nimmt in Ringelheim, Fredenberg und Lebenstedt weiter an Fahrt auf. Doch es galt auch in diesem Bereich bei den Grundschulkindern auftretende Schwierigkeiten gemeinsam zu bewältigen: statt wohnortnah beschult zu werden, müssen 46 Kinder aus Lebenstedt vorübergehend einen Fahrweg nach Gebhardshagen auf sich nehmen. Hier haben Verwaltung und Politik alles unternommen, um den betroffenen Kindern und Eltern die Übergangszeit so angenehm wie möglich zu machen. Doch ein Ende ist in Sicht: eine temporäre Grundschule in Lebenstedt ist in Vorbereitung, unterstützt mit einer beträchtlichen Fördersumme aus dem Integrationsfonds des Landes. Das Thema Integration ist ein wenig aus den Schlagzeilen geraten, aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese Herausforderung uns in Salzgitter noch lange und intensiv fordern wird.
In diesem Jahr konnten überhaupt sehr erfolgreich Fördergelder von Bund und Land, aber auch von der EU, in enormer Anzahl und Höhe für verschiedene Projekte eingeworben werden. Gelder, die fließen, weil vernünftige kommunale Konzepte dahinter stehen, wie die Sanierung des Thermalsolbades in Salzgitter-Bad, verschiedene Projekte für zukunftsfähige attraktive Innenstädte; bei dieser Gelegenheit: herzlichen Dank für die Inanspruchnahme unserer Gutschein-Aktion 2.0! Sie haben erneut lokale Verantwortung übernommen und ein wichtiges Zeichen der Unterstützung für insbesondere unseren Einzelhandel und unsere Gastronomie gesetzt! Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Salzgitter-Thiede, die Modernisierung des Alarmierungssystem unser Feuerwehren und Stärkung der Integrationsarbeit in den Stadtteiltreffs. Mich freut, dass auch - ohne Fördergelder - der Startschuss für den neuen zentralen Bauhof des Städtischen Regiebetriebes gefallen ist.
Diese eindrucksvolle Aufzählung ist nicht abschließend, macht aber sehr gut deutlich, dass trotz monatelangem Lockdown die Welt im Rathaus - genauso wenig wie in der Stadtgesellschaft - still gestanden hat.
In dieser herausfordernden Zeit haben Sie alle Ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht, glückliche, traurige und einschneidende Ereignisse durchgestanden. Für mich war sicher das herausragendste Ereignis meine erneute Wiederwahl im September. Dieses eindrucksvolle Wahlergebnis hat mich bestätigt und wirklich gefreut und heute möchte ich Ihnen einfach noch einmal von Herzen „Dank“ sagen:
Danke für Ihr großes Vertrauen, dass Sie mir erneut schenken! Das ehrt und freut mich sehr!
Ich wünsche Ihnen ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest und eine Zeit zwischen den Jahren, in denen Sie Gelegenheit haben, zurückzublicken, aber auch nach vorne zu schauen; und für das Neue Jahr 2022 wünsche ich Ihnen alles Gute, Gesundheit, Glück, Erfolg und viele schöne Momente!
Christus ist in die Welt geboren, um Licht in das Dunkel zu bringen. Gottes Segen behüte und begleite Sie auf all Ihren Wegen!
Ihr Frank Klingebiel“
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