Klingebiel: „Wir“ ist viel stärker als das „Virus“!

Salzgitters Oberbürgermeister appelliert an das "Wir".

Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel.
Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel. | Foto: Alexander Dontscheff

Salzgitter. An dieser Stelle veröffentlichen wir unkommentiert und ungekürzt eine Lagebewertung zur Corona-Krise von Oberbürgermeister Frank Klingebiel.


Liebe Bürgerinnen und Bürger,

bevor ich Ihnen meine Lagebewertung und die ab Dienstag, 17. März, vorerst bis zum 18. April geltenden Sofortmaßnahmen der Stadtverwaltung erläutern werde, möchte ich meinen großen Dank und unser aller Anerkennung für all die Menschen aussprechen, die in der aktuellen Corona-Krise unaufgeregt ihre Frau und ihren Mann stehen. Es sind die Menschen, die immer noch tagtäglich an ihrem Arbeitsplatz sicherstellen, dass das öffentliche Leben in unserer Stadt nicht zusammenbricht. Stellvertretend für alle diese „Lichtblicke“ unserer Gesellschaft nenne ich die Beschäftigten in den Supermärkten, Kaufhäusern und Einzelhandelsgeschäften, die Fahrerinnen und Fahrer der Versorgungslastkraftwagen, die Beschäftigten im ÖPNV und der Ver- und Entsorgungswirtschaft, die Ärztinnen und Ärzte, Arzthelferinnen, Krankenschwestern, Kranken- und Altenpfleger, Feuerwehr- und Rettungskräfte, Polizei und Sicherheitskräfte sowie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - insbesondere die des Gesundheitsamtes - und viele mehr.

Würden all diese Menschen, die berufsbedingt in ständigem Kontakt zu anderen Menschen stehen müssen, in Hysterie oder sogar Panik verfallen, dann könnten wir das öffentliche Leben in Salzgitter nicht mehr sicherstellen.

Und dabei ist die ganze Corona-Krise noch nicht vorbei. Sicher ist zwar, das aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der ergriffenen Maßnahmen mittelfristig mit Entwarnung gerechnet werden kann. Das gibt Hoffnung! Aber kurzfristig ist davon auszugehen, dass sich noch mehr Menschen auf der ganzen Welt, in Deutschland und auch in Salzgitter mit dem Virus infizieren werden. Und ich finde, man spürt ganz deutlich, dass sich die Welt in den letzten Tagen verändert hat, krass verändert hat, durch das Corona-Virus.

Aber ganz ehrlich: Panikmache ist jetzt wirklich fehl am Platz, genauso wie Verzweifeln und den Kopf in den Sand stecken oder Falschmeldungen zu verbreiten.

Stattdessen sind Besonnenheit und gesunder Menschenverstand gefragt. Klar, wir müssen uns einschränken in unserem täglichen Leben und an ein paar Sachen mehr denken. Häufiger Hände waschen, ein bisschen mehr Abstand halten, in die Armbeuge husten, einige Einschränkungen in unserem üblichen Tagesablauf hinnehmen.

Aber diese Krise ist doch auch eine Chance. Eine Chance, um uns auf das zu besinnen, was uns Menschen eigentlich ausmacht.

Unsere Werte! „Wir“ und nicht nur „Ich“.

Klar, ich würde auch gerne ins Schwimmbad oder die Bücherei gehen, mir ein Konzert anhören oder eine Kulturveranstaltung in der „Kniki“ oder Aula besuchen, mir die Eintracht anschauen oder mit meiner Alten Herren in der Sporthalle kicken.

Aber darum - um das „Ich“ - geht es eben mal nicht.

Wir haben jetzt eine gemeinsame Aufgabe und die lautet: die zu schützen, die Schutz wirklich brauchen, lebensnotwendig brauchen, nämlich die Risikogruppen unserer Stadtgesellschaft!

Bei allen anderen, die z.B. keine Vorerkrankungen haben, oder zu der jüngeren Generation zählen, ist Hysterie und Panik schon gar nicht begründet. Bei den allermeisten Fällen läuft die Erkrankung nämlich milde ab. Kinder sind zum Glück fast gar nicht betroffen. Aber was ist mit unseren Omas und Opas? Was ist mit den älteren Menschen in unserer Stadtgesellschaft? Und was ist mit chronisch kranken Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen? Diese Menschen machen sich zu recht Sorgen und brauchen unsere Unterstützung in allen Lebenslagen!

Ich habe einen Wunsch für diese Woche und auch die kommenden Wochen. Das wir noch mehr zusammenhalten in Salzgitter! Z.B. den älteren Nachbarn fragen, ob wir ihm aus dem Supermarkt etwas mitbringen können, damit er sich nicht unter die Menschenmassen beim Einkauf begeben muss. Oder bei unseren Großeltern den Besuch zwar verschieben, aber dafür mit ihnen telefonieren. Oder einfach mit der Familie mal wieder alle inzwischen verstaubten Brettspiele daheim durchspielen.

Also was ich damit sagen will: Keine Hysterie oder Panik schieben, unemotional und pragmatisch reagieren, angemessen und umsichtig sein, den gesunden Menschenverstand walten lassen und Nächstenliebe und Rücksicht zeigen!

Denn, da bin ich mir ganz sicher, unser „Wir“ ist viel stärker als das „Virus“!

Aber auch Ihr Verständnis ist jetzt gefragt. Verständnis dafür, dass der Supermarkt um die Ecke nicht das volle Angebot hat, Verständnis dafür, dass Serviceleistungen im Rathaus nicht wie gewohnt laufen und Verständnis für all die anderen Einschränkungen, die wir jetzt erleben und vielleicht noch erleben müssen.

Schon am Freitag, 13. März, hat die Stadtverwaltung in meinem Auftrag eine Reihe von Sofortmaßnahmen getroffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und ältere, schwache und kranke Salzgitteranerinnen und Salzgitteraner zu schützen:

- die städtischen Kinder- und Jugendtreffs sowie die Seniorentreffs wurden bereits geschlossen

- alle städtischen Veranstaltungen wurden bis einschließlich 18. April abgesagt,

- die Kurse von VHS und Musikschule wurden bis einschließlich 18. April abgesagt.

Am heutigen Montag haben die von der Landesregierung bereits am Freitag, 13. März 2020, verfügten Schul- und Kitaschließungen begonnen. Diese waren zwingend erforderlich. Genauso halte ich es zum jetzigen Zeitpunkt für notwendig und geboten weitere den persönlichen Alltag einschränkende Sofortmaßnahmen zu ergreifen. Ich habe daher folgende Maßnahmen mit einer voraussichtlichen Dauer bis zum 18. April 2020 verfügt:

- Ab morgen werden die Stadtbibliotheken, das städtische Museum Schloss Salder, das Stadtarchiv, die Musikschule, die Volkshochschule Salzgitter sowie alle städtischen Veranstaltungsstätten für den Publikumsverkehr geschlossen.

- Ab morgen untersage ich öffentliche Veranstaltungen in Salzgitter mit einer Teilnehmendenzahl von über 50 Personen. Näheres regelt die dazu erlassene Allgemeinverfügung.

- Ab morgen ordne ich ein Besuchsverbot für Alten- und Pflegeheime an. Besuche von Angehörigen sind nur in gut begründeten Ausnahmefällen zugelassen. Näheres regelt die dazu erlassene Allgemeinverfügung.

- Alle Sitzungen von Fachausschüssen, Ortsräten sowie Betriebsausschüssen werden bis Ende April 2020 abgesagt.

- Ab Mittwoch, 18. März, wird der AutoServicePark (Kfz-Zulassungsstelle) in der Neißestraße geschlossen und in das Rathaus in Salzgitter-Lebenstedt verlegt.

- Im Standesamt finden nur noch Trauungen im kleinen Kreis statt. Das heißt, dass aus Infektionsschutzgründen bei Trauungen neben dem Brautpaar die Trauzeuginnen und Trauzeugen anwesend sein dürfen, jedoch die Hochzeitsgesellschaft nicht anwesend sein kann.

Was Termine im Rathaus und dem kleinen Rathaus betrifft, möchte ich Sie soweit möglich um vorherige telefonische Terminvereinbarung bitten. Nutzen Sie Leistungen der Stadtverwaltung aktuell nur, wenn dies unbedingt notwendig ist. Es kann zu Wartezeiten kommen, die je nach Besuchsaufkommen auch außerhalb des Gebäudes verbracht werden müssen. Per Telefon und E-Mail sind wir für Anliegen und Fragen gerne für Sie da.

Ihr Frank Klingebiel


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