Klinikärzte besorgt: "Kindermedizin darf nicht totgespart werden"

Laut DIVI können 40 Prozent der Kinderintensivbetten nicht betrieben werden, da die nötigen Pflegekräfte fehlen. Die Pläne der Bundesregierung, Personal aus dem Erwachsenenbereich abzuziehen, lehnt der Ärztebund ab.

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Symbolbild | Foto: Pixabay

Niedersachsen. Der Marburger Bund reagiert mit großer Sorge auf die Lage in den niedersächsischen Kinderkliniken. Insbesondere durch die steigende Anzahl an RSV-Erkrankungen* hat sich der enorme Druck auf die Kliniken noch weiter verschärft. Die ärztliche Interessenvertretung fordert, die Kinderkliniken dauerhaft besser zu finanzieren. Das teilt der Marburger Bund Niedersachsen in einer Pressemeldung mit.



„Niemandem ist damit geholfen, wenn Personal von Erwachsenen- auf Kinderstationen delegiert werden kann. Die Pläne des Bundesgesundheitsministers lehnen wir ab“, betont Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachen. „Man löst keine Not, indem man sie anderswo noch größer macht. Der Personalmangel im Gesundheitswesen zieht sich schon lange durch alle Berufsgruppen. Die Politik hat dies über lange Zeit billigend in Kauf genommen.“ Wollenberg macht auch deutlich: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Dieser spezielle Versorgungsbereich erfordert spezielle Fachkenntnisse, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten.“

Kinder in weit entfernte Kliniken verlegt


Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin – DIVI – spricht von 40 Prozent der Kinderintensivbetten, die allein aufgrund fehlender Pflegekräfte nicht betrieben werden können. Verschärft wird die Situation durch den ärztlichen Personalmangel. Teilweise müssen Kinder deshalb in weiter entfernte Kliniken verlegt werden.

„Die vom Bund geplante Lösung bis zur Neuordnung der allgemeinen Krankenhausfinanzierung reicht nicht aus“, macht Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender des Ärzteverbandes, deutlich. „Kinderkliniken haben besonders viele Akutpatienten. Der wirtschaftliche Druck, der auf allen Kliniken lastet, wirkt sich hier besonders aus. Kinderkliniken haben deutlich höhere Vorhaltekosten als Kliniken, die hin und wieder Kinder in der Erwachsenenmedizin mitbehandeln.“

Versorgung muss vor Kommerz stehen


Die Forderung von Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Kliniken zu schließen, um Personal an weniger Orten zu konzentrieren, weist die Ärztegewerkschaft als realitätsfern zurück. „Die Kinderkliniken sind voll und die kinderärztlichen Praxen quellen über. Strukturen müssen um einer bestmöglichen und bedarfsgerechten Versorgung angepasst werden, nicht aus wirtschaftlichen Aspekten. Der Mensch, egal welchen Alters, muss in der medizinischen Versorgung im Vordergrund stehen, nicht der Kommerz“, fordert Andreas Hammerschmidt.

*Das Respiratorische Synzytial-Virus – RSV – löst bei den meisten Betroffenen eine einfache Atemwegsinfektion aus. Bei sehr kleinen Kindern und Kindern mit Vorerkrankungen besteht jedoch das Risiko für schwere Verläufe, die stationärer Behandlung bedürfen.


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