Krise bei VW: IG Metall und Betriebsrat machen eigene Sparvorschläge

Eine Perspektive für alle Standorte ohne Werksschließungen und Massenentlassungen seien das Ziel. Auch Vorstand und Aktionäre müssten ihren Beitrag leisten.

Symbolbild
Symbolbild | Foto: regionalHeute.de

Wolfsburg. Im Ringen um Perspektiven für die finanziell unter Druck stehende Volkswagen AG werden Gesamtbetriebsrat und IG Metall dem Vorstand einen Zukunftsplan vorlegen. Der Lösungsansatz sieht vor, die Sparziele der Unternehmensspitze über Änderungen bei den Personalkosten mit zirka 1,5 Milliarden Euro zu flankieren. Darüber informiert die IG Metall in einer Pressemitteilung.



Konkret soll bei VW im Gegenzug für ein Gesamtpaket aus Garantien und Sicherheiten für alle Standorte Folgendes geschehen: Die kommende Tariferhöhung bei VW könnte befristet als Arbeitszeit in einen solidarischen Zukunfts-Fonds eingebracht werden. Darüber bekäme das Unternehmen ein Instrument, um bei Bedarf Arbeitszeiten abzusenken. Falls also durch den Strukturwandel in Produktion oder Verwaltung Unterauslastungen entstehen, würde der Fonds helfen, Personalabbau weiterhin sozialverträglich gestalten zu können.

Boni statt Monatsentgelte


Als weiterer Teil des Konzeptes sollen 2025 und 2026 Teile der Boni – von Vorstand über Management bis in den Tarif – für Zukunftssicherung eingebracht werden. Für alle Beschäftigten blieben mit diesem Ansatz die aktuellen Monatsentgelte gleich.

Im Gegenzug soll für die insgesamt etwa 125.000 Kolleginnen und Kollegen der Volkswagen AG (dazu zählen: die Pkw-Kernmarke, die VW-Komponentenwerke, die VW-Nutzfahrzeuge und die Konzernstellen) die Beschäftigungssicherung wieder in Kraft gesetzt werden. Selbes soll für die drei sächsischen VW-Standorte Chemnitz, Dresden und Zwickau gelten. Sie laufen per Stufenplan auf eine Verschmelzung mit der Volkswagen AG im Jahr 2027 zu. Auch für das Volkswagen-Werk in Osnabrück brauche es eine langfristige Perspektive.

Nachhaltige Lösungen müssen her


Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo und der Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger, erklärten am Mittwoch gemeinsam in Wolfsburg: „Niemandem liegt die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens so am Herzen wie den Beschäftigten selbst. Verursacht durch Fehlentscheidungen des Vorstandes in der Vergangenheit, schwache Konjunktur und schwierige Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität sehen auch IG Metall und Gesamtbetriebsrat Handlungsbedarf, insbesondere in den nächsten beiden Jahren. Klar ist aber, dass die Arbeitskosten dabei nur einen kleinen Teil ausmachen. Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor. Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft.“

Der Zukunftsplan der Arbeitnehmerseite mache außerdem ein Gegenkonzept zu den Werksschließungen auf, mit denen die Arbeitgeberseite plane. Denn alle vom Vorstand bisher gezeigten Szenarien beinhalteten mehrere Standort-Schließungen und zudem krasse Einschnitte an den verbleibenden Standorten, womit auch deren Zukunft massiv gefährdet wäre. Dagegen sehe der Lösungsansatz der Mitbestimmung alternative Vorschläge für die jährlich fortgeschriebene Planungsrunde vor, mit der Volkswagen die konzernweiten Investitionen in Fabriken und Gesellschaften regelt. Der Ansatz der Arbeitnehmerseite kombiniere eine ausgeglichene Verteilung der Produkte mit gleichzeitiger Absicherung für die jeweilige Stammbelegschaft. Dazu gehörten unter anderem flexible Drehscheiben-Ansätze, mit denen mehrere Werke beim Volumen verwandter Fahrzeugmodelle atmen.

Beitrag durch die Dividenden-Politik


Der Zukunftsplan beinhalte auch eine Forderung in Richtung der Anteilseigener. Demnach müsse im Gesamtpaket für eine Lösung auch ein signifikanter Beitrag durch die Dividenden-Politik enthalten sein. Die Zuständigkeit hierfür liege im Aufsichtsrat.

Zusammenfassend sagte Daniela Cavallo am Mittwoch: „Die Arbeitnehmerseite wird das Paket der Arbeitgeberseite in der Tarifverhandlung am 21. November erläutern. Mit unserem Ansatz übernimmt die Belegschaft Verantwortung für das Unternehmen, die Arbeitsplätze und die Standortregionen.“ Thorsten Gröger betonte: „Jetzt hat es VW in der Hand, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und zügige Lösungen zu ermöglichen. Andernfalls würde der Tarifpartner mutwillig eine Eskalation provozieren. Das wollen wir vermeiden – aber wir sagen ebenso klar: Die Belegschaft ist kampfbereit, die Vorbereitungen laufen.“

Lob aus der Politik


Lob für die Pläne der Arbeitnehmerseite gibt es vom Bundestagsabgeordneten Frank Bsirske (Bündnis 90 / Die Grünen). Er sagt: "VW muss seine Überkapazitäten abbauen. Damit das sozialverträglich geschieht, müssen alle ihren Beitrag leisten und sich bewegen. IG Metall und Betriebsrat haben das getan. Zusätzlich zu den bisherigen Einsparzielen in Milliardenhöhe bieten sie weitere 1,5 Milliarden Euro zur Senkung der Personalkosten an, damit auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden kann. Das ist verantwortliches Handeln. Jetzt ist das Management gefordert. Weigert es sich, drohen Arbeitskämpfe."


mehr News aus der Region


Themen zu diesem Artikel


Bündnis 90/Die Grünen VW