Kunstaktion vor dem VW-Werk - 111 Schaufensterpuppen stehen still

Mit seiner Aktion "It is like it is" tourt der Künstler Dennis Josef Meseg quer durch Deutschland. Am Sonntag hatte er Station in Wolfsburg.

von Julia Seidel


111 Schaufensterpuppen, die in Absperrband eingewickelt waren, standen vor dem VW-Werk.
111 Schaufensterpuppen, die in Absperrband eingewickelt waren, standen vor dem VW-Werk. | Foto: Dennis Josef Meseg

Wolfsburg. Am vergangenen Sonntag, 3. Mai, fand eine spontane Kunstaktion vor den VW-Werken am Hauptbahnhof in Wolfsburg statt. Ab zirka 12 Uhr waren dort 111 maskierte Schaufensterpuppen zu sehen. Die VW-Werke stünden für den Künstler Dennis Josef Meseg dabei symbolisch für den wirtschaftlichen Stillstand, den die aktuelle Situation der Corona-Krise verursacht hat. So würden die Figuren auch in gewisser Weise für die fehlenden Arbeiter in dem Werk und die fehlenden Besucher der Autostadt stehen. Derzeit tourt er mit seiner Aktion "It is like it is" durch Deutschland, wie er im Gespräch mit regionalHeute.de berichtet.


Seine Aktionen in den verschiedenen Städten meldet Meseg dabei vorher nicht an. So wusste auch die Stadt Wolfsburg auf Nachfrage unserer Onlinezeitung nichts davon. "Wir entscheiden spontan an welcher Stelle wir die Puppen in den Städten aufstellen. Wie lange wir dann da stehen können kommt auf die Städte an. In Wolfsburg gab es kein Problem mit dem Ordnungsamt", so Meseg. Grundsätzlich stehen die Figuren jedoch nur einen Tag an Ort und Stelle.

Die Idee zu dieser Kunstaktion ist ihm auf dem Fahrrad gekommen. Auf einer Tour fotografierte er die durch die Corona-Krise mit Flatterband abgesperrten Spielplätze. "Ich bastele auch viel mit Puppen und Puppenteilen. So sind die Puppen irgendwie zum Absperrband gekommen", erklärt der Künstler. Eigentlich war zunächst lediglich eine Schaufensterpuppe eingewickelt in Absperrband geplant. Doch schon bald sollten es mehr werden. Hilfe bekam der Kunststudent (Bildhauerei) an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft dabei von seinen Kommilitonen, sodass innerhalb von einer Woche 111 Puppen entstanden sind. Die Schaufensterpuppen stammen dabei aus Boutiquen, Hobbybaumärkten oder aus Kleinanzeigen. Das Projekt hat Meseg dabei eigenfinanziert.

Die Message dahinter



In einer Pressemitteilung, die unserer Redaktion vorliegt, erzählt Dennis Meseg über die Botschaft, die er mit seiner Aktion verkünden möchte:

"Ein winziges Virus, zwanzig Mal dünner als ein menschliches Haar, hat geschafft, wovon die Großen und Mächtigen dieser Welt so gerne träumen: Es beherrscht alle Medien. Ausnahmslos. Niemand, egal aus welcher Bevölkerungsschicht, egal ob Jung oder Alt, kommt in diesen Tagen am Thema „Corona“ vorbei. Es verfolgt uns rund um die Uhr, bis in den Traum. Ein tödlicher Equalizer, der die Menschen gleichschaltet und auf nie gekannte Art vereint in ihrer Angst, ihren Verlusten, ihrer Einsamkeit und Not.

Die Installation „It is like it is“ macht das Unfassbare fassbar. Schaufensterpuppen, zu Beginn des Jahres noch in den Auslagen der Geschäfte die überbordende Fülle lebensbejahender, bunter Kleidung präsentierend, stehen nun einförmig beieinander, nur noch unterscheidbar in ihrer Körpergröße und umgeben von einer Aura der Hoffnungslosigkeit.

Rotweißes Flatterband dokumentiert die unüberwindbare Trennung, die das momentan eingeschränkte Leben und die notwendige Beschneidung der Grundrechte aller Menschen mit sich bringen. Eine vertraute Gemeinschaft wird aufgelöst in eine Herde aus Individuen, alle separiert, und ein jeder sich sehnend nach vertrauter Nähe.

„It is like it is“ zeigt auf berührende Weise den hohen Stellenwert der Kunst. Schon im Alltag wichtig und wertvoll ist sie gerade jetzt ein kostbares Element im Überlebenskampf der Gesellschaft. Denn sie verbindet, wo keine Verbindung mehr besteht, und sie stärkt unsere Zuversicht, weil sie sichtbar macht, was als gesichtsloser, düsterer Spuk durch unsere Gedanken geistert."


So sind die Reaktionen



Die Menschen reagieren nach Aussage von Meseg sehr gut auf die Aktion. So auch in Wolfsburg. "Es sind viele Gespräche zustande gekommen und es hat ein reger Austausch über das Thema Corona stattgefunden. Die Menschen sind sehr berührt von der Installation und es gibt immer wieder Menschen die sogar Tränen in den Augen haben", so Meseg abschließend.


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