Wiesbaden. Die Stimmung in Deutschland hat sich gegenüber dem pandemiegeprägten Jahr 2021 verbessert - die Lebenszufriedenheit wird aber regional sehr unterschiedlich bewertet. Das zeigt eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die am Dienstag veröffentlicht wurde.
War die allgemeine Lebenszufriedenheit Anfang 2021 mit 6,7 Punkten sehr niedrig, stieg sie zwischenzeitlich auf 7,2 Punkte an (auf einer Skala von 0 bis 10). Zum Zeitpunkt der aktuellsten Daten Ende des Jahres 2022 sank die Lebenszufriedenheit wieder auf 6,9 Punkte, den Forschern zufolge vermutlich vor dem Hintergrund der befürchteten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Inflation.
Es zeigt sich zudem, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit sich zwischen den Regionen teilweise stark unterscheidet. Die Lebenszufriedenheit der Erwachsenen im jungen und mittleren Alter (18 bis 49 Jahre) ist im Süden des Landes mit durchschnittlich 7,0 Punkten etwas höher ausgeprägt als in den anderen Regionen Nord, West und Ost mit jeweils 6,9 Punkten. Wird die Verteilung des Wohlbefindens genauer betrachtet, so zeigt sich: Die Anteile der wenig Zufriedenen fallen mit jeweils 33 Prozent im Norden und Osten Deutschlands am höchsten aus, während der Anteil im Süden am niedrigsten ist (29 Prozent).
"In diesen Werten spiegeln sich etwa die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Regionen wider, wenn auch die Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenszufriedenheit zwischen den Großregionen nur gering sind", sagte BiB-Direktorin Katharina Spieß. Bemerkenswert sei, dass die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bei Erwachsenen im jüngeren und mittleren Alter weniger ausgeprägt seien als bei älteren Bevölkerungsgruppen.
"Ein Grund für die geringen Ost-West-Unterschiede in den betrachteten jüngeren Altersgruppen könnte sein, dass sich die Regionen ökonomisch angenähert haben und sich die Situation in Ostdeutschland heute besser darstellt als noch in den 1990er- und 2000er-Jahren", so Spieß. Die neuen Analysen verdeutlichen gleichzeitig, dass Unterschiede in der Lebenszufriedenheit nicht per se mit Ost-West- oder Stadt-Land-Schablonen abgebildet werden können. So finden sich beispielsweise in ländlichen Räumen in Ostdeutschland sowohl Regionen mit sehr hoher als auch mit sehr niedriger Lebenszufriedenheit.
Wenn Gemeinden nach dem sozioökonomischen Deprivationsindex (GISD) unterteilt werden, wird deutlich, wie regionale Benachteiligungen und das Wohlbefinden in Deutschland zusammenhängen. In Regionen etwa mit niedrigem Einkommen, hoher Arbeitslosenquote und geringen Steuereinnahmen ist die Lebenszufriedenheit tendenziell geringer. Dies trifft insbesondere auf die ostdeutschen Bundesländer und das Saarland zu. Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sowie Hamburg und Hessen sind die Regionen mit der geringsten sozioökonomischen Benachteiligung.
Die Studie zeigt zudem, dass in den benachteiligten Gebieten im Gegensatz zu den Regionen mit niedriger Deprivation der Anteil der wenig Zufriedenen mit 32 Prozent besonders hoch ausfällt. In einigen stark deprivierten Regionen Ostdeutschlands fällt der Anteil der wenig Zufriedenen mit 35 Prozent besonders hoch aus.
Betrachtet man die kleinräumliche Verteilung von Umweltfaktoren wie Luftqualität und Grünflächen, so wird deutlich, dass das Wohlbefinden der Menschen in Großstädten mit diesen zusammenhängt. Eine hohe Feinstaubbelastung steht in Zusammenhang mit einer geringeren Lebenszufriedenheit. Bei einer Überschreitung des WHO-Richtwerts ist der Anteil der wenig Zufriedenen deutlich höher (33 Prozent) und der Anteil der sehr Zufriedenen niedriger (14 Prozent).
Bewohner in Metropolen mit einem grünen Wohnumfeld berichten hingegen von einer höheren Lebenszufriedenheit. In Nachbarschaften mit viel Grün liegt der Anteil der sehr Zufriedenen bei 17 Prozent, während in weniger begrünten Gebieten dieser Anteil nur bei 13 Prozent liegt. "Grünflächen bieten Raum für Erholung, soziale Interaktionen und sportliche Aktivitäten. Menschen, die hier leben, berichten über ein höheres subjektives Wohlbefinden", sagte Co-Autorin Anna Daelen vom BiB.
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