Berlin. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kann im Bundeshaushalt 2024 rund eine Milliarde Euro mehr Schulden aufnehmen, weil der Etat erst im Januar - und nicht regulär im November - verabschiedet wurde. Das bestätigte sein Ministerium dem "Spiegel".
Grund für den zusätzlichen Spielraum ist demnach die Konstruktion der Schuldenbremse. Sie erlaubt dem Bund eine strukturelle, also konjunkturunabhängige Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Grundlage für die Berechnung ist das BIP im Jahr vor der Etataufstellung.
Lindner kommt zugute, dass sich der Haushaltsbeschluss bis in den Januar zog. Darum kam als Berechnungsgrundlage das BIP von 2023 zu aktuellen Preisen zum Zuge. Vor allem wegen der hohen Inflation lag es mit 4,1 Billionen Euro deutlich höher als das von 2022 mit 3,9 Billionen Euro, das bei pünktlicher Verabschiedung als Basis gedient hätte.
"Bei Aufstellung des Regierungsentwurfs zum Bundeshaushalt 2024 ergab sich auf Grundlage des BIP von 2022 eine Strukturkomponente von 13,545 Milliarden Euro", schreibt das Finanzministerium in seiner Antwort auf eine Anfrage des "Spiegel". Wegen der Verzögerung "war nunmehr das BIP 2023 zugrunde zu legen, was zu einer Strukturkomponente von 14,424 Milliarden Euro führt".
Der Bundesetat sieht für 2024 eine Neuverschuldung von 39 Milliarden Euro vor. Zusätzlich zur Strukturkomponente von 0,35 Prozent gewährt die Schuldenbremse bei schlechter Wirtschaftslage einen Aufschlag, die Konjunkturkomponente. Sie liegt derzeit bei 7,7 Milliarden Euro und erlaubt Lindner, die Neuverschuldung entsprechend auszuweiten. In Boomphasen schmälert die Konjunkturkomponente den Verschuldungsspielraum.
Zusätzlich leiht Lindner knapp 17 Milliarden Euro, mit denen er den Zuschuss des Bundes zur Aktienrente finanziert und das Eigenkapital der Bahn aufstockt. Diese Summe bleibt bei Berechnung der zulässigen Neuverschuldung außen vor, weil es sich um Finanztransaktionen des Staates handelt: Den Verbindlichkeiten stehen Vermögen in gleicher Höhe gegenüber. Der Etat 2024 verzögerte sich, weil ein Verfassungsgerichtsurteil im November den Zeitplan durcheinanderbrachte.
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