Braunschweig. Die im Jahr 2007 im portugiesischen Ferienort Praia da Luz verschwundene dreijährige Britin Madeleine "Maddie" McCann ist tot. Dessen sind sich das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft Braunschweig sicher. Ihr mutmaßlicher Mörder soll zuletzt in Braunschweig gelebt haben. Die letzten 13 Jahre waren für die Eltern voller Schmerz, Entbehrungen und Hoffnung, dass Madeleine endlich gefunden wird. Ist ihre lange Saga hier zu Ende?
Die Nacht des Verschwindens
Kate und Gerry McCann sind eine Ärztefamilie aus England. Am 28. April 2007 kommen sie mit ihrer Reisegruppe im portugiesischen Ferienort Praia da Luz an der portugiesischen Algarve an und beziehen im Hotelresort "Ocean Club" ein Appartment im Hochparterre außerhalb des eigentlichen Hotelgeländes. Am schicksalhaften 3. Mai bringt das Paar seine drei Kinder gegen 19 Uhr zu Bett, trinken gemütlich ein Glas Wein und gehen gegen halb neun in eine nahegelegene Tapaz-Bar. Vater Garry erzählte in der ZDF Sendung Aktenzeichen XY ungelöst: "Ich habe die Schiebetür zugezogen, aber nicht abgeschlossen. Die Bar war so nah am Appartment dass wir dachten, es ist in Ordnung, wenn wir da essen. Für mich war das wie ein Abendessen im Garten, während die Kinder oben im Haus schlafen." Alle 30 Minuten sei einer der beiden ins Appartment gegangen, um nachzusehen, ob die Kinder ruhig schlafen.
Gegen 22 Uhr machte sich Kate McCann auf zum dritten Kontrollbesuch: "Die Tür zum Kinderzimmer war weit geöffnet. Ich dachte, vielleicht hat Matt sie beim Nachsehen aufgemacht und offen stehen lassen. Ich wollte die Tür wieder ein Stück zu machen aber es war, als hätte der Wind die Tür zugeschlagen. Ich überlegte, ob ich die Schiebetür offen gelassen habe, aber sie war nicht offen. Ich blickte auf Madeleines Bett, konnte sie aber nicht sehen. Dann erkannte ich, dass sie nicht da war. Ich dachte sie sei in unser Bett gegangen und deswegen stand die Tür auf, aber da war sie auch nicht."
"In nur einer Minute hat sich unser leben, das so perfekt erschien, verwandelt. In die schlimmste nur vorstellbare Situation."
Als Kate wieder ins Zimmer kam, begannen die Vorhänge sich zu bewegen. Das Fenster stand offen, der Rollladen nach oben geschoben. Kate geriet in Panik und informierte ihren Mann. Seit diesem Tag ist Maddie verschwunden. Vater Matt kommentiert: "In nur einer Minute hat sich unser Leben, das so perfekt erschien, verwandelt. In die schlimmste nur vorstellbare Situation."
7. Mai 2007
Die verzweifelten Eltern bitten die möglichen Entführer im britischen Fernsehen darum, ihre Tochter freizulassen. Die Fotos des kleinen blonden Mädchens mit dem dunklen Fleck im rechten Auge verbreiten sich rund um die Welt. Der Fall erlangt internationale Aufmerksamkeit. Dies war nur der Auftakt einer beispiellosen PR-Kampagne zur Suche nach dem vermissten Mädchen. Kurze Zeit später rufen der Fußballer Christiano Ronaldo und der Tennisstar David Beckham zur Unterstützung der Suche auf. Der englische Fußballspieler Wayne Rooney und die Harry Potter-Autorin Joanne K. Rowling tragen dazu bei, dass die Belohnung für Hinweise auf Madeleine auf mehrere Millionen Euro steigt.
Schon am 15. Mai hat die Polizei einen ersten Verdächtigen. Dieser bestreitet die Vorwürfe jedoch. Dieser Ansatz bleibt Ergebnislos.
5. August 2007
Die Ferienwohnung im "Ocean Club" wurde durch die Polizei mit Leichenspürhunden untersucht. Das Ergebnis lieferte Anhaltspunkte, wonach Madeleine schon im Hotelzimmer gestorben sei. Trotz großer Unsicherheiten bei den Spuren geht die portugiesische Polizei davon aus, dass die Spuren von dem Mädchen stammen. Auch im von Kate McCann genutzten Mietwagen seien Spuren gefunden worden. Die Ermittler konzentrieren sich nun auf die Familie McCann selbst und ihren Freundeskreis, der ebenfalls im "Ocean Club" residierte (Sieben weitere Erwachsene).
September 2007
Die portugiesische Polizei führt die McCanns offiziell als Tatverdächtige. Der portugiesische Chefermittler Gonçalo Amaral äußert die Vermutung, dass es ein Unfall gewesen sein könnte und die Eltern eine Entführung nur vorgetäuscht haben und die Leiche später verschwinden ließen. Die Polizei in Großbritannien ermittelt hingegen eher in die Richtung eines fehlgeschlagenen Einbruchsversuches, der zur Tötung des kleinen Mädchens führte. Amaral äußert Kritik an der britischen Polizei und wird Anfang Oktober seiner Aufgabe entbunden. Die Familie McCann erhält auf Anregung der britischen Regierung einen eigenen Pressesprecher. Zusätzlich werden Privatdetektive auf den Fall angesetzt und der "Find Madeleine" Hilfsfond entsteht.
McCann-Ehepaar wird entlastet
Im Juli 2008 stellt die portugiesische Polizei ihre Ermittlungen gegen Gerry und Kate McCann ein. Der entlassene Chefermittler des Falles Amaral veröffentlicht daraufhin ein Buch unter dem Titel (übersetzt) "Die Wahrheit der Lüge" zu seiner These, dass Madeleines Eltern hinter ihrem Verschwinden stecken. Diese sind entsetzt und verklagen den ehemaligen Chefermittler wegen Verleumdung. Ein Gericht verbietet daraufhin zunächst den Verkauf des Buches in Portugal.
Operation Grange
Im Mai 2009 appellieren die Eltern die möglichen Entführer erneut öffentlich an. Die Sendung der US-Talkshow-Queen Oprah Winfrey sehen Millionen Zuschauer. Im selben Monat veröffentliche Kate McCann ihr Buch "Madeleine" in welchem sie über die Qualen einer Mutter nach dem Verlust ihrer Tochter schreibt.
Der damalige britische Premierminister David Cameron und Innenministerin Theresa May lassen die britische Polizei den Fall noch einmal von vorne aufrollen. "Operation Grange" ist geboren. Im April 2012 äußert die britische Polizei die Vermutung, dass Maddie noch am Leben sein könnte. Maddie wäre zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt gewesen - Die Polizei veröffentlicht ein bearbeitetes Bild, dass Maddies Aussehen im Alter von neun Jahren zeigen soll. Bis zum Juli 2013 ermittelt die Polizei insgesamt 38 Personen, welche direkt oder indirekt mit dem Verschwinden von Madeleine in Verbindung stehen sollen.
Oktober 2013
Die Daten tausender Handys werden durch die britische Polizei ausgewertet. In der BBC-Sendung "Crimewatch", sowie ihrem deutschsprachigen Zwilling "Aktenzeichen XY ungelöst" im ZDF werden Phantombilder der Gesuchten gezeigt, die rund um den Tatort gesehen worden seien. Die Eltern selbst waren damals im deutschen Fernsehen zu Gast. Christian Hoppe, Ermittler des BKA bestätigte in der gestrigen Aktenzeichen-Folge, dass bereits zu diesem Zeitpunkt Hinweise auf den 43-Jährigen eingegangen seien, gegen den nun ermittelt wird.
Juni 2014
Britische Polizisten suchen mit ihren portugiesischen Kollegen in Praia da Luz erneut nach Hinweisen. Die Suche bleibt ergebnislos. Im Dezember werden elf Personen, die bereits mit dem Fall in Verbindung standen, erneut befragt.
Verkaufsverbot für umstrittenes Buch revidiert
Das Verkaufsverbot des Buches "Die Wahrheit der Lüge" wird aufgehoben. Die Begründung des Berufungsgerichtes: Seine Thesen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Amaral kündigt ein, ein weiteres Buch zu seinen Ermittlungen zu veröffentlichen, woraufhin ihm die McCanns erneut mit Klage drohen.
Netflix widmet dem Fall eine Serie
Im April 2019 setzt die britische Polizei ihre Ermittlungen fort und lässt mitteilen, dass man die Aufklärung des Falles noch immer nicht aufgegeben habe. Im April 2019 veröffentlicht Netflix eine achtteilige Dokumentation über das Verschwinden Madeleines und die zermürbende Suche nach ihr - ohne dass Kate und Gerry McCann auch nur gefragt wurden. Die Eltern werfen Netflix daraufhin vor, die Ermittlungen zu behindern.
3. Juni 2020
In der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY ungelöst wird offensichtlich, dass alles doch nicht umsonst war. Erst im März baten die Ermittler um zusätzliche Finanzmittel zur weiteren Verfolgung des Falles. Jetzt stellt Ermittler Christian Hoppe einen dringend Tatverdächtigen vor: Den 43-jährigen Christian B., der bereits in anderer Sache in Haft sitzt. Nähere Details geben die Behörden aus Ermittlungsgründen jedoch nicht bekannt. Kate und Gerry McCann danken allen beteiligten Einsatzkräften für ihre andauernden Bemühungen in der Suche nach Madeleine. Auf ihrer Website schreiben sie: "Alles, was wir jemals wollten, ist sie zu finden, die Wahrheit ans Licht und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. Wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, Madeleine lebendig wiederzufinden. Doch wie immer es auch ausgehen möge, wir müssen es wissen, um unseren Frieden zu finden."
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