Region. Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährige Madeleine "Maddie" McCann aus der Hotelanlage "Ocean Club" im portugiesischen Küstenort Praia da Luz. Die mysteriöse Entführung des kleinen Mädchens sorgt seit mittlerweile 13 Jahren für Aufsehen. Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft gehen inzwischen davon aus, dass das Mädchen tot ist (regionalHeute.de berichtete). Nach der Sendung Aktenzeichen XY vom gestrigen Mittwoch ist der Fall wieder auf dem Tisch - Ein Mann aus der Region wird des Mordes an der kleinen Madeleine beschuldigt. Staatsanwaltschaft und Bundeskriminalamt (BKA) halten sich zu den Details bedeckt. Sicher ist nur: Der mutmaßliche Mörder wohnte zuletzt in unserer Region.
Die Braunschweiger Zeitung stellte in einem Artikel eine Verbindung zum Fall eines im Dezember 2019 verurteilten Vergewaltigers aus Braunschweig her, der in Praia de Luz an der Algarve im September 2005 eine 72-Jährige brutal vergewaltigt haben soll - vier Monate nach "Maddies" Verschwinden. Auf Anfrage von regionalHeute.de blockiert die Staatsanwaltschaft komplett. "Ob der Verdächtige in Braunschweig verurteilt wurde, kann ich ihnen nicht bestätigen. Die Braunschweiger Zeitung hat diesen Bezug hergestellt, ich stelle den offiziell nicht her. Wir bestätigen auch nicht, dass es die Person ist, die im Jahr 2019 verurteilt wurde", so Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig." Bestätigt werde nur, dass der Tatverdächtige seinen letzten Wohnsitz in Deutschland im Bezirk der Staatsanwaltschaft Braunschweig gehabt habe - Was außer Peine das gesamte Einzugsgebiet unserer Online-Zeitung erfasst, sogar Bad Gandersheim kommt noch hinzu.
JVA Wolfenbüttel hält sich raus
Auch eine Nachfrage bei der JVA Wolfenbüttel, der zuständigen Haftanstalt für einen möglicherweise in Braunschweig verurteilten Straftäter brachte keine Klarheit. Lubov Dvoskina-Kletke, stellvertretende Behördenleiterin der JVA bestritt das Einsitzen des dringend Tatverdächtigen nicht, wollte es aber auch nicht bestätigen. Im Falle des 43-Jährigen erinnert Wolters: "Das Verfahren gegen ihn ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Revision läuft beim Bundesgerichtshof, der hat es dem europäischen Gerichtshof im Eilverfahren vorgelegt." Wolters bleibt vage, stellt aber infrage, ob "das überhaupt die Person ist, gegen die wir wegen Maddie ermitteln."
Was über den Tatverdächtigen bekannt ist
Nach Angaben des BKA verbüßt der Beschuldigte derzeit in anderer Sache eine längere Haftstrafe. Er sei ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter, der unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt sei.
Die britische Metropolitan-Police bestätigte, dass es sich um einen aktuell 43-Jährigen handele. Der Bild-Zeitung zufolge sei der Tatverdächtige ein Mann mit Namen Christian B., dem verschiedene Einbrüche, Vergewaltigungen und Drogenhandel vorgeworfen würden.
Dies deckt sich mit den Informationen des BKA, welches den Beschuldigten mit ähnlichen Straftaten in Verbindung bringt. Weiter führt BILD unter Berufung auf eine vorliegende Gerichtsakte an, dass er in einem Mehrfamilienhaus in Braunschweig gewohnt habe. Christian B. sitzt demnach zurzeit wegen eines Drogendeliktes in der JVA Kiel ein. Nach Informationen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung habe er in den 90er Jahren bereits eine Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs abgesessen und sei im Dezember in Braunschweig wegen Vergewaltigung verurteilt worden. Eine Anfrage von regionalHeute.de an die JVA Kiel blieb bislang ergebnislos.
Zur Tatzeit habe der damals 30-Jährige laut der britischen Metropolitan-Polizei kurzes blondes und möglicherweise schütteres Haar gehabt, sei etwa 1,82 Meter groß und schlank gebaut gewesen. Zwischen 1995 und 2007 hielt er sich regelmäßig im Umfeld der Ortschaft Praia da Luz auf und habe einige kurze Aufenthalte in Deutschland verlebt. Gewohnt habe er in Portugal unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz, heißt es in der Mitteilung des BKA.
Sind diese Autos auf alten Urlaubsfotos zu sehen?
In Praia da Luz hatte der Tatverdächtige regelmäßigen Zugriff auf zwei auffällige Fahrzeuge, welche das BKA ausführlich beschreibt: "Der Tatverdächtige nutzte zur tatkritischen Zeit einen dunkelfarbenen Jaguar XJR 6, über die konkrete Zulassung vor der Tat liegen keine Erkenntnisse vor, die letzte bekannte Zulassung nach dem Tattag war von der Stadt Augsburg, sowie einen weiß-gelben VW T3 Westfalia mit portugiesischer Zulassung. Es liegen Hinweise vor, wonach er eines dieser Fahrzeuge zur Begehung der Tat genutzt haben könnte."
Der Jaguar. Auffällig ist außerdem der verbeulte linke Kotflügel. Wer hat dieses Fahrzeug möglicherweise 2007 in der Algarve gesehen? Ist es auf alten Urlaubsfotos? Foto: BKA
Die mysteriöse Mobilnummer
Weitere Hinweise erbittet das BKA zu einem Telefonat, welches der Beschuldigte kurz vor seiner Tat getätigt haben soll: "Darüber hinaus nutzte er im fraglichen Tatzeitraum mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die portugiesische Mobilfunknummer +351 912 730 680. Mit einer bislang unbekannten Person wurde am 3. Mai 2007 zu einer tatrelevanten Zeit im Bereich von Praia da Luz ein Telefonat geführt. Der Gesprächsteilnehmer nutzte hierbei die portugiesische Rufnummer +351 916 510 683. Der Nutzer dieser Nummer kommt als wichtiger Zeuge in Betracht, hielt sich während des Telefonats aber nicht in dem Bereich auf."
Was wollen die Ermittler wissen?
• Wer hat die gezeigten Fahrzeuge Anfang Mai 2007 gesehen, wer hat sie vielleicht sogar auf Urlaubsfotos aus diesem Zeitraum festgehalten?
• Können Angaben über die Handynummern gemacht werden, die mit der Tat in Verbindung gebracht werden?
• Wer kennt das Haus, beziehungsweise die Häuser, in denen sich der Täter aufgehalten hat oder kennt weitere Anlaufpunkte?
• Sind Sie möglicherweise selbst Opfer einer Straftat durch den Mann geworden?
• Das BKA nimmt weiterhin an, dass es weitere Personen gibt, die etwas über den Tathergang oder den Ablageort der Leiche wissen. Das BKA bittet auch hierzu um Hinweise und die betroffenen Personen, ihr Wissen mitzuteilen.
Auf Wunsch könne geprüft werden, die Hinweise vertraulich zu behandeln. Hinweise können auch über die neu eingerichtete Hinweisplattform des BKA Online eingereicht werden.
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