Michael Lewin: Der neue Leiter der LAB im Interview

von Robert Braumann


Michael Lewin sprach mit regionalHeute.de über die aktuelle Lage in der Landesaufnahmebehörde. Foto: Robert Braumann
Michael Lewin sprach mit regionalHeute.de über die aktuelle Lage in der Landesaufnahmebehörde. Foto: Robert Braumann | Foto: Robert Braumann



Braunschweig. Seit Dezember hat die Landesaufnahmebehörde in Kralenriede einen neuen Leiter. Michael Lewin berichtete im Interview mit regionalHeute.de über aktuelle Probleme, die Belegung, kommende Aufgaben, Polizeieinsätze vor Ort und den Schutz von weiblichen Flüchtlingen. 

regionalHeute.de: Warum hat es Sie nach Braunschweig verschlagen? Erzählen Sie uns ein etwas über Ihren Werdegang.
Michael Lewin: "Ich bin im Grunde genommen ein alter Braunschweiger. Ich bin in der Umgebung aufgewachsen. Ich bin gelernter Beamter, also Diplom-Verwaltungswirt und 1992 in den Landesdienst eingetreten. In den neunziger Jahren bin ich schon einmal vor Ort tätig gewesen. Damals war ich bei der Bezirksregierung Braunschweig im Ausländerrecht tätig. Nach einigen anderen Stationen im Landesdienst bin ich seit Anfang Oktober für die Landesaufnahmebehörde aktiv und seit dem 21. Dezember Standortleiter in Braunschweig. Die Stelle war ausgeschrieben. Ich freue mich und bin froh, dass es geklappt hat und ich nun meinen Teil beisteuern kann."

Wie viele Menschen befinden sich aktuell in der LAB vor Ort?

"Wir sind in den Hochphasen deutlich stärker belegt gewesen als momentan. Aktuell haben wir eine Belegung von knapp 1600 Menschen. Das ist schon eine deutliche Entspannung, wenn man bedenkt, dass wir im Sommer und Herbst bei einer Belegung von rund 4500 Personen waren."

Lässt sich mit dieser Anzahl umgehen oder sind es immer noch zu viele?

„Auf der einen Seite sprechen wir von einer deutlichen Entspannung gegenüber den Höchstbelegungen der vergangenen Monate, auf der anderen Seite ist das immer noch eine Belegung, die relativ hoch ist. Ich möchte nicht die Gewichtung vornehmen und sagen, es sind zu viele. Die Belegung ist aber nach wie vor eine Herausforderung, sowohl für die Flüchtlinge, als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Wie viel Platz hat ein Flüchtling bei Ihnen zum Leben? Gibt es dafür eine gesetzliche Vorgabe?

„Es gibt keine feste Quadratmeter-Zuweisung. Wir versuchen, die Standards möglichst hoch zu halten. Wir vergeben in der Regel Vier- bis Sechsbettzimmer, wenn Familien darüber hinaus zusammenbleiben möchten, dann versuchen wir auch das zu ermöglichen.“

Eine Zeitlang gab es viele Polizeieinsätze vor Ort, hat sich dies relativiert?

„Seit meinem Amtsbeginn im Dezember ist es im Vergleich zu den Zeiten hoher Belegung deutlich ruhiger geworden. Ich kann nicht sagen, dass wir aktuell einer besonderen Situation ausgesetzt sind.“

Wie hoch ist der Anteil an Frauen in der LAB? Wird etwas für ihren Schutz getan oder ist dies nicht nötig?

„Wir haben rund 500 weibliche Flüchtlinge bei uns. Natürlich kümmern wir uns gesondert um sie. Dabei geht es in erster Linie nicht darum, ob das nötig ist oder nicht, sondern es ist eine Selbstverständlichkeit. Alleinreisende Frauen werden separat untergebracht, die Sanitäranlagen sind etwa beleuchtet, abschließbar und nach Geschlechtern getrennt. Es ist wichtig, dass die Frauen sich in diesen Situationen sicher fühlen können. Außerdem kümmert sich unser Sozialdienst umfassend um die Frauen. Besondere Probleme in diesem Bereich gibt es aktuell aber nicht. Zudem gibt es das Gewaltschutzkonzept vom Land, das natürlich auch bei uns umgesetzt wird.“

Wie viele Kinder sind im Durchschnitt bei Ihnen? Gibt es für sie besondere Angebote?

„Wir haben am Standort rund 400 Kinder zwischen 0 und 16 Jahren. Wir bieten eine Kinderbetreuung an. Ein Schulungsangebot ist in der Ausarbeitung, welches nicht in Konkurrenz zur Regelschule steht. Zur Freizeitbeschäftigung haben wir unter anderem den Spielplatz, da ist auch bei schlechtem Wetter immer gut was los.“

Aus welchen Ländern stammen die Menschen hier vor Ort?

„Am häufigsten sind am Standort Braunschweig Flüchtlinge aus dem Irak, aus Syrien, dem Sudan und mit deutlich geringerer Anzahl aus dem Iran und aus Afghanistan untergebracht.“

Wie lange dauert es aktuell, bis die Menschen zur Erstuntersuchung kommen?

„Die Problematik hat sich verbessert, als die Zugangszahlen zurückgegangen sind. Die Erstuntersuchung findet extrem schnell, spätestens am dritten Tag nach der Ankunft in Braunschweig statt.“

Wie lange bleiben die Menschen im Durchschnitt in der LAB? Wo kommen Sie dann hin?

„Das ist durchaus schwankend. Die Menschen bleiben in der Regel zwischen vier und sechs Wochen, sie werden dann auf die niedersächsischen Kommunen verteilt.“

Wo sehen Sie die größten Probleme am Standort?

„Die Probleme für mich liegen in erster Linie in der Belegung. Daraus resultiert, dass wir einige Funktionsräume noch nicht nutzen können. So können Angebote für Kinder oder weitere soziale Angebote noch nicht wie gewünscht stattfinden, weil wir dafür aktuell schlichtweg keine Kapazitäten haben. Aber auch dafür werden wir Lösungen finden.“

Könnte dazu eine Erweiterung des Geländes beitragen?

„Es wird keine direkte Erweiterung geben. Wir benötigen aber eine Ausweichfläche, da einige Räume saniert werden müssen, die entsteht ja auch schon.

Immer noch sind Menschen in Zelten untergebracht – wie viele? Und warum kann dies aktuell nicht verändert werden?

„Wir haben in unseren Leichtbauhallen noch etwas mehr als 400 Personen untergebracht, der Begriff Zelte passt hier nicht wirklich, da haben sie festen Boden, relativ dicke Wände und eine angemessene Temperatur bei 22 Grad. Dennoch: Natürlich müssen wir aktuell auch auf die Leichtbauhallen zurückgreifen, weil die Belegung immer noch hoch ist. Neue Container sind zum Beispiel schwer zu bekommen, die Situation auf dem Markt ist weiterhin sehr angespannt, da wollen einige Anbieter gerade auch von der Marktsituation profitieren. Außerdem ist die Errichtung von Containern nicht überall möglich.


mehr News aus der Region