München. Der Militärexperte Carlo Masala hält Europa für weitgehend unvorbereitet auf eine Rückkehr von Donald Trump als US-Präsident. Er sehe "weder bei der Bundesregierung noch beim Rest Europas eine ernsthafte Vorbereitung darauf", sagte der Politikwissenschaftler von der Universität der Bundeswehr München den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben).
"Vermutlich haben wir den richtigen Zeitpunkt auch schon verpasst." Europa müsse die Sicherheit des Kontinents unter völlig veränderten Vorzeichen selbst gewährleisten können. "Trump würde den europäischen Nato-Staaten vermutlich sagen: Ihr müsst jetzt viel mehr Geld ausgeben, sonst entziehen wir Euch den Schutz", sagte er voraus. "Und da reden wir nicht mehr von zwei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung, sondern von deutlich mehr." Masala bekräftigte: "Trump würde wahrscheinlich nur noch bilaterale Sicherheitsgarantien geben, aber keine mehr über das Bündnis." Unter US-Schutz stünden dann nur noch jene Staaten, die seinen Forderungen nachkomme - etwa mit Blick auf die Verteidigungsausgaben. Diejenigen europäischen Staaten, die nicht mitmachten, stünden dann ohne US-Sicherheitsgarantien da. "Im Grunde wäre das Erpressung."
Wenn die Amerikaner keinen Schutz mehr garantierten, brauche man einen europäischen Nuklearschirm. Masala rät zu einer Sondierung, "inwieweit Frankreich ein Interesse daran hat, dass seine nationale Atomstreitmacht auch aus anderem Geld bezahlt wird". Frankreichs Nuklearstrategie sei bislang rein national: "Vielleicht gelingt es, diese dahingehend zu verändern, dass Frankreich unter bestimmten Umständen auch bereit wäre, europäische Nachbarstaaten mit seinen Atomwaffen zu verteidigen." Masala plädierte dafür, auch die zweite europäische Atommacht Großbritannien mit an Bord zu holen.
"Die gehört zwar nicht mehr der Europäischen Union an", sagte er, "aber für Länder wie Polen oder Rumänien dürfte die Vorstellung, allein vom französischen Atomschirm abzuhängen, inakzeptabel sein." Es werde jedenfalls keinen Atomkoffer geben, der in Brüssel lagere oder "zwischen den europäischen Hauptstädten hin- und herwandert", so Masala. "Entsprechende Forderungen sind Blödsinn." Als seine größte Sorge für das neue Jahr nannte Masala, "dass es uns nicht gelingt, eine dauerhafte Unterstützung der Ukraine zu garantieren".
In diesem Fall würde sich "der Aggressor Russland durchsetzen", so der Experte. "Ein russischer Sieg würde Europas Sicherheit nachhaltig destabilisieren - außenpolitisch wie innenpolitisch."
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