Missbrauchs-Komplex aufgedeckt: Ein Verdächtiger aus unserer Region

Der Hauptverdächtige aus NRW besaß 32 Terabyte an Kinderpornos, was ungefähr fünf Millionen Dateien entspricht.

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Symbolbild. | Foto: Rudolf Karliczek

Köln/ Landkreis Goslar. Wie die Staatsanwaltschaft Köln am Montag berichtete, wurde ein Missbrauchs-Komplex, die sogenannte "BAO-Liste", aufgedeckt. Von den 73 Tatverdächtigen kommt einer aus unserer Region. Die Ermittlungen sind unterdessen noch nicht abgeschlossen, wie aus einem Informationsblatt der Staatsanwaltschaft und Polizei Köln hervorgeht.



Im Zentrum des Komplexes soll ein 44-Jähriger aus Wermelskirchen in Nordrhein-Westfalen stehen. Im Zuge der Ermittlungen gegen diesen Mann wurden 73 weitere Tatverdächtige aus Deutschland und Österreich festgestellt. Die in Niedersachsen zuständige Staatsanwaltschaft Hannover spricht von vier Verdächtigen aus unserem Bundesland, wie Erste Staatsanwältin Kathrin Söfker gegenüber regionalHeute.de berichtet. Einer dieser Verdächtigen ist ein 34-Jähriger aus Clausthal-Zellerfeld bei Goslar. Es jedoch nicht klar, ob er diesem Missbrauchs-Komplex zuzurechnen ist. Gegen den Mann wird aber bereits seit 2021 wegen des Verdachts der Verbreitung oder des Besitzes kinderpornografischer Schriften ermittelt.

Hauptverdächtiger war Babysitter - auch für behinderte Kinder


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Symbolbild. Foto: Pixabay


In der Staatsanwaltschaft Hannover ist für solche Fälle eine Zentralstelle integriert, die "Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, kinderpornographischer oder sonst jugendgefährdender Schriften". Mit "Schriften" sind sämtliche Medienformen, also auch Bilder und Videos gemeint. Solche wurden auch bei dem Hauptverdächtigen dieses Falles, bei seiner Festnahme durch ein Kölner SEK am 3. Dezember 2021, festgestellt. Die Beamten fanden den Hauptbeschuldigten dabei zu Hause vor dem PC sitzend. Insgesamt wurden 232 Datenträger mit einem Umfang von etwa 32 Terabyte oder 3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos sichergestellt. Die Sicherung der Daten dauerte 17 Tage. Für den besseren Überblick, auch über Chatpartner, hatte der 44-Jährige Listen angelegt. Bislang seien etwa 10 Prozent der Daten ausgewertet worden.



Im November 2021 führten Erkenntnisse des LKA Berlin aus einem anderen Ermittlungsverfahren auf die Spur des 44-Jährigen. Ihm werden laut aktuellem Haftbefehl 18 Fälle von Missbrauch, schwerem sexuellen Missbrauch sowie Herstellen, Besitz und Verbreiten von kinderpornografischen Schriften zum Nachteil von zwölf Kindern (zehn Jungen, zwei Mädchen) zur Last gelegt. Nun sind zahlreiche weitere Fälle zum Nachteil von weiteren Kindern hinzugekommen.



Der Mann ist verheiratet, nicht vorbestraft, hatte eine feste Arbeitsstelle, hat selbst keine Kinder und lebte bis zu seiner Festnahme unauffällig in einem Einfamilienhaus in Wermelskirchen. Bis etwa 2018 war der Beschuldigte zudem als Babysitter im Kölner Umland tätig - auch für ältere, behinderte Kinder. Im Rahmen dieser Tätigkeit solle er die meisten Missbrauchsfälle begangen haben. Manche Kinder hat er nur ein- oder zweimal betreut, andere über zwei bis drei Jahre.


Täter waren auch Väter - Opfer auch Säuglinge


Aus den Daten wurden bislang 33 Missbrauchsopfer identifiziert. Diese sind verteilt auf 73 Tatverdächtige, die meisten davon sind zwischen 26 und 45 Jahre alt. Die Taten sollen vornehmlich beim Babysitten geschehen sein. Es sind aber auch Väter, Nachbarn und Brüder unter den Verdächtigen. Unter den Opfern sind fünf Säuglinge, acht Kleinkinder bis zum vollendeten 3. Lebensjahr, 18 Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und zwei Jugendliche. Das jüngste Missbrauchsopfer war zur Tatzeit gerade mal einen Monat alt, das älteste 14. Zwei Drittel sind Jungen. Die bisher frühste Missbrauchstat geschah im Dezember 2005. Da der Missbrauch häufig im Säuglingsalter stattfand, erfuhren einige Opfer erst durch die Ermittlungen von den Taten.

Polizisten gehen an die Belastungsgrenze


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Symbolbild. Foto: Über dts Nachrichtenagentur


Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen zeigt sich derweil angesichts der erschütternden Erkenntnisse schockiert. In Anbetracht des unermesslichen Leids, das solche Taten für die Opfer bedeuten, bedürfe es weitreichender Unterstützung der Ermittler, die mit der Aufklärung der Taten befasst sind, so die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung.


"Die Qual der Opfer lässt sich mit Worten nicht ausdrücken und allein der Gedanke daran lässt einen ohnmächtig zurück. Dennoch arbeiten viele Kolleginnen und Kollegen unermüdlich daran, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", so Janine Mai, Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der GdP Niedersachsen. Die Belastung sei enorm und bedürfe etwa professioneller, psychologischer Betreuung, Abwechslung durch den Einsatz in anderen Deliktsbereichen sowie eine intensivere Personalrotation. Gerade letzteres sei aber aufgrund von Personalmangel in diesem Bereich schwierig.


Durch die technischen Mittel, werde es zudem schwieriger, die Besitzer des Materials auszumachen beziehungsweise dieses Material zu sichern. So etwa könnten Durchsuchungsbeschlüsse nicht immer fristgerecht abgearbeitet werden. Zur Entlastung der Ermittler fordert die GdP darum umfangreiche Maßnahmen.


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