Missbrauchsfälle im Bistum Hildesheim: "Noch eine Menge Arbeit vor uns"

Das Bistum gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Präventionsmaßnahmen beim Thema "sexualisierte Gewalt".

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Seit knapp sechs Jahren lässt die Diözese mithilfe verschiedener externer Gutachten sexualisierte Gewalt in ihrem Verantwortungsbereich aufarbeiten. Die bisher erschienenen Studien aus den Jahren 2017 und 2021 benannten dabei insgesamt 87 Verbesserungsvorschläge. Dies teilte das Bistum Hildesheim in einer Pressemitteilung mit.



Im Auftrag von Generalvikar Wilk markiert die zuständige Stabsabteilung Prävention, Intervention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den Ampelfarben Rot, Gelb und Grün wie weit die Diözese in der Umsetzung dieser Empfehlungen jeweils ist.

Aktuelle Auswertung


Grün bedeutet dabei, dass eine Empfehlung vollständig umgesetzt wurde. Gelb heißt, dass die Umsetzung teilweise geschehen ist. Rot markiert sind Empfehlungen, die noch angegangen werden müssen. Aktuell sind 23 Empfehlungen vollständig, 19 Empfehlungen teilweise und 45 Empfehlungen noch nicht umgesetzt worden.

Zu den bisher nicht umgesetzten Empfehlungen gehört beispielsweise die Untersuchung der Beichte als Risikokonstellation. Es sei möglich, dass in einer künftigen Aufarbeitungsstudie der Fokus auf dieses Thema gerichtet wird, dies steht aber noch nicht fest.

Umsetzung steht noch aus


Ein weiterer Verbesserungsvorschlag, der noch nicht realisiert wurde, ist die Ausweitung des Aufgabengebiets der unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt auf erwachsene Personen. Das liege daran, dass die Rahmenordnung zur Prävention sowie die Interventionsordnung der Deutschen Bischofskonferenz sich ausschließlich auf Minderjährige und Schutzbefohlene beziehen. Hier könne das Bistum Hildesheim erst tätig werden, wenn die entsprechenden Ordnungen der Deutschen Bischofskonferenz geändert worden sind.

Zwei Empfehlungen seien schon seit längerer Zeit umgesetzt worden: So hat das IPP-Gutachten aus dem Jahr 2017 gefordert, die Anzahl der Ansprechpersonen auszuweiten und auf die Regionen des Bistums auszuweiten. Darüber hinaus seien die personellen Ressourcen für die Aufgaben im Themenbereich sexualisierte Gewalt stark erhöht worden. So verfüge die Stabsabteilung Prävention Intervention und Aufarbeitung, die gemeinsam mit der Caritas betrieben wird, im Moment über neun Mitarbeitende.

Protokollführung bereits aktiv


Zu den von der Diözese umgesetzten Empfehlungen gehört auch die Transparenz in der Protokollführung. Diese sei seit dem 2017 erschienenen externen Gutachten verbessert worden. Betroffene erhalten innerhalb weniger Tage nach ihrem Gespräch mit einer Ansprechperson das Gesprächsprotokoll zur kritischen Überprüfung. Sie können dann selbstständig Ergänzungen oder Änderungen am Protokollinhalt vornehmen. Das überarbeitete Protokoll wird von der betroffenen Person unterzeichnet, ehe es in den digitalen Aktenbestand überführt wird.

Der Fall Georg M.


Ein weiterer Verbesserungsvorschlag in Bezug auf die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt betrifft die schlaglichtartige Beleuchtung von Täterkarrieren. Eine solche Untersuchung wurde im Fall des verstorbenen Missbrauchstäters Georg M. durchgeführt, da im Zuge der Aufarbeitung deutlich wurde, dass er Kindern und Jugendlichen in mehreren Orten im Bistum Hildesheim massiv sexualisierte Gewalt zugefügt hat. Der Bericht zu Georg M. wurde 2021 veröffentlicht.

Das Bistum Hildesheim habe den Wert dieser schlaglichtartigen Forschung zu einzelnen Tätern erkannt. Weitere solcher Untersuchungen soll es im Zuge der nächsten Aufarbeitungsstudie geben. Bereits jetzt recherchiert das Bistumsarchiv intensiv zu besonders auffälligen Tätern.

Eine Menge Arbeit fällt noch an


Martin Richter, der Leiter der Stabsabteilung Prävention, Intervention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim, sagt: „Es liegt noch eine Menge Arbeit in der weiteren Aufarbeitung vor uns. Unser Ampelsystem hilft in der Überprüfung und zeigt ganz klar, wo wir noch Fortschritte machen müssen und wollen. Uns ist es im Hinblick auf Transparenz sehr wichtig, ehrlich zu markieren, wie weit wir sind. Das Ampelsystem macht auch deutlich, wie umfangreich der Veränderungsprozess ist, in dem wir uns befinden. Viele Empfehlungen können meist nicht von jetzt auf gleich umgesetzt werden, weil sie einen hohen Einsatz personeller und zeitlicher Ressourcen erfordern. Manchmal ist es auch notwendig, dass bisherige Regelungen auf höherer Ebene geändert werden müssen, ehe wir in unserem Bistum tätig werden können. Fest steht, dass wir in unseren Aufarbeitungsbemühungen nicht nachlassen werden. Sehr wichtig ist uns dabei auch der regelmäßige Dialog mit der Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat auf Ebene der norddeutschen Metropolie.“

Sobald der Bericht mit dem Ampelsystem fertiggestellt ist, soll er auf der Homepage des Bistums veröffentlicht werden.


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