Morgen ist es soweit: Die Fußballweltmeisterschaft in Russland beginnt. Die Paninibilder sind eingeklebt, das Bier kaltgestellt – jetzt kann der Spaß los gehen… Doch halt! Kann man als Braunschweiger überhaupt noch Fußball und Spaß bedenkenlos in einem Satz unterbringen? Ist das Trauma des Abstiegs, die Ungewissheit bezüglich des Neuanfangs nicht zu groß?
In der Tat, so ganz erholt hat man sich noch nicht von dem dann doch eher überraschenden Abstieg und den desolaten Vorstellungen der Eintracht in den letzten drei Saisonspielen. Die bisher bekannt gewordenen Maßnahmen der Vereinsführung für einen möglichst erfolgreichen Neuanfang haben die Fanseele auch nicht gerade beruhigt. Kann man sich da überhaupt unbeschwert auf die WM freuen?
Katar und Kommerz
Auch die FIFA tut das Ihrige, um einem den Spaß an Weltmeisterschaften nachhaltig zu vermiesen. Alles wird dem Wohl der Sponsoren, der TV-Anstalten und dem eigenen Geldbeutel untergeordnet. Die nächste WM findet im Winter statt, da es im Sommer beim Ausrichter – der Fußball-Großmacht Katar – zu heiß wird. 2026 sollen dann 48 Mannschaften das Turnier bis hin zur Beliebigkeit aufblähen (an den Umfang des Panini-Albums möchte ich gar nicht denken). Und geht es nach Fifa-Chef Gianni Infantino sollen demnächst in der Gruppenphase die Unentschieden abgeschafft werden. Nach jedem Remis nach 90 Minuten folgt dann direkt ein Elfmeterschießen. Direkt? Vermutlich erst nach einem rekordverdächtig hoch dotierten Werbeblock.
Doch das ist ja zum Glück noch Zukunftsmusik. In Russland läuft alles nach bewährten Regeln. Okay, den Fakt, dass Putin das Großereignis nutzt, um sich in einem guten Licht darzustellen und von den Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land und den Völkerrechtsverletzungen in der Ukraine abzulenken, muss man ausblenden. Auch die zu befürchtenden Hooligankrawalle ist man bereits von anderen Turnieren gewöhnt, die gab es schließlichschon bei „unserem“ (gekauften) Sommermärchen 2006.
Abtauchen in die WM
Also: business as usual! Ab Donnerstag, 17 Uhr, rollt der Ball. Dann ist alles andere vergessen. Dann taucht man ab in den Mikrokosmos WM. Verfolgt jede mediale Kleinigkeit über die größeren und kleineren Gebrechen der Spieler, freut sich über Außenseitersiege, verschüttet Häme über die gestürzten Favoriten und diskutiert, wie Bundestrainer Jogi Löw die Mannschaft hätte besser aufstellen müssen.
Vermutlich braucht es so ein Großereignis, um auch die geplagte Braunschweiger Fan-Seele mit der Faszination Fußball zu versöhnen. Und nach der WM sieht die Sache hoffentlich schon wieder ganz anders aus. Vielleicht hat man dann an der Hamburger Straße auch endlich wieder eine schlagkräftige Truppe auf die Beine gestellt.
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