Oberbürgermeister fordern: Kommunale Finanzen müssen krisen– und zukunftsfest aufgestellt werden

In ihrem gemeinsamen Memorandum heben die Oberbürgermeister und Kämmerer darauf ab, dass kurzfristig ein zweiter Rettungsschirm gebraucht wird, um die Städte und Gemeinden finanziell handlungsfähig zu halten.

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Symbolfoto | Foto: Pixabay

Hannover, Braunschweig, Wolfsburg, Göttingen. Die Oberbürgermeister und Stadtkämmerer der vier niedersächsischen Städte Hannover, Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen fordern eine strukturelle Stärkung der kommunalen Finanzausstattung sowie eine kurzfristige pandemiebedingte Unterstützung für Kommunen durch das Land und den Bund. Die Coronapandemie habe die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen für alle sichtbar zu Tage gefördert. Hier gelte es nun, entschieden gegenzusteuern. Dies geht aus einer Mitteilung der Stadt Braunschweig am Montag hervor.


In der Coronapandemie haben sich die Kommunen finanziell weit aus dem Fenster gelehnt. Steuererträge brachen ein. Kommunale Unternehmen mussten Ertragsrückgänge bzw. Verlustanstiege hinnehmen. Gleichzeitig mussten Hilfsmaßnahmen für die örtliche Wirtschaft und Kultur geschultert werden. Auch Ausgaben für Hygienekonzepte und Schutzausrüstung im Kampf gegen das Virus galt es zu finanzieren. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen wurde weiter in die dringend erforderliche Erneuerung der kommunalen Infrastruktur investiert. So haben die Kommunen mitten in der Krise zugleich auch ihren Beitrag für eine konjunkturelle Stabilisierung geleistet.

In ihrem gemeinsamen Memorandum heben die Oberbürgermeister und Kämmerer der in einer gemeinsamen Metropolregion verbundenen Städte Hannover, Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen darauf ab, dass kurzfristig ein zweiter Rettungsschirm gebraucht wird, um die Städte und Gemeinden finanziell handlungsfähig zu halten. Sie fordern zudem, die Förderrichtlinien von Bund und Land zu vereinfachen, um leichter Mittel abrufen zu können. Zudem gelte es, umfangreiche Investitionskostenzuschüsse für den Bau von Kindertagesstätten und Schulen sicherzustellen, genauso wie eine kostendeckende Zuweisung von Betriebsmitteln. Zusätzlich müsste im Rahmen eines einzurichtenden Beratungsgremiums zukünftig gemeinsam über die Aufgabenteilung zwischen Land und Bund sowie den Kommunen entschieden werden – auch um eine auskömmliche Zuweisung von Finanzmitteln sicherzustellen.

Land muss stärker unterstützen


Land und Bund haben in der akuten Notlage des vergangenen Jahres mit Unterstützung nicht gespart. Dennoch ist die finanzielle Notlage der Kommunen noch nicht überwunden. Belit Onay, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, dankt für die bisherige Unterstützung. Gleichzeitig weist er darauf hin: "Finanziell handlungsfähige Kommunen sind der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft. In der Krise haben Bund und Länder mit einem großen finanziellen Pflaster kurzfristig geholfen. Die Ursache der finanziellen Schieflage vieler Kommunen konnte damit allerdings nicht behoben werden. Wir brauchen strukturell mehr Mittel für die den Kommunen übertragenen Aufgaben und generell ein größeres Stück vom Steuerkuchen."

Der Erste Stadtrat und Stadtkämmerer Braunschweigs, Christian Geiger, sagt: "Ohne die Unterstützung von Bund und Land hätte die Stadt Braunschweig das Jahr 2020 mit einem Defizit von über 60 Millionen Euro abgeschlossen. Unser Städtisches Klinikum, das gerade auch in der Pandemie medizinisches Rückgrat der gesamten Region war, musste pandemiebedingt mit 36 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt unterstützt werden. Für die Jahre 2021 bis 2024 werden aktuell über 300 Millionen Euro Defizit im städtischen Haushalt erwartet. Das Land Niedersachsen muss uns dringend stärker unterstützen bei den notwendigen Investitionen im Städtischen Klinikum, aber auch im städtischen Haushalt. Stattdessen sogar Landeszuschüsse für Sozialleistungen massiv zu reduzieren, wie es aktuell geplant ist, würde uns vor kaum lösbare Herausforderungen stellen."

Weniger Steuereinnahmen


Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs weist auf die wichtige Einnahmequelle, Gewerbesteuer, und deren Bedeutung für die niedersächsischen Kommunen hin: "Viele Kommunen in Niedersachsen sind massiv von den Gewerbesteuereinnahmen abhängig. Wir in Wolfsburg sind es noch einmal in ganz besonderer Art und Weise. Die Pandemie wirkt sich nach wie vor auf die Unternehmen und dadurch auf die Einnahmesituation bei der Gewerbesteuer aus. Eine Normalisierung ist derzeit nicht abzusehen. Umso drastischer treffen die Kommunen Einbrüche bei dieser wichtigen Einnahmequelle. Um die strukturellen Herausforderungen wie dem Ausbau von Kindertagesstätten, der Modernisierung wichtiger Infrastruktur, der Digitalisierung, der Schaffung der Teilhabe von allen Menschen sowie das Bieten eines attraktiven Wirtschaftsstandortes - vor der wir als Kommunen auch bereits vor der Corona-Krise gestellt worden sind - bewältigen zu können, bedarf es insbesondere in der aktuellen Situation als auch langfristig eindeutig der finanziellen Unterstützung von Bund und Land."

Mit Blick auf seine Stadt sagt Göttingens Oberbürgermeister Rolf Georg-Köhler: "Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wir haben ein Zukunftsinvestitionsprogramm, das ZIVP, entwickelt, das unsere Bedarfe aufzeigt. Zu nennen ist auch der Klimaschutz als eine große und wichtige Aufgabe. Deshalb rufen wir in dieser Situation nicht einfach nach Unterstützung. Mit dem ZIVP können wir die Investitionsbedarfe auch belegen. Aufgrund der strukturellen Unterfinanzierung ist sicht- und greifbar, dass unsere Finanzmittel nicht ausreichen. Deshalb unterstützt Göttingen den Aufruf zur Stärkung der Kommunen durch das Land und den Bund."


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