Organisierte Kriminalität in Niedersachsen: Neue Zahlen veröffentlicht

Innenministerin Daniela Behrens und Justizministerin, Dr. Kathrin Wahlmann ziehen Bilanz.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Niedersachsen. Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, und die Niedersächsische Justizministerin, Dr. Kathrin Wahlmann, haben am heutigen Montag gemeinsam das Lagebild der Justiz und der Polizei „Organisierte Kriminalität (OK) in Niedersachsen 2023“ vorgestellt. Darüber informieren die Ministerien in einer gemeinsamen Pressemitteilung.



Die niedersächsische Polizei führte im letzten Jahr mit 68 Ermittlungsverfahren exakt so viele wie im Vorjahr. Zuzüglich 19 weiterer Ermittlungskomplexe (16 mal Zoll; 3 mal Bundespolizei) wurden im Auftrag niedersächsischer Staatsanwaltschaften insgesamt 87 OK-Verfahren bearbeitet. Hierbei ging es zum größten Teil um den internationalen Rauschgifthandel und -schmuggel (46 Verfahren).

Streben nach Macht


Innenministerin Behrens erklärt dazu: „Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist für Justiz und Polizei in Niedersachsen eine dauerhafte und zentrale Schwerpunktaufgabe. Dabei geht es nicht nur um die Verfolgung von Straftaten, sondern auch um den Schutz unserer Grundwerte und die Verteidigung unserer Gesellschaft gegen eine Parallelwelt krimineller Strukturen. OK-Gruppierungen streben nicht nur nach finanziellem Gewinn, sondern auch nach Macht. Es ist die Pflicht des Staates, dieses Streben konsequent zu unterbinden! Im Bundesvergleich nimmt Niedersachsen wiederholt den zweiten Platz bei der Anzahl der geführten Verfahren ein. Das zeigt, dass wir den Ermittlungsdruck hochhalten und den kriminellen OK-Netzwerken das Leben schwer machen.“

Justizministerin Wahlmann sagt: „Wie schlagkräftig die niedersächsische Justiz im Kampf gegen Organisierte Kriminalität vorgeht, zeigen die Verfahrenszahlen deutlich. 135 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und 45 gerichtlichen Erledigungen belegen, dass die Kolleginnen und Kollegen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten mit vollem Einsatz und großem Engagement gegen die Täterinnen und Täter vorgehen und sie konsequent vor Gericht bringen.“

736 Verdächtige aus 49 Staaten


Insgesamt wurde in diesen 87 OK-Verfahren (Landespolizei Niedersachsen und Bund) gegen 736 Tatverdächtige aus 49 verschiedenen Staaten ermittelt. Tatverdächtige deutscher Nationalität stellten dabei mit 43 Prozent den größten Anteil, gefolgt von albanischen Staatsangehörigen mit 10 Prozent und türkischen Staatsangehörigen mit 9,1 Prozent.

Der hochgerechnete Gesamtschaden der OK lag im Jahr 2023 mit 114 Millionen Euro deutlich unter dem Schadensniveau von 468 Millionen Euro im Jahr 2022. Hier nehmen im mehrjährigen Verlauf immer wieder herausragende Einzelverfahren mit Schadenssummen von zum Teil über 100 Millionen Euro in einem Einzelverfahren erheblichen Einfluss auf die Statistik.

Ebenfalls stark zurückgegangen seien die errechneten Gewinne der OK, die in 2023 bei etwa 15 Millionen Euro lagen. Die durch die Sicherheitsbehörden abgeschöpfte Summe in Höhe von zirka 3 Millionen Euro sei im mehrjährigen Vergleich zwar mit Blick auf die absoluten Zahlen gering, stelle angesichts einer Abschöpfungsquote von 19,49 Prozent im Hinblick auf den Ertrag aber ein sehr gutes Ergebnis dar, welches die Quoten der vergangenen Jahre deutlich übertreffe.

Internationaler Rauschgifthandel


Der alles überragende Bearbeitungsschwerpunkt sowohl auf Seiten der Polizei, als auch auf Seiten der Justiz lag auch 2023 mit 46 OK-Verfahren in der Bekämpfung der internationalen Rauschgiftkriminalität.

Kriminelle Drogenbanden agieren im Wesentlichen überregional und international. Daher arbeiteten die niedersächsischen Polizeibehörden eng mit den Bundesbehörden wie zum Beispiel dem Bundeskriminalamt (BKA) und internationalen Partnern zusammen. Denn insbesondere im Bereich der Rauschgiftkriminalität nutzten kriminelle OK-Gruppie­rungen immer intensiver Vertriebswege über See- und Lufttransporte beim Postversand sowie weitere Möglichkeiten über das Inter­net und Darknet.

Weniger Geldautomatensprengungen


In Niedersachsen sei im Jahr 2023 mit insgesamt 39 Taten ein sehr erfreulicher Rückgang um 42,6 Prozent der Fallzahlen verzeichnet worden. Hierbei wurden 27 Taten vollendet, bei 12 handelte es sich um Versuchstaten ohne Beuteerlangung. Der positive Trend setze sich aktuell für 2024 mit derzeit lediglich 17 Taten (12 Vollendungen, 5 Versuche) fort. Der konsequent umgesetzte, ganzheitliche 5-Punkte-Plan als niedersächsischer Bekämpfungsansatz aus Einsatzbewältigung, Ermittlungen, Analyse, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit zeige entsprechend Wirkung.

Auch die Thematik „Handel und Umgang mit illegaler Pyrotechnik“ werde verstärkt in den Fokus genommen. Niedersachsen arbeite auf dem Gebiet der illegalen Pyrotechnik eng mit der Polizei der Niederlande sowie der Polizei Nordrhein-Westfalen zusammen, um den illegalen Handel mit Pyrotechnik zu verfolgen und einzudämmen. Eine niederländische Initiative zur Änderung der maßgeblichen EU-Richtlinie zum Umgang mit und Erwerb von Pyrotechnik werde auch von Niedersachsen unterstützt.

Verschlüsselte Kommunikation


Nahezu ein Drittel – 21 von 68 OK-Verfahren – resultierte in 2023 aus Erkenntnissen verschlüsselter beziehungsweise entschlüsselter Kommunikation. Bei den bereits erwähnten 46 OK-Rauschgiftverfahren wurden sogar 50 Prozent (23 Verfahren) aus der Auswertung kryptierter Kommunikation generiert. Die Verlagerung der OK in digitale Rückzugsräume wie das Darknet oder die Nutzung von Kryptomessengern halte ungebrochen an. Die Analyse und Auswertung entschlüsselter Kryptokommunikation werde deshalb auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Zerschlagung von OK-Strukturen und -Netzwerken leisten.

Neuausrichtung der niedersächsischen OK-Bekämpfung


Täterstrukturen der OK agieren flexibel, arbeitsteilig, multiethnisch, international vernetzt und unter Nutzung modernster (Kommunikations-)Technologien. Neue Märkte werden frühzeitig erschlossen, neue technische Möglichkeiten konsequent zur Tatbegehung genutzt. Um diesen Entwicklungen wirkungsvoll zu begegnen, müssen die Sicherheitsbehörden frühzeitig Veränderungen, neue Modi Operandi, aufwachsende Tätergruppierungen und eingesetzte Technologien detektieren und mittels geeigneter rechtlicher, technischer sowie personeller Maßnahmen und Ressourcen dagegen vorgehen.

Hierzu Innenministerin Daniela Behrens:
„Das LKA Niedersachen richtet aktuell in Abstimmung mit dem Innenministerium eine Niedersächsische Plattform zur OK-Bekämpfung ein, die wir analog zur BKA-Plattform ins Leben gerufen haben. Hiermit setzen wir die Nationale OK-Bekämpfungsstrategie in Niedersachsen konsequent um. Über die gemeinsame Plattform bündeln wir die Informationen und Kompetenzen, um eine rasche und gezielte Reaktion auf neue Bedrohungen sicherzustellen. Zugleich haben wir durch die Einrichtung von Ständigen Ermittlungsgruppen (SEG) in jeder Polizeiinspektion dafür gesorgt, dass die Bekämpfung Komplexer Krimineller Strukturen (KKS) landesweit und flächendeckend gut aufgestellt ist. Wir zeigen damit, dass wir entschlossen sind, die OK nicht nur in den städtischen Zentren, sondern auch auf dem Land einzudämmen. Ein weiterer wichtiger Schritt wird sein, den Rechtsrahmen für den Einsatz neuer IT-Technologien zur Gefahrenabwehr zu überarbeiten und wichtige Rechtsgrundlagen ausdrücklich zu regeln. Was das niedersächsische Landesrecht angeht, werden wir hierzu einen Entwurf zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes vorlegen.“


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