Berlin. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will die gesetzliche Grundlage für beide Stufen der Kindergrundsicherung gegen alle Widerstände in der Ampelkoalition noch in dieser Legislaturperiode schaffen.
"Der Kanzler hat sich bei der Sommerpressekonferenz hinter die Kindergrundsicherung gestellt. Wir vertreten beide die gleiche Auffassung: Die Kindergrundsicherung kommt und sie kommt in zwei Stufen", sagte Paus der "Rheinischen Post". "Die Grünen-Bundestagsfraktion hat mit meiner Unterstützung Vorschläge für die Einführung der Kindergrundsicherung in zwei Stufen unterbreitet, um die Impulse der politischen Diskussion zur Kindergrundsicherung aufzugreifen und die Verhandlungen zu beschleunigen", erklärte die Ministerin. Die Verhandlungen über den Gesetzentwurf würden im Bundestag nach der Sommerpause fortgesetzt.
"Die Kindergrundsicherung verfolgt drei Ziele: mehr materielle Absicherung für arme und armutsgefährdete Kinder. Zweitens wollen wir mehr Kinder erreichen, die in verdeckter Armut leben, weil ihre Eltern nicht genügend verdienen", sagte Paus. "Das lösen wir bereits ein, weil schon heute deutlich mehr Familien den Zuschlag beanspruchen als vor dieser Legislaturperiode. Schon die Debatte über die Kindergrundsicherung hat offensichtlich mehr Eltern auf die Förderung aufmerksam gemacht. Und drittens einen einfacheren Zugang zu den Leistungen. Es kann nicht sein, dass es so kompliziert ist, die verschiedenen Leistungen zu bekommen. Das wollen wir stärker zusammenführen", sagte Paus.
Die Umsetzung der Reform werde dann erst in der nächsten Legislaturperiode wirksam. "Auch da gibt es keinen Dissens. Die Umsetzung der zweiten Stufe ist anspruchsvoll und auch die Bundesagentur für Arbeit hat wiederholt betont, dass das mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen würde", sagte Paus. "Die Fraktionen sind in konstruktiven Gesprächen. Dort gibt es Zuversicht, dass nach der Sommerpause ein Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung verabschiedet wird. Klar ist, dass nicht alle Teile der Kindergrundsicherung bis zum Ende der Legislaturperiode wirksam werden. Das ist für große Gesetzesvorhaben nicht ungewöhnlich", sagte die Grünen-Politikerin, die zuvor das Jahr 2026 für die vollständige Einführung der Kindergrundsicherung genannt hatte.
Für die Reform sollten weniger zusätzliche Stellen nötig werden als bislang diskutiert. "Sicher ist, dass wir die Einführung sparsam und sehr viel digitaler gestalten wollen und die Leistung am Ende bei den Bürgern wirklich ankommen soll. Die Stellenzahl, die die Bundesagentur für Arbeit ursprünglich genannt und berechnet hatte, ist aufgrund der laufenden Verhandlungen im Bundestag nicht mehr aktuell. Es zeichnet sich ab, dass sie deutlich niedriger ausfallen wird", sagte Paus. Auch "müssen wir beachten, dass die Arbeitsanreize nicht verringert werden", erklärte sie.
Anlass zur Selbstkritik sah sie nicht. "Der Gesetzentwurf wurde sorgfältig, insbesondere mit dem Bundeskanzleramt, dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesarbeitsministerium, abgestimmt. Ich selbst habe viele Stunden mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister dazu in konstruktiven Gesprächen verbracht. Es ist wahrscheinlich eines der Gesetze in dieser Legislaturperiode, das mit am intensivsten auf Spitzenebene besprochen wurde. Im Anschluss hat das Kabinett den gemeinsamen Entwurf der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung verabschiedet. Wenn es nun im Nachgang unterschiedliche politische Auffassungen gibt, ist das Teil des Gesetzgebungsprozesses, aber die handwerkliche Kritik greift so nicht", erklärte Paus.
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