Hannover/Peine. In den vergangenen Monaten und Jahren kam das Thema Clankriminalität im Zusammenhang mit der Stadt Peine immer wieder auf den Tisch. Die regionalen CDU-Landtagsabgeordneten Veronika Koch, Christoph Plett, Frank Oesterhelweg und Oliver Schatta nahmen dies zum Anlass, eine umfassende Anfrage zum Thema an das Niedersächsische Innenministerium zu stellen. Dieses verzeichnet tatsächlich einen Anstieg der Clanereignisse und geht von einem sehr aktiv wirkenden Clanumfeld in Peine aus.
Allerdings sei der Begriff Clankriminalität nicht eindeutig definiert. Eine „kriminelle Clanstruktur“ werde unter anderem durch das Ausleben eines stark überhöhten familiären Ehrbegriffs und das innerfamiliäre Sanktionieren von Verstößen gegen diesen Ehrbegriff sowie das Voranstellen von familieninternen, oft im Gewohnheitsrecht verwurzelten Normen über das Gesetz und die Verfassung geprägt. Zudem gehe man von einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft aus, welches durch ein hohes Mobilisierungspotenzial gestützt werde. Ein weiteres Kennzeichen sei eine mangelnde Integrationsbereitschaft, die mitunter Aspekte einer Ghettoisierung bis hin zur inneren Abschottung enthalte und ein bewusstes oder generelles Ablehnen der allgemeinen Rechtsordnung erkennen lasse. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, dass im Stadtgebiet Peine mehrere „Clans“ ansässig seien.
Hohe Aufklärungsquote
Wie das Innenministerium weiter betont, richte sich der Fokus polizeilicher und justizieller Maßnahmen nicht gegen ganze Clans oder Großfamilien, sondern auf Straftaten, Ordnungsverstöße und Gefahrensituationen, die durch kriminelle Angehörige von Clans oder unter Ausnutzung krimineller Clanstrukturen begangen werden. Seit dem Jahr 2018 werden erfasste Straftaten auch mit einem möglichen Auswertemerker Clankriminalität (AWM Clan) erfasst. Daher könne man noch nicht allzu viel zu einer Entwicklung sagen. Im Jahr 2019 wurden in Peine 26 strafrechtliche Ermittlungsverfahren mit dem AWM Clan versehen. In diesem Jahr waren es Stand Ende Juli bereits 43 strafrechtliche Ermittlungsverfahren aus unterschiedlichen Deliktsbereichen. Von diesen wurden 38 aufgeklärt, was einer Quote von 88,37 Prozent entspreche.
Zur Erhöhung der Sicherheit durch die Bekämpfung krimineller Clanstrukturen werden in Peine bereits diverse Maßnahmen durchgeführt. Neben der Fortsetzung von Kontrollmaßnahmen und der Intensivierung der Einbindung anderer Behörden wie Führerscheinstelle, Zoll, Verkehrsüberwachung oder Ausländeramt, sei dies vor allem das Betreiben einer mobilen Wache, zur Erhöhung der Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit der Polizei auf dem Friedrich-Ebert-Platz. Seit kurzem gibt es dort auch eine Videoüberwachung. Im Frühjahr wurde eine Ermittlungsgruppe mit dem Schwerpunkt der Bekämpfung der Clankriminalität im Stadtgebiet Peine eingerichtet. Ab Oktober wird zudem die für Peine zuständige Staatsanwaltschaft Hildesheim zu einer von niedersachsenweit vier Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen.
Clanstrukturen durch Zuzug begünstigt?
Doch warum ist gerade Peine betroffen? "Die Bevölkerung der Kernstadt Peine besteht zu einem hohen Anteil aus Personen mit Migrationshintergrund, was durch eine von der Stadt Peine durchgeführte Bevölkerungsanalyse verdeutlicht wird. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein sukzessiver Zu- beziehungsweise Nachzug von Familienangehörigen von einzelnen Großfamilien das Entstehen von Clanstrukturen begünstigt hat", so das Innenministerium. Die polizeilich in Erscheinung getretenen Clanmitglieder besäßen überwiegend eine türkische oder libanesische Staatsangehörigkeit beziehungsweise eine doppelte Staatsangehörigkeit in den Kombinationen deutsch-türkisch oder deutsch-libanesisch.
mehr News aus Peine