Peine. Inzwischen haben die schlimmen Nachrichten aus der Welt mit Mord und Totschlag auch die Stadt und den Kreis erreicht, ein heimtückischer Mord an zwei Frauen aus Peine schockierte ganz Deutschland. Im Gespräch mit uns gab Gerhard Welge, Außenstellenleiter des WEISSEN RING in Peine, Antworten darauf, wie es für Opfer solcher Tragödien weiter gehen kann.
Von einer Sekunde auf die nächste gerät die Welt aus den Fugen
Nach der ersten Verarbeitung dieser schrecklichen Situation muss gleich wieder an die Zukunft gedacht werden, an die Familie, den Beruf, die Ausbildung und vieles mehr und es ist die Frage, welche Hilfen können Opfer einer solchen Tragödie erwarten? Welche Hilfen gibt es? Wer hilft? Wo kann man Hilfe bekommen?
regionalHeute.de im Gespräch mit Gerhard Welge:
Menschen, die unverschuldet in derartige Situationen gekommen sind, haben in den ersten Tagen und Wochen alles andere im Sinn, sie müssen für sich und die Angehörigen einen neuen Sinn und neue Ziele finden, müssen den Alltag organisieren, müssen die notwendigen ersten Schritte beispielsweise für die Beisetzung des Opfers organisieren. Welche Aufgaben kann in dieser Situation der WEISSE RING übernehmen?
Im Sinne unserer Lotsenfunktion können die Mitarbeiter des WEISSEN RING schon erste Hilfen in Form von Hinweisen geben. Sie sind in dieser Phase in erster Linie Ansprechpartner und nehmen sich viel Zeit für die in dieser Zeit wichtigen Gespräche. Aus dem Umfang möglicher Hilfen unseres Vereins können dann die ersten konkreten Hilfsmaßnahmen angestoßen werden.
Wie sehen denn die Hilfen aus?
Die Soforthilfe, eine finanzielle Leistung aus dem Spendenvolumen des WEISSEN RING, kann die erste finanzielle Hilfe darstellen, um in finanziellen Fragen kurzfristig agieren zu können. Es folgen, je nach Bedarf, Beratungsschecks für einen Rechtsanwalt freier Wahl, um die Opfer der Straftaten in allen rechtlichen Fragen zu begleiten. Psychotherapeutische Beratungsschecks für die ersten therapeutischen Gespräche und Schecks für eine mögliche gerichtsmedizinische Beweissicherung gehören ebenfalls zum Hilfsangebot.
Werden diese Hilfsangebote ohne Bedingungen vergeben?
Wir arbeiten mit Spenden aus der Bevölkerung und sind natürlich gehalten, diese Spenden sorgsam einzusetzen. Das heißt, es gibt natürlich ein Regelwerk, an das wir uns bei der Zusage von Hilfen zu halten haben.
Gibt es denn noch weitere Möglichkeiten, Opfern in dieser Lage zu helfen?
Nach und nach stellt sich bei der Betreuung dann heraus, welcher Hilfebedarf noch existiert, und so können die Mitarbeiter in der Zentrale weitere finanzielle Hilfen für das Opfer beantragen. Es gibt auch bei uns in den schweren Fällen Einzelfallentscheidungen, die mit dem Bundesvorstand abgestimmt werden müssen, die dann vielleicht den normalen Rahmen des Regelwerks sprengen.
Wo können sich Menschen in dieser Extremsituation noch Hilfe holen?
Über unsere Hilfen hinaus gibt es aber auch gesetzlich verankerte Unterstützung für Opfer von Gewaltverbrechen, wobei unter Opfer natürlich nicht nur die Getroffenen selbst, sondern auch die Betroffenen zu verstehen sind. An erster Stelle ist hierbei das OEG (Opferentschädigungsgesetz) zu nennen, nachdem die Opfer Anspruch auf die verschiedensten Hilfen haben. Diese Leistungen, zu beantragen beim Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, umfassen finanzielle Zuwendungen, Renten, medizinische und psychologische Leistungen bis hin zu Waisen- beziehungsweise Halbwaisenrenten und Bestattungsgeldern.
Nun wird der Anschlag zwar noch untersucht, aber manche Medien sprechen schon von einem Terroranschlag. Wie sieht es denn dann mit Hilfen aus?
In Fällen, von denen Peine in den letzten Tagen erfahren musste, wo ein möglicherweise terroristischer Hintergrund bestehen könnte, dieses muss allerdings durch staatsanwaltliche Ermittlungen belegt und entschieden worden sein, können zusätzlich Härtefallleistungen des Staates in Gang gesetzt werden. Auch diese Leistungen sind zu beantragen, sobald die Ermittlungen den terroristischen Angriff bestätigt haben. Erst wenn der Generalbundesanwalt entschieden hat, ob ein terroristischer Hintergrund vorliegt, kann ein Antrag eingereicht werden.
Wie sieht es mit unseren normalen Leistungsträgern aus?
Selbstverständlich werden in der gesamten Zeit auch die sozialen Einrichtungen unseres Staates, das heißt die Krankenkassen, die Rentenversicherung, beispielsweise Fragen der Witwen- und Waisenrenten, die Sozialversicherungsträger et cetera ihre Leistungen den Opfern zur Verfügung stellen. Nicht zu vergessen die Leistungen aus Versicherungen, beispielsweise Unfallversicherungen oder mit Kreditkartenverträgen und -zahlungen verbundene Versicherungen.
Eine Frage zum Abschluss. Ihre Ausführungen über den Verein beziehen sich auf den WEISSEN RING e.V. der Bundesrepublik. Gibt es auch ganz konkrete Projekte, die von Ihrer Aussenstelle angestoßen und umgesetzt werden?
Ja, schön dass Sie danach fragen. Wir haben derzeit Projekte auf zwei Schienen laufen. Einerseits bieten wir Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse an, die wir dank großzügiger Spenden aus Peine finanzieren können. Der nächste Kurs ist für den 30. September um 11 Uhr vorgesehen. Zusätzlich werden in drei Schulen in Stadt und Kreis ebenfalls solche Kurse für jeweils einen ganzen Schülerjahrgang angeboten, die wir zum größten Teil ebenfalls aus den Spenden finanzieren können. Diese Arbeit ist nur möglich, weil wir gezielt Spenden für die Arbeit in Peine, in unserer Aussenstelle einwerben. Das Benefizkonzert des Peiner Stadtorchesters am 26. August um 19 Uhr in der Aula des Gymnasiums am Silberkamp ist für uns hoffentlich wieder eine großartige Spendenquelle, um weiteren Schulen solche Kurse anbieten zu können.
Das Benifizkonzert soll dem WEISSEN RING dabei helfen, helfen zu können. ">
Das Benifizkonzert soll dem WEISSEN RING dabei helfen, helfen zu können. Foto: WEISSER RING
Das Benifizkonzert soll dem WEISSEN RING dabei helfen, helfen zu können. Foto: WEISSER RING
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