Peine. Lange hat die Verwaltung des Landkreises versucht die Politik nicht mit einbeziehen zu müssen, doch möchte sie das Risiko nicht länger alleine tragen. Deshalb stand die neue Straßenbaurichtlinie RPS nun auf der Tagesordnung des Ausschusses für Bauen und Liegenschaften.
Die Forschungsgesellschaft für Straßenbau und Verkehr hat im Jahr 2009 die „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009)“ herausgegeben. Mit ihr soll eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse erreicht werden. Die RPS legt insbesondere die Kriterien für Maßnahmen, zum Beispieldurch den Einbau von Schutzplanken, fest. Laut Richtlinie sind diesezum Schutz vor einem Aufprall auf seitliche Hindernisse zwingend erforderlich.
Die RPSfür Neu- und Ausbaumaßnahmen von Straßen, bei denen die Fahrbahn eine Veränderung der Breite und/oder der Lage erfährt. Bei Unterhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen ist ihre Anwendung nicht vorgesehen. Bestehende Straßen haben, sofern keine Unfallauffälligkeiten vorliegen, Bestandsschutz und müssen nicht nachgerüstet werden.
Vermeidung von Baumunfällen
Durch Fahrzeugrückhaltesysteme sollenFahrzeuginsassen geschützt werden, wenn das Auto von der Straße abkommt. Besonders die hohe Anzahl an Baumunfällen soll so künftig verringert werden.
Diese Problematik ist insbesondere in Niedersachsen von Bedeutung. So nimmt das Bundesland nach einer Studie des ACE mit 95 Baumunfällen auf 1.000Kilometer Landstraßen bundesweit den traurigen Spitzenplatz ein. Über 40 Prozentdieser Verkehrsopfer kamen bei so genannten Baumunfällen ums Leben.
Genaue Maßgaben
Aus der Richtlinie geht auch hervor, bei welchem seitlichen Abstand von Hindernissen, in Abhängigkeit von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, keine Schutzeinrichtung erforderlich wird. Dieses ist der Fall, wenn bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 bis 100 km/h ein Bereich von 7,5 Metern und bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 bis70 km/h ein Abstand von 4,5 Metern von Hindernissen freigehalten wird. Als Hindernisse gelten insbesondere auch Bäumemit einem Stammumfang von über 25Zentimeter (Durchschnitt: 8 Zentimer).
Verbindlichkeit
Dabei findet die RPS beim Pflanzen von Einzelbäumen zum Lückenschluss in Alleen oder als Ersatzpflanzung keine Anwendung. Die RPS wurden zunächst vom Bund, am 7.Februar 2011 auch vom Land Niedersachsen für Bundes- und
Landesstraßen verbindlich eingeführt.
Die RPS stellen als Richtlinie den Stand der Technik dar und sind deshalb auch von den Landkreisen zu beachten.Im Umgang mit dieser Richtlinie liegen in Verbindung mit Straßenbäumen jedoch bisher keine oder kaum entsprechende Erfahrungen vor. Im Bereich der Geschäftsstelle der Straßenbauverwaltung Wolfenbüttel wurden an Landes- und Bundesstraßen bislang keine Ausbaumaßnahmen durchgeführt, welche die Kriterien zur Anbringung von Schutzplanken erfordern.
Für den Landkreis Peine ist nun als erste Maßnahme die Kreisstraße 71 zwischen Meerdorf und Woltorf mit Schutzplanken auszustatten. Weitere Maßnahmen werden folgen. Das Gebot zum Erhalt vorhandener vitaler, nicht überalterter Alleen- und Baumreihen soll künftig auch bei Anwendung der RPS gelten.
Hohe Kosten
Durch das beidseitige Anbringen von Schutzplanken würdenKosten in Höhe von bis zu 240.000 Euro pro KilometerKreisstraße entstehen . Die Gesamtbaukosten erhöhen sich dadurch in der Regel um über als 25 Prozent. An den nicht zu den oben genanntenStrecken mit schützenswerten Alleen und Baumreihen gehörenden Kreisstraßen an denen potentiell bei Ausbaumaßnahmen die Anwendung der RPS und die Installation von Schutzplanken zu erwarten ist, werden deshalb abgängige Bäume nicht ersetzt.
Entscheidung vertagt
Das Thema RPS wurde im Ausschuss für Bauen und Liegenschaften eingehend diskutiert. Alle beteiligten waren sich einig, dass der Schutz der Menschen wünschenswert ist. Allerdings stehen auch die erheblichen Kosten auf der anderen Seite. Während sich insbesondere Rosemarie Waldeck (Grüne) auch für den Schutz der Radfahrer und den Ausbau der Radwege stark machte, kam der Ausschuss letztlich überein, dass noch wichtige Informationen fehlen würden.
Die Verwaltung wurde gebeten eine genaue Kostenberechnung anzustellen, und den notwendigen Zeitbedarf zu ermitteln. Auch juristisch sollte geklärt werden inwiefern sich die neuen Richtlinien auch auf die Kreisstraßen erstrecken. Gerade die Verwaltung befürchtete potentielle Schadensersatzklagen, sollte man sich der Verordnung, die als besonders dringlich eingestuft wurde, nicht beugen. Die Ergebnisse der Verwaltung will der Ausschuss dann als Grundlage mit in die weitere Beratung nehmen.
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