Peine. Am Sonntagnachmittag fegte ein Unwetter über die Region. Lokal kam es zu erheblichen Niederschlägen und Hagelfall. Gegen 16 Uhr war ein spektakuläres Wetterphänomen zu beobachten: am oberen Wolkenband kam es zu einer sogenannten Funnelformierung, einem rotierender Rüssel, wie bei einem Tornado.
Die Gewitterwolken hatten einen kleinen Tornadorüssel gebildelt. DessenRotation war mit bloßem Auge deutlich erkennbar. Auch wenn es zu keinem Bodenkontakt kam, zog diese Erscheinungdie Blicke der Menschen auf sich. Viele Augenzeugen berichteten von ihren Sichtungen.Die Gewittertzelle brachte in der Region zudem extremen Hagel mit sich, Augenzeugenvideos zeigen die Heftigkeit des Unwetters.
Die aktuelle Wetterlage bringt eine hohe Tornadogefahr mit sich. Im gesamten Bundesgebiet gab es Beobachtungen solcher Funnel.
Aktualisiert (14 Uhr):
Deutsche Wetterdienst bestätigtPhänomen
Auf Anfrage von regionalHeute.de bestätigte der Deutsche Wetterdienst (DWD) nun die Sichtungen. "uns liegen ebenfalls Augenzeugenberichte und eindeutiges Bildmaterial aus Peine vor", so der Meteorologe Adrian Leyser (DWD).
Es handelte sich demnach tatsächlich um eine „funnel cloud“, also eine Trichterwolke. Eine solche Trichterwolke entstehe im Bereich einer kleinräumigen, rotierenden Luftsäule unmittelbar unter der Wolkenbasis.
Unter einem Tornado verstehe man eine schmale, rotierende Luftsäule, die von der Wolkenbasis bis zum Erdboden reicht. In vielen Fällen sei der Tornado durch eine vollständig von der Wolkenbasis bis zum Erdboden "auskondensierte" Trichterwolke erkennbar. Es gebe aber auch Beispiele, wo dies nicht der Fall ist, keine Kondensation im Bereich der rotierenden Luftsäule stattfindet und diese dadurch in Teilen „unsichtbar“ bleibt. Demnach könneeine nicht bis zum Erdboden reichende Trichterwolke trotzdem in Verbindung mit einem Tornado stehen.
"Wenn die Trichterwolke also nicht bis zum Erdboden reicht und das Bildmaterial keinen Aufschluss darüber gibt, ob zumindest die Rotation bis zum Erdboden reichte, dann müssen etwaige Schäden vor Ort begutachtet werden. Denn Tornados rufen ein ganz charakteristisches Schadenbild hervor."
"Es lässt sich hier vom Büro der Wetterdienstzentrale aus aufgrund des fehlenden, eindeutigen Bildmaterials nicht mit Sicherheit beurteilen, ob es sich um einen Tornado handelte oder nur um eine Trichterwolke."
Typischerweisewürden sich Tornados im Bereich einer sehr starken, hochreichenden Gewitterzelle, einer sogenannten Superzelle bilden. Als Brutstätte fungiere dabei der rotierenden Aufwind der Zelle, die sogenannte Mesozyklone. Diese Form der Tornados - mesozyklonale oder Typ-I-Tornados genannt - könnten eine zerstörerische Kraft entfalten.
Keine Superzellen, aber Tornados
Zurzeit herrsche zwareine Wetterlage, die die Bildung von Superzellen nicht begünstigen würde – trotzdem würde Tornados auftreten. Der Grund seienzum einen sehr geringe Luftdruckgegensätze, also schwache Winde, und zum anderen sehr kalte Luft in hohen Luftschichten. Diese "höhenkalte Luft" sorge für eine labil geschichtete Atmosphäre (rasche Abnahme der Lufttemperatur mit der Höhe), in der die Entwicklung von Schauern begünstigt wird. Wirbel in Bodennähe würden durch rasch aufsteigende Luft unterhalb der Schauerwolke nach oben "gezogen" und gestreckt. Schwache Winde sorgten dafür, dass die entstehende sehr schmale rotierende Luftsäule nicht "zerrissen" wird. Wenn die Rotation schließlich von Erdboden bis zur Wolkenbasis reichtsprechen die Experten von einem nicht-mesozyklonalen, TYP-II-Tornado.
Die Rotationsgeschwindigkeiten dieser TYP-II-Tornados seiin der Regel deutlich geringer als die der Typ-I-Tornados. Dadurch entfalteten sie nicht diese zerstörerische Kraft, könnten aber durchaus mit schweren Sturmböen einhergehen und entsprechende Schäden hervorrufen.
"Auch heute sind übrigens wieder Typ-II-Tornados möglich," schloss der Meteorologe seinen Bericht.
mehr News aus Peine