Polizei unter Druck: Unfaire und belastende Arbeitsbedingungen

Die Polizeigewerkschaft äußert sich zur belastenden Situation in der Region Braunschweig.

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Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Anfang November hatte sich die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Niedersachsen an die Öffentlichkeit gerichtet. Sie beklagte den hohen Druck, unter dem die Polizeibeamten aktuell stehen würden. Zu wenig Personal und immer mehr komplexe Aufgabenfelder sorgten für eine angespannte Lage. Etliche Stimmen aus den Direktionsverbänden der Polizei in Niedersachsen bestätigten die Situation. Es war sogar die Rede davon, dass einzelne Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang umgesetzt werden könnten. regionalHeute.de wollte wissen, wie genau es hier in der Region aussieht und fragte nach.



Zunächst antwortete die Polizeidirektion Braunschweig. Sie wurde mit den Aussagen der Direktionsverbände konfrontiert, auch aus Braunschweig. Die Antwort fiel relativ knapp aus. So wurden die Neuzugänge der Jahre auf 2021 und 2022 mit 500 beziffert. Dies reiche aus, um den Bedarf zu decken - personelle Veränderungen würden durch Umverteilung aufgefangen werden. Auch gab es Entwarnung, so sei ein Risiko für die Sicherheit der Bürger in der Region Braunschweig auszuschließen. "Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung ist jederzeit gewährleistet", teilte die Polizeidirektion mit.

Die Polizeigewerkschaft sieht dennoch Probleme


Nach diesen doch recht unterschiedlichen Aussagen hakte regionalHeute.de bei der Polizeigewerkschaft für die Region Braunschweig noch mal genauer nach. Wer hat denn nun eigentlich recht und wo gibt es eventuell doch Probleme?

Frank Seidel, Direktionsverbandsvorsitzender der DPolG Braunschweig, bestätigte zunächst die Einschätzung der Direktion: Natürlich sei die Polizei arbeits- und handlungsfähig und bliebe dies auch. Dies würde aber wesentlich an der "Kompetenz und Qualität der Kolleginnen und Kollegen sowie ihrem Engagement für die Bürgerinnen und Bürger" liegen, da die Beamten stets mehr als 100 Prozent Einsatz zeigen würden.

Dunkelfelder generell zu erhellen sei Aufgabe der Polizei. Wolle man polizeiliche Effizienz und Reaktionsfähigkeit optimieren, bedürfe es aber mehr Personal. Kämen zur alltäglichen Einsatzlage aber arbeitsintensive Aufgaben hinzu wie beispielsweise das Aufbrechen krimineller organisierter Strukturen, dann werde es eng. Dies führe dazu, dass die Mittel für die erforderliche Arbeit nicht mehr ausreichen. Reine Mehreinstellungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren reichten da nicht aus. Zudem seien die Pensionszahlen immens. Damit würde man Qualität und Quantität gleichermaßen verlieren.


Zu viele Aufgaben für die Polizei


Die Polizeigewerkschaft spricht sich dafür aus, dass eine konsequente Aufgabenkritik notwendig sei, um zu klären, was von der Polizei geleistet werden soll und was Priorität hat. Es müsse eine neue Definition des Aufgabenkataloges geben, nicht originäre Tätigkeiten müssten gestrichen werden. Ein Feld sei hier beispielsweise die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, die auch Stadt, Region und Landkreis übernehmen könnten. Diese müssten bislang aber zur Refinanzierung in Teilen bei der Polizei verbleiben.

"Wir plädieren für zweierlei Aspekte: Zum einen, dass endlich ernst- und wahrgenommen wird, dass die Kolleginnen und Kollegen diesen hausgemachten Personalmangel jeden Tag am eigenen Leib spüren und zum anderen, dass anerkannt wird, dass die Polizei nicht immer alles überall leisten kann und muss. Der Fokus muss auf Kriminalität liegen, wie zum Beispiel bei personalbindenden Bereichen wie Kinderpornografie (KiPo), Cybercrime und Co.; hingegen müssen sachfremde Tätigkeiten wie ruhestörender Lärm dann auch durch Kommunen und Städte wahrgenommen werden, damit Polizei diesbezüglich entlastet wird."

Fehlende Anreize


Nicht nur in der Region Braunschweig, sondern auch in anderen Direktionen fehlten vor allem Experten neben dem normalen Vollzugspersonal. Es bedürfe der Einsicht, dass gute Kandidaten auch nur dann zur Polizei kommen, wenn die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen stimmen. Allein die sinnstiftende Tätigkeit überzeuge zunehmend weniger. Zudem müsse auch die Polizei anerkennen, dass sich Führungstätigkeiten lohnen müssen. Im Bereich des mittleren Managements wanderten qualifizierte und erfahrene Kräfte in die Wirtschaft, zur Bundespolizei oder Bundeswehr oder in die Gemeinden ab. Fachkräfte seien also nicht nur Mangelware, sondern schwemmten so auch aus der Behörde aus. Dem müsse deutlich entgegengewirkt werden.

Es kranke bei Ausstattung, Alimentation und Liegenschaften, dies führe bei den Beamten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sei schlicht unfair. Als konstruktiv-kritischer Begleiter sei es also Aufgabe der DPolG, Missstände anzumahnen, Probleme aufzuzeigen und gleichsam Lösungsansätze vorzubringen, damit die Bedingungen für die Beamten sowie die Arbeit für die Bürger verbessert werden können. "Augen zu und durch" sei der falsche Weg. Vielmehr sollte man es halten, wie bei einem anderen bewährten Mittel der Polizei: "Augen auf im Straßenverkehr".


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