Polizist in der Psychiatrie: Raser kommen billig davon


Den Angeklagten konnte nicht nachgewiesen werden, ein illegales Rennen gefahren zu sein. Symbolfoto: pixabay
Den Angeklagten konnte nicht nachgewiesen werden, ein illegales Rennen gefahren zu sein. Symbolfoto: pixabay | Foto: pixabay

Braunschweig. Der dunkelgraue Audi A4 S4 wartete an der Ampel Güldenstraße/Südstraße in der rechten Spur auf seinen Gegner. Das weiße A5 Cabrio rollte langsam auf der linken Spur an die Ampel heran. Als sie auf „Grün“ umsprang, traten beide Fahrer die Gaspedale durch...


VonKlaus Knodt

So stellte sich nach Aktenlage der Staatsanwaltschaft ein illegales Straßenrennen in der Nacht des 26. Mai letzten Jahres auf der Güldenstraße dar. Ein Braunschweiger (22) und ein 23-Jähriger aus Wolfenbüttel sind deswegen vor dem Amtsgericht Braunschweig angeklagt. Der Cabrio-Fahrer (korrekt gescheitelt, weißes Hemd, grüner Pullover, weiße Sneakers: sein A5 war nur ein Leihwagen) und der S4-Pilot (bullig, graues Sweatshirt, Kurzhaar, zerrissene Jeans) seien vor der Braunschweiger Club-Meile „ein paar Meter sehr langsam gefahren“, um „vor sich freie Fahrt zu haben“, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Als beide starteten, sei eine Funkstreife auf die Situation aufmerksam geworden und habe sich dran geklemmt. Mit Blaulicht, Martinshorn und über 100 Sachen. Am Radeklint habe man die Raser gestellt.

„Schönen Nachhauseweg“ gewünscht


„Die Geschwindigkeit ist viel zu hoch geschätzt. Ich hatte so um die 50 km/h drauf. Weil die Straße frei war und ich schnell nach Hause wollte, vielleicht ganz kurz mal 60 oder knapp darüber“, behauptete dagegen der eine Audi-Fahrer vor Gericht. Der andere sagte: „Ich hab' den anderen Wagen gar nicht beachtet. Wir sind kein Rennen gefahren. Ich bin höchstens 70 gefahren.“ Nachdem er am Radeklint gestoppt wurde und seine Papiere gezeigt habe, hätten ihm die Polizisten sogar noch freundlich einen „schönen Nachhauseweg“ gewünscht.

Richter: Haben die Reifen gequietscht?


Beide Autofahrer hatten Kumpels als Beifahrer im Wagen, die der Reihe nach vernommen wurden und die Aussagen bestätigten. „Als Sie an der Ampel losfuhren, war das ein Kavalierstart? Also, haben die Reifen gequietscht?“, wollte Strafrichter Jürgen Langkopf von einem der Beifahrer wissen. Doch der schüttelte nur den Kopf: „Nö.“

So setzte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft ihre Hoffnung auf die Aussage der beiden Streifenpolizisten, die die Audis stoppten. Blöd nur: Der Beifahrer (30) konnte sich nur daran erinnern, dass die beiden Audis „erst langsam fuhren und sich dann deutlich schneller entfernt haben“. Auf den Tacho habe er nicht geguckt. Ob sie über rote Ampeln rasten, habe er nicht gesehen. „Und warum haben Sie dann Blaulicht und Martinshorn angemacht?“, fragte der Richter. Der Beamte: „Also, das war ich nicht. Das hat der Kollege am Steuer gemacht. Ist eigentlich nicht sein Job. Aber er macht das gerne.“

Hauptzeuge in der Psychiatrie


Den Fahrer des Streifenwagens als Hauptzeugen konnte der Richter nicht vernehmen. Der Polizeihauptkommissar ist seit Januar im Psychiatriezentrum Königslutter in stationärer Behandlung. Nach einem kurzen Rechtsgespräch mit allen Beteiligten stellte Richter Langkopf die Verfahren mit Geldauflagen von jeweils 300 Euro gegen die Angeklagten ein, auch weil die Aktenlage der Polizei „recht übersichtlich“ sei. Die Audi-Fahrer waren sofort einverstanden, denn ihre Führerscheine können sie jetzt behalten.


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