Berlin. Die Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), hat den Bundesratsbeschluss zum besseren Schutz queerer Menschen durch eine Grundgesetzänderung begrüßt. "Heute hat der Bundesrat den Weg für eine ernsthafte Debatte über den verfassungsrechtlichen Schutz queerer Menschen geebnet", sagte Koch der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe).
"Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar, insbesondere den unionsgeführten Bundesländern Berlin, Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen, die diese Initiative gestartet haben", sagte die Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. "Die breite Zustimmung über Parteigrenzen hinweg verdeutlicht den Willen, sich ernsthaft mit einer Ergänzung in Artikel 3 des Grundgesetzes auseinanderzusetzen. Jetzt kann sich endlich auch der Bundestag ernsthaft mit dieser Frage befassen", sagte Koch.
"Unser Grundgesetz hat queere Menschen in der Vergangenheit leider nicht vor Kriminalisierung schützen können, der Paragraph 175 Strafgesetzbuch galt noch bis in die neunziger Jahre. Es wird also Zeit, dass auch diese im Nationalsozialismus verfolgte Gruppe endlich unter den expliziten Schutz des Grundgesetzes gestellt wird", sagte die SPD-Politikerin.
Durch den Paragraphen 175 wurden zehntausende Männer während des Nationalsozialismus für homosexuelle Handlungen polizeilich erfasst und mit Gefängnis- und Zuchthausstrafen belegt. Ein Teil von ihnen wurde in Konzentrationslager gesteckt und ermordet. Der 1935 verschärfte Paragraph galt in Westdeutschland unverändert bis 1969, anschließend wurde das Gesetz bis 1994 auf bestimmte Bereiche beschränkt. In der DDR wurde die Vorschirft nur zwischen 1957 und 1968 in abgemildeter Form angewendet.
Im Diskriminierungsverbot in Artikel 3 des Grundgesetzes werden mehrere Opfergruppen des Nationalsozialsmus geschützt. Koch will sich nun für den verstärkten Diskriminierungsschutz queerer Menschen einsetzen. "Stimmungen in der Gesellschaft, Mehrheiten in Parlamenten und ja, auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können sich ändern", argumentierte sie.
"Der Wortlaut des Grundgesetzes hingegen kann sich nur mit dem größtmöglichen Konsens ändern. Nur das Grundgesetz selbst bietet der queeren Menschen dauerhaften Schutz. Ich werde mich deshalb in den nächsten Wochen und Monaten parteiübergreifend dafür einsetzen, dass es diesen Konsens zum Schutz am Ende der Debatte gibt", kündigte sie an.
Für eine Änderung des Grundgesetzes wäre eine Zweidrittelmehrheit auch im Bundestag nötig. Der Bundesrat hat die Ergänzung des Artikel 3 am Freitag mit Zweidrittelmehrheit beschlossen.
Queerbeauftragte lobt Initiative zum Schutz von LGBTQ im Grundgesetz
Die Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), hat den Bundesratsbeschluss zum besseren Schutz queerer Menschen durch eine Grundgesetzänderung begrüßt.
Parade zum Christopher-Street-Day (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur