Goslar. Mehrere Städte im Landkreis Goslar wurden Ende 2020 als sogenannte Radon-Vorsorgegebiete ausgewiesen. Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) geht in diesen Gebieten davon aus, dass die Belastung mit dem radioaktiven Gas Radon im Jahresmittel in einer "beträchtlichen Anzahl von Gebäuden" die gesetzlichen Grenzwerte für Strahlung überschreitet. Das geht aus einer Pressemitteilung des NLWKN hervor. Das Einatmen von Radon gilt nach dem Rauchen als häufigste Ursache für Lungenkrebs. Goslar ist in Niedersachsen besonders betroffen. Aber auch in Teilen von Salzgitter und dem Landkreis Wolfenbüttel sind die Werte erhöht.
Im Harz gehören zum Radon-Vorsorgegebiet Braunlage, Clausthal-Zellerfeld, Langelsheim und die Stadt Goslar. In als Radon-Vorsorgegebieten ausgewiesenen Gemeinden gelten nach der Strahlenschutzverordnung besondere Anforderung an den Schutz vor Radon am Arbeitsplatz und bei der Errichtung von Neubauten. In Teilen von Salzgitter und dem Landkreis Wolfenbüttel herrschen erhöhte Werte. Im Landkreis Goslar, insbesondere in der Stadt Goslar, liege der Mittelwert der Radonbelastung fast dreimal so hoch wie im Vergleich mit den Städten Hannover und Braunschweig. Beinahe jedes dritte Fachwerk- oder Holzhaus wies eine Referenzwertüberschreitung auf.
Bei Radon handelt es sich um ein unsichtbares und geruchloses Gas. Bei seinem radioaktiven Zerfall wird Alpha-Strahlung freigesetzt, welche für den Menschen insofern ungefährlich ist, als dass sie nur sehr schwach ist und so zum Beispiel nicht durch die Haut in den Körper eindringen kann. Anders verhält es sich jedoch, wenn radonhaltige Luft eingeatmet wird. Dann kann die Alphastrahlung im Körper erhebliche Zellschäden verursachen. "Die Gefahr geht hierbei weniger vom Radon selbst aus, das nach dem Einatmen bestenfalls sofort wieder ausgeatmet wird, sondern von dessen Zerfallsprodukten, die in der Luft hauptsächlich an Aerosolpartikeln wie Staub oder Zigarettenrauch angelagert vorkommen", informiert der NLWKN auf seiner Website. Diese Zerfallsprodukte - Polonium, Blei und Bismut - können sich so gebunden in den Atemwegen ablagern und dort bis zum vollständigen Zerfall der radioaktiven Isotope verbleiben. Die dadurch verursachte Schädigung des Lungengewebes kann ursächlich für die Entstehung von Lungenkrebs sein. Besonders betroffen seien davon laut dem NLWKN Raucher, deren Ausgangsrisiko ohnehin bereits 25 Mal höher liege als das eines lebenslangen Nichtrauchers.
Keine untere Grenze der Schädlichkeit
Nachdem Radon aus der Erdoberfläche ausgetreten ist, kann Radon durch undichte Kellerböden und -wände in Gebäude eindringen. Das betrifft neben Rissen im Mauerwerk auch Kabel- und Rohrdurchführungen. Einmal ins Gebäude gelangt, kann sich Radon in allen Räumen verteilen und anreichern. Es existiert zwar ein Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter für geschlossene Räume, dieser sei jedoch nicht als Grenzwert zu sehen. Da es bei Radonbelastung keine untere Grenze der Schädlichkeit gebe - Das Krebsrisiko steigt also auch bei geringerer Konzentration - seien Schutzmaßnahmen auch unterhalb dieses Wertes sinnvoll. Der empfohlene Referenzwert für Radonbelastung liegt mit 100 Becqerel pro Kubikmeter dreimal niedriger als der deutsche Wert.
Arbeitgeber zur Messung verpflichtet
Die Radon-Richtlinien für Arbeitsplätze beziehen sich nicht nur auf untertägige Bergwerke oder Radonheilbäder, sondern auch auf Arbeitsplätze im Keller- oder Erdgeschoss von Gebäuden, die sich innerhalb eines ausgewiesenen Vorsorgegebietes befinden. Das Strahlenschutzgesetz sieht daher vor, dass an bestimmten Arbeitsplätzen Radon gemessen werden muss. Wird dort der Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter überschritten, muss die Radonkonzentration gesenkt werden. Das kann je nach Konzentration durch häufigeres Lüften, den Einbau einer Belüftungsanlage oder auch durch invasive Maßnahmen wie eine Sanierung der Kontaktstellen mit dem Erdreich - also Wände und Böden - geschehen. Wenn die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, muss der Arbeitsplatz bei der zuständigen Behörde angemeldet werden und unterliegt den Regelungen des beruflichen Strahlenschutzes.
Wie kann Radon zu Hause gemessen werden?
Auch zu Hause lassen sich Radonmessungen in Auftrag geben, um das individuelle Risiko abzuschätzen. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat hierfür eine Liste von Anbietern erstellt. Eine Messung mit Auswertung kostet je nach Anbieter zwischen 30 und 50 Euro. Der NLWKN bietet außerdem derzeit eine kostenlose Messung an - lediglich die Kosten der Rücksendung der Exposimeter müssen getragen werden. Eine Anmeldung kann hier noch bis zum 17. Januar erfolgen.
Als besonders gefährdet gelten Gebäude, die vor 1960 errichtet wurden und keine moderne Feuchteisolation besitzen. Ein effektiver Schutz vor eindringender Feuchtigkeit aus dem Erdreich funktioniert in der Regel auch gut gegen Radon. Weitere "Risikogebäude" sind jene, die keine durchgehende Bodenplatte aus Beton aufweisen oder offensichtliche Eintrittswege für Bodenluft haben, also Spalten, Risse, Natursteingewölbe, nicht abgedichtete Leitungsdurchführungen oder ähnliches.
Tipps für die eigenen vier Wände
Um die Radongefahr in den eigenen vier Wänden zu reduzieren, müsse regelmäßig und intensiv gelüftet werden. Undichte Stellen, durch die Radon eindringen kann, sollten identifiziert und abgedichtet werden. Bei höheren Konzentrationen empfiehlt sich der Einbau einer Lüftungsanlage. Weitere Maßnahmen hat das Bundesamt für Strahlenschutz auf seiner Website aufgeführt. Bei Neubauten müssen neben den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik zum Feuchteschutz je nach zu erwartender Konzentration weitere Maßnahmen wie Radonschutzfolien eingebaut werden.
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