Braunschweig/Wolfsburg. Eine zusammenfassende Darstellung der wirtschaftlichen Lage und Perspektiven des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg einschließlich der wesentlichen Inhalte des Gutachtens zur Flughafen Braunschweig-Wolfsburg-GmbH, welche der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden können, liegen jetzt in einer öffentlichen Mitteilung an die Ratsgremien der Gesellschafterinnen der Flughafen GmbH vor. Darüber informieren die beiden Städte in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Die Darstellungdiene entsprechend dem Auftrag des Braunschweiger Rates als Grundlage für die weitere Diskussion über die Zukunft der Flughafen GmbH. Vertreter der beiden Hauptgesellschafterinnen, Braunschweigs Erster Stadtrat Christian Geiger und Wolfsburgs Erster Stadtrat Werner Borcherding, stellten die wichtigsten Aussagen zur Situation des Flughafens und die daraus von den Gesellschafterinnen gezogenen Konsequenzen am heutigen Montag in einem Pressegespräch vor, gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg-GmbH, Michael Schwarz.
"Der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg, nach Hannover der zweitgrößte Verkehrsflughafen Niedersachsens, ist eine zentrale Infrastruktureinrichtung von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung für unsere Städte und die Region", hebt Braunschweigs Erster Stadtrat Christian Geiger eingangs hervor. Sein Wolfsburger Kollege Erster Stadtrat Werner Borcherding ergänzt: "Besonders für den international ausgerichteten und vernetzten Weltkonzern Volkswagen, aber auch für andere mittelständische Unternehmen der Region stellt er eine unverzichtbare Infrastruktur dar."
Zuschussbedarf lag bei 3,3 Millionen Euro
"Zugleich ist der Flughafen unabdingbarer Anker und Kristallisationspunkt des Forschungs- und Wissenschaftsclusters Forschungsflughafen mit inzwischen rund 3000 hochqualifizierten Arbeitsplätzen in Unternehmen, die zum Teil zu den Weltmarktführern in ihrer Branche gehören", fügt Erster Stadtrat Christian Geiger aus Braunschweiger Sicht hinzu. "Der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg in seiner Doppelfunktion ist also mehr als das, was sich in der Bilanz der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH niederschlägt. Unser Ziel, ihn in dieser Doppelfunktion zu erhalten, können wir aber nur erreichen, wenn wir uns auch um den betrieblichen Nukleus kümmern und das wirtschaftliche Ergebnis der Flughafengesellschaft mittelfristig verbessern. Auch dies ist ein Auftrag des Rates der Stadt Braunschweig, den wir umsetzen." Die Gesellschaft hat seit vielen Jahren einen Zuschussbedarf in strukturell ähnlicher Größenordnung, zum Jahresabschluss 2017 lag er bei rund 3,3 Millionen Euro. Einzelheiten dazu lesen Sie hier.
Auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Rates der Stadt Braunschweig gaben die beiden Hauptgesellschafterinnen daher im Jahr 2016 ein ergebnisoffenes Gutachten in Auftrag, um Möglichkeiten zur Finanzierung von Investitionen und Kostensenkungspotenziale zu ermitteln. Aus rechtlichen Gründenkönne das Gutachten, das in seiner Endfassung seit September 2018 vorliegt, nicht komplett öffentlich vorgestellt werden.
Ergebnisse und Konsequenzen des Gutachtens
Das Gutachten stellte die Analyse der Finanzsituation der Flughafengesellschaft auf eine belastbare Grundlage. Als erster Beitrag zu einer erheblichen Kostenreduzierung wurde noch während der Untersuchung der Brandschutz durch die Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH selbst übernommen. Dies bedeutet eine jährliche Einsparung von rund 0,95 Millionen Euro. Ein bis Jahresende 2018 eingesetzter zusätzlicher Interimsgeschäftsführer optimierte mit Hilfe der Berater und der Ergebnisse der Unternehmensanalyse das Berichtswesen, die Zahlentransparenz und Zahlenbelastbarkeit und führte einen Soll-Ist-Vergleich ein. Die betriebswirtschaftliche Steuerung konnte wesentlich verbessert werden. Außerdem wurde intensiv geprüft, ob insbesondere die Zahlung von Betriebsmittelzuschüssen (und ggf. Investitionszuschüssen) EU-beihilferechtskonform dauerhaft möglich ist. Ergebnis: Sie sind auch nach 2024 unter bestimmten Voraussetzungen (Passagierzahlen, Frachtmenge) zulässig, die die Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH zurzeit erfüllt.
Zum Sonderplatz herabgestuft?
Der Gutachter hat darüber hinaus angeregt zu prüfen, ob der jetzige Verkehrsflughafen langfristig zum Sonderlandeplatz für VW-Werksverkehr, Sport- und Forschungsflüge herabgestuft werden soll, um in einer langfristigen Prognose Kosten zu sparen. "Das sehen wir sehr kritisch und werden es nicht als mögliche Perspektive vorschlagen", erklären Geiger und Borcherding unisono und verweisen zudem auf diverse offene Fragen, die nach Aussage der Gutachter selbst noch zu beantworten wären. So wäre zu klären, ob ein Sonderlandeplatz luftverkehrsrechtlich überhaupt unterschiedlichen Sonderzwecken dienen kann (Werks-, Sport- und Forschungsflüge) und ob Fördermittel des Landes zum Ausbau der Start- und Landebahn zurückzuzahlen wären. Die Auswirkungen auf die Mitarbeiterschaft wären in diesem Szenario gravierend und mit hohen Kosten verbunden. Die Gutachter weisen darauf hin, dass nach erster Einschätzung bei einer Rückstufung ein Zusatzaufwand in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages entstehen kann. Schließlich ist fraglich, ob eine Rückstufung wieder aufgehoben werden könnte. Wäre sie irreversibel, könnte sie strategische Entwicklungsperspektiven langfristig blockieren. Geiger und Borcherding bekräftigten nochmals: "Eine Herabstufung des Flughafens ist aus den genannten Gründen für uns keine Option."
Immobilienstrategie soll her
Weiter schlagen die Gutachter vor, eine Immobilienstrategie zu entwickeln, da diverse Flächen für den Flugbetrieb nicht erforderlich sind. "Die Vermarktung und Vermietung von Flächen und Immobilien, die nicht direkt für den Flugverkehr benötigt werden, sind wichtige Aspekte für die Zukunft des Flughafens", sagt der neue Geschäftsführer der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH, Michael Schwarz. "Der Bedarf an Mietflächen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und kann derzeit kaum bedient werden. Hier gibt es ein erhebliches Potenzial, das wir in den kommenden Jahren ausbauen wollen. Ziel ist es, Flächen zu vermarkten, sie bestehenden und sich neu ansiedelnden Unternehmen anzubieten, um den Flughafen als einen der wichtigsten europäischen Standorte für Mobilitätsforschung weiter zu stärken. Es geht um die bestmögliche Ausnutzung von Synergien von Forschen und Fliegen: Indem wir das Profil des Avionik-Clusters Forschungsflughafen schärfen, stärken wir die Flughafen-GmbH. Und nur indem wir auf den Verkehrsflughafen und die Flughafen GmbH setzen, werden wir den Cluster ausbauen und weiter schärfen können."
Guter Standort für „Remote Tower Center"
Ein weiteres Potential zur deutlichen Kostenreduzierung sieht Michael Schwarz in der möglichen Umsetzung der Zukunfts-Technologie "Remote Tower Control". Hierbei wickeln Fluglotsen den An- und Abflug- sowie den Bodenverkehr von Flughäfen mit geringem Verkehrsaufkommen zentral von einem Zentrum ab. Der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg ist ein guter Standort für ein solches "Remote Tower Center", das mittels Video-, Radar- und Kommunikationsübertragung die Aufgaben bereitstellt, die bislang jeweils vom örtlichen Tower geleistet werden. Entsprechende Machbarkeitsstudien befinden sich in Vorbereitung. Die Kosten für den Betrieb des Towers werden so auf mehrere Flughäfen verteilt. Die Braunschweiger Tower-Lotsen wären ein unverzichtbarer Baustein für die Umsetzung dieses zukunftweisende Konzept. Derzeit wird der Lilienthalplatz als Entree des Flughafens neugestaltet, um ein attraktives Umfeld für weitere Neuansiedlungen zu schaffen. 2017 eröffnete das erste Lilienthalhaus; bis zu vier sind geplant. Auch die Flughafen GmbH muss umfangreiche Investitionen durchführen und hat sie in die Planung der nächsten Jahre aufgenommen: Modernisierung des Abfertigungsgebäudes, Neubau einer Feuerwache, Anschaffung lärmarmer Bodenstromaggregate. Damit sollen auch die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert werden. Eine Übersicht über den weiteren Investitions- und Sanierungsstau wird derzeit erarbeitet.
„Auf einem guten Weg"
Das Resümee der beiden Ersten Stadträte von Braunschweig und Wolfsburg: "Nach Ansicht unserer Städte sowie des Aufsichtsrats befinden sich Flughafen wie Forschungsflughafen nunmehr auf einem guten Weg. Eine deutliche und nachhaltige Absenkung des strukturellen Defizits bleibt mittel- und langfristig eine drängende Aufgabe. Die Immobilienstrategie, die der neue Geschäftsführer nunmehr auf den Weg bringt, soll dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Weitere Aspekte können sich aus der angestoßenen Diskussion der Empfehlungen des Gutachtens in den politischen Gremien ergeben
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