Sally Perel: „Ich war Hitlerjunge Salomon“

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Sally Perel, einer der letzten Zeitzeugen der nationalsozialistischen Diktatur war am Mittwochvormittag zu Gast in der Großen Schule. Fotos. Anke Donner | Foto: Anke Donner



Wolfenbüttel. Sally Perel, einer der letzten Zeitzeugen der nationalsozialistischen Diktatur war am Mittwochvormittag zu Gast in der Großen Schule. Dort erzählte der Ehrenschüler der Großen Schule aus seiner Zeit in der Hitlerjugend und las aus seinem Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“.

Salomon „Sally“ Perel, der als jüdischer Junge in eine Nazi-Uniform schlüpfte und so als Jupp Perjell vier Jahre in einem Braunschweiger Internat der Hitlerjugend diente, will dass seine Geschichte nicht ungehört bleibt. „Wir sind lebendige Geschichte. Und nur aus der Geschichte können wir lernen. Wir müssen in der Vergangenheit leben, um in der Gegenwart zu bestehen“, so der 91-jährige Perel, der heute in Israel lebt. Seine Erinnerungen weiterzugeben ist auch ein Weg, das Erlebte zu verarbeiten. Sich der Geschichte zu stellen, die sein Leben prägte. Denn bis heute, so sagt der in Peine geborenen Perel, herrscht in ihm eine Zerrissenheit.

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Sally Perel und Hartmut Frenk, Schulleiter Große Schule. Foto: Anke Donner


Den Hitlerjungen in ihm, konnte er nie vertreiben


Sein wacher Geist, seine lebendige Erzählung und die Zerrissenheit zwischen dem Juden Sally Perel und dem Hilterjungen Jupp Perjell zog die Schüler im Oskar-Sommer-Haus schnell in den Bann. Gespannte Gesichter schauten zu dem Mann empor, der, wie er selber sagt, Zeit seines Lebens zwei Seelen in sich trug. Und er diese eine Seele, die des Hitlerjungen, bis heute nicht vertreiben konnte. Weil er sie auch irgendwie lieben würde, weil sie ein Teil seiner Selbst sei. Seine Erzählungen, besonders vor Schülern, sind angetrieben von dem Wunsch nach Frieden und Erinnerung. Sie sollen Mahnung sein und Zeugen einer Zeit, die von vielen bis heute verleugnet werde, berichtet Perel. Lange hat Sally Perel geschwiegen, nicht über seine Vergangenheit gesprochen. Bis er im Jahr 1992 seine Biografie unter dem Titel „Ich war Hitlerjunge Salomon“ veröffentlichte und seither als Zeitzeuge seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte, die beim Zuhören Gänsehaut verursacht und unweigerlich die Frage aufkommen lässt: „Wie kann ein 16-jähriger Junge vier Jahre seine jüdische Identität verheimlichen, sich unter Nazis mischen und mit dem Massenmord an seinem eigenen Volk leben? „Ich habe nicht freiwillig gehandelt. Das Schicksal hat mich dort hinein geschleudert. Es ging nur ums Überleben. Bei jedem Menschen ist der Drang zu überleben tief verwurzelt“, erklärt Perel. Im Glauben, er könne die Uniform einfach irgendwann wieder ablegen, versteckte er sich unter der Haut des Nazis. Und wachte jeden Tag mit der Angst auf, entdeckt zu werden. Und er hoffte auf das Mitleid der Nazis, wenn er einmal entlarvt werden würde, dachte sich: „Unter den braunen Uniformen müssen doch auch Menschen stecken. Mit Familien - keine Monster. Doch Menschen- und Nächstenliebe haben im nationalsozialistischen Deutschland versagt. Wir wurden zu Menschenhassern erzogen“, sagt er heute. Und junge Menschen wie er, gerade einmal 16 Jahre alt, ließen sich schnell von der Ideologie der Nazis haben überzeugen lassen. Die Nazis hätten sein Gehirn vergiftet. „Ich habe überzeugt ‚es lebe der Sieg‘ geschrieen, während im selben Augenblick das jüdische Volk in Auschwitz vergast wurde“, erzählt er. Und so sehr er sich auch in die Ideologie der Nazis reindenken konnte. Eines habe er nie verstanden und zulassen können - Den Massenmord an seinem eigenen Volk.

"So lange meine Füße mich tragen, werde ich über die Gräueltaten der Nazis berichten“


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Sally Perel ist heute 91 Jahre alt und lebt in Israel. Foto: Anke Donner



Sally Perel, ein Jude, ein Zeitzeuge, ein Vertriebener und Getriebener sagt: „Nach dem Krieg habe ich Auschwitz besucht. Und ich war so tief erschüttert, dass ich mir eines geschworen habe: So lange meine Füße mich tragen, werde ich über die Gräueltaten der Nazis berichten.“ Und er gibt den Schülern der Großen Schule einen Rat mit auf den Weg. Auschwitz sollte jeder Schüler einmal gesehen, erlebt und gefühlt haben. Um Geschichte zu begreifen. Um zu sich darauf zu besinnen, dass das höchste Gut der Frieden ist. „Ich bin seit vielen Jahren in der israelischen, Friedensbewegung aktiv, weil ich die Hoffnung auf einen gerechten Frieden nicht aufgegeben habe. Denn nur ein gerechter Frieden, ist ein dauerhafter Frieden.“

Nach seinem Besuch in der Großen Schule folgen weitere Vorträge in Braunschweig und Seesen. Am Abend wird Sally Perel in Wolfsburg den Sally Perel Preis verleihen.


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