„Start in den Lehrberuf“ - Lehrer auf der Schulbank


Syrische Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte ein Bleiberecht haben, besuchen seit Anfang Juli einen Sprachkurs, in dem sie an drei Tagen in der Woche berufsbezogenes Deutsch lernen. Foto: Stadt Salzgitter
Syrische Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte ein Bleiberecht haben, besuchen seit Anfang Juli einen Sprachkurs, in dem sie an drei Tagen in der Woche berufsbezogenes Deutsch lernen. Foto: Stadt Salzgitter | Foto: Stadt Salzgitter

Salzgitter-Bad. Die Dozentin Astrid Groß unterrichtet gegenwärtig im Kniestedter Herrenhaus 13 Schülerinnen und Schüler. Das Besondere daran ist, dass hier acht Männer und fünf Frauen auf der Schulbank sitzen, die in ihrem Herkunftsland Syrien als Lehrerinnen und Lehrer, Erzieher oder Sozialpädagoge bereits in lehrenden Berufen gearbeitet hatten.


Diese Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte ein Bleiberecht haben, besuchen seit Anfang Juli einen Sprachkurs, in dem sie an drei Tagen in der Woche berufsbezogenes Deutsch lernen. Diese Ausbildung ist das dritte Modul des deutschlandweit einzigartigen Modellprojektes „Start in den Lehrberuf“ der Stadt Salzgitter mit dem Jobcenter. Es begann im vergangenen Jahr im Dezember mit einem dreimonatigen Praktikum von sprachlich und beruflich befähigten Flüchtlingen an Schulen.

Ausgangspunkt war die teilweise problematische Situation an Schulen der Stadt, die viele schulpflichtige Flüchtlinge und Kinder aus dem EU-Ausland mit sehr geringen oder gar keinen deutschen Sprachkenntnissen aufgenommen hatten. Während der ersten Praktikumsphase unterstützten die Teilnehmenden insgesamt 17 Schulen, indem sie sprachliche und kulturelle Barrieren zu den neuen Schülerinnen und Schülern überbrückten. Während sie bei der Verständigung vermittelten, lernten die Praktikantinnen und Praktikanten gleichwohl das deutsche Schulsystem und deutsche Pädagogik kennen.

Ausbildung zum „Pädagogischen Mitarbeiter“ ist das Ziel


In einer anschließenden Übergangsphase arbeiteten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiterhin, nun ehrenamtlich, an ihren Praktikumsschulen. Ziel war, den Kontakt zur Schule bis zur Phase 3 des Projektes fortbestehen zu lassen. Für diesen Teil der Fortbildung entwickelte das Referat für Integration der Stadt Salzgitter gemeinsam mit der Städtischen Volkshochschule, der Landesschulbehörde und dem Sprachbildungszentrum des Landes Niedersachsen einen völlig neuen Rahmenplan. Er legt Wert auf berufsbezogenen Spracherwerb und ist auf spezielle Schulthemen abgestimmt. Mit den so verbesserten Deutschkenntnissen werden die Projektteilnehmer dann ab dem 25. September in einem VHS-Kurs ihre Ausbildung zum „Pädagogischen Mitarbeiter“ beginnen. Dieser Kursus ist so angelegt, dass die Teilnehmer an zwei Tagen in der Woche an den Schulen eingesetzt werden. So werden sie erfahren, wie die Theorie in der Praxis durch deutsche Lehrer angewandt wird.

Damit hilft das Projekt einerseits, die Schulen in Salzgitter zu entlasten, Schülern die Integration in die Schule zu erleichtern und andererseits den Flüchtlingen, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. „Wir geben diesem Modell genau deshalb so große Erfolgschancen, weil wir davon überzeugt sind, dass die Mischung aus Praxis und Sprachtraining für die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt aussichtsreich sein wird“, lobt der Bereichsleiter für Markt und Integration beim Jobcenter Salzgitter, Stephan Preine. Das Jobcenter trägt die Kosten des Programms „Start in den Lehrberuf“ als Qualifizierungsmaßnahme für den Arbeitsmarkt. Nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden den direkten Weg vom Praktikanten zum pädagogischen Mitarbeiter einschlagen, ist sich die Dezernentin für Bildung, Soziales, Arbeitsmarkt und Integration, Christa Frenzel, jedoch sicher.

Wir brauchen Geduld und Qualifikation


Von den anfangs 42 Projektkandidaten haben sich schließlich einige aus verschiedenen Gründen anders orientiert. Sie haben eine Ausbildung begonnen, absolvieren einen anderen Sprachkurs oder sie haben Arbeit gefunden. Auf der anderen Seite werden in den Kursus zur Ausbildung zum „Pädagogischen Mitarbeiter“ fünf Personen hinzukommen. „Wichtig ist uns, dass diese Menschen ihren Weg in Arbeit und ein eigenständiges Leben finden. Die einen werden möglicherweise studieren, andere vielleicht eine Ausbildung im dann neuen Ausbildungsgang zu Sozialassistenten an den Berufsbildenden Schulen Fredenberg aufnehmen oder sich anderweitig weiterentwickeln. Wie immer dieser Weg gestaltet sein wird, er braucht Zeit.

Die Stadt Salzgitter und das Jobcenter haben mit der Entwicklung dieser Bildungskette für Geflüchtete einen pragmatischen und zielgerichteten Weg gefunden. Dennoch bedarf es insgesamt einer spürbaren finanziellen Unterstützung durch das Land Niedersachsen und die Bundesregierung“, betont die Erste Stadträtin. Dem pflichtet Stephan Preine vom Jobcenter bei: „Wir müssen uns von der Idee einer schnellen Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt verabschieden. Wir brauchen Geduld und Qualifikation. Darauf baut das Projekt ‚Start in den Lehrberuf‘ und kann darum ganz sicher auch Modellprojekt für andere berufliche Einstiegsmöglichkeiten für Flüchtlinge und Zugewanderte werden“, zeigt der Bereichsleiter für Markt und Integration beim Jobcenter Salzgitter weitere Perspektiven vor das Salzgitter-Projekt auf.

Alle Projektteilnehmerinnen schon jetzt an den Schulen ein großer Gewinn


Zu den hoch motivierten Teilnehmenden gehören der Sozialpädagoge Mohammad Mazen Alajjan, der Englischlehrer Mohammad Al Hariri und die Arabischlehrerin Shirin Pire. Die beiden Männer sind seit längerem an der Hauptschule An der Klunkau tätig und möchten dort weiter arbeiten. Shirin Pire sieht ihre Zukunft in Deutschland als Lehrerin und will alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen. „Im Moment lerne ich mit den Kindern und von den Kindern an der Grundschule Am Ziesberg Deutsch“, erzählt die kurdisch und arabisch sprechende 31-Jährige. Mit ihren bereits vorhandenen Sprachkenntnissen sind jedoch alle Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer an den Schulen ein großer Gewinn. Denn mit Stand vom 31.Mai 2017 haben die Schulen von insgesamt 13.794 Schülerinnen und Schülern 1.024 (7,4%) gemeldet, die geringe oder keine deutschen Sprachkenntnisse aufweisen. Die Betroffenheit der Schulen ist unterschiedlich. Einige haben nur wenige Schülerinnen und Schüler mit geringen bis keinen Sprachkenntnissen, einige sehr viele.

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Der Sozialpädagoge Mohammad Mazen Alajjan, der Englischlehrer Mohammad Al Hariri und die Arabischlehrerin Shirin Pire (v.r.n.l.) wollen weiter an Schulen in Salzgitter arbeiten. Foto: Stadt Salzgitter









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