Salzgitter. Bereits seit einigen Tagen häufigen sich die Augenzeugenberichte über einen freilaufenden Wolf in Salzgitter. Die Umweltverbände International Fund for Animal Welfare (IFAW) und der Naturschutzbund (NABU) klären über den richtigen Umgang mit Wölfen auf.
Schon seit Jahren ist das "Wolfsthema" Bestandteil hitziger Diskussionen zwischen Tierschützern, Bund und Bürgern. Gerade Problemfälle wie der Wolfsrüde MT6 und Pumpak in Sachsen schüren die alte Angst vor der "Bestie Wolf". Jüngsten Berichten zufolge hat auch die Stadt Salzgitter seit kurzer Zeit einen wölfischen Besucher, der sich durch Wiesen und Wälder pirscht (regionalHeute.de berichtete). Naturforscher gehen davon aus, dass sich das Tier nur auf der Durchreise befindet. Dennoch ist er Gesprächsthema auch bei den Bürgern. Während sich viele für den Schutz des Wolfes aussprechen, gibt es immer wieder ängstliche Stimmen.
MT6 und Pumpak
International Fund for Animal Welfare (IFAW) und Naturschutzbund (NABU) kritisieren im Zusammenhang mit freilaufenden Wölfen immer wiederden Umgang von Bund und Ländern mit der Thematik. Nur die wenigsten der Tiere könnten als "auffällige Wölfe" eingestuft werden.Bis heute seinicht ausreichend untersucht, wodurch das Verhalten von MT6 ausgelöst wurde.
Der Wolfsrüde, der einen Peilsender trug, stammte aus dem Rudel, das auf dem niedersächsischen Truppenübungsplatzes Munster lebt. Er hatte sich wiederholt Menschen mit Hunden genähert und ein nach Einschätzung von Experten zuletzt unberechenbares Verhalten gezeigt. Daraufhin wurde der Wolf auf Anordnung des zuständigen niedersächsischen Umweltministeriums am 27. April 2016 erschossen.
Die Naturschutzverbände IFAW und NABU hatten ihr Bedauern über den Tod des Tieres und zugleich Verständnis für die Entscheidung geäußert. MT6 habe durch sein auffälliges Verhalten am Ende ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko für Menschen dargestellt.
Beim Fall des Wolfes Pumpak in Sachsen - der Anfang des Jahres zum Abschuss freigegeben, und danach nicht mehr gesichtet wurde - hatten die sächsischen Behörden eineBeratungsleistung zum Bedauern der Tierschützer nicht in Anspruch genommen.
Durch das Bundesumweltministerium ist in einem ersten Schritt zur Koordinierung des Wolfsmanagements die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) eingerichtet worden. Ein zentraler Baustein des DBBW ist ein Expertengremium, das die Bundesländer im Umgang mit auffälligen Wölfen berät. Diese Kompetenz müsse in jedem einzelnen Fall genutzt werden. Vor diesem Hintergrund appellieren die Verbände an die Umweltminister der Länder, insbesondere bei Verdachtsfällen von auffälligen Wölfen, die Beratung durch das Wolfsberatungszentrum intensiv zu nutzen.
Meist ungefährlich
Aus internationalen Studien („NINA Studie“) sei bekannt, dass ausgewachsene Wölfe extrem selten die Nähe zu Menschen suchen: Meistens sind Begegnungen ungefährlich und sind in der Regel auf eine naive Neugier junger Wölfe zurückzuführen, die sich mit dem Heranwachsen verliert.
Wiederholte Begegnungen eines Einzelwolfes mit Menschen und die Entwicklung von dreistem Verhalten werden im Tollwut freien Mitteleuropa am wahrscheinlichsten von einer Anfütterung durch Menschen verursacht. Die präventive Arbeit und Aufklärung der Bevölkerung ist von besonderer Bedeutung, um die absichtliche oder unabsichtliche Anfütterung zukünftig zu verhindern.
Derzeit gibt es aus dem Heidekreis in Niedersachsen Meldungen von einem Wolf, der ein unnatürlich auffälliges Verhalten zeigen soll. Für die Sicherheit des Menschen und den Schutz des Wolfes müsse auch in diesem Fall rasch überprüft werden, ob der Wolf eventuell angefüttert wurde und darin möglicherweise die Ursache des potentiell auffälligen Verhaltens liegt.
Risiko kann nie ganz ausgeschlossen werden
Müll in der Landschaft dient den Wölfen als unnatürliche Futterquelle. Foto:
Es ist in solchen Fällen nicht gänzlich auszuschließen, dass auch ein Risiko für Menschen bestehen kann. Nach Ausschöpfung aller sanfteren Maßnahmen der Vergrämung kann es als letzte Möglichkeit notwendig werden, auffällige oder problematische Wölfe nach der Ausnahmeregelung des Bundesnaturschutzgesetzes der Natur durch Abschuss zu entnehmen, so wie es bei MT6 der Fall war. Solche Entscheidungen müssen fachlich begründet und wissenschaftlich nachvollziehbar sein und bestimmten Entscheidungskaskaden folgen.
Nach wie vor sind die Verbände überzeugt, dass wirklich auffällige oder problematische Wölfe, wie es etwa bei MT6 der Fall war, als letzte Maßnahme entnommen werden können. Dafür reichen die Ausnahmeregelungen des Bundesnaturschutzgesetzes völlig aus. Jede Entnahme müsse jedoch im Einzelfall gesondert betrachtet und begründet werden und bei der Entscheidungsfindung sollte die DBBW der zentrale Ansprechpartner sein.
Präventionsarbeit
Dringendste Aufgabe sollte aber die Prävention sein, um die Notwendigkeit der Tötung zu vermeiden. Die Verbände weisen darauf hin, dass es mehr Aufklärung unter der Bevölkerung seitens der zuständigen Stellen für Wolfsmanagement geben sollte, um unerwünschte Verhaltensentwicklungen bei Wölfen zu vermeiden. Ein zentraler Aspekt hierbei sei, dass das (beabsichtigte oder unbeabsichtigte) Anfüttern von Wölfen unbedingt zu vermeiden ist.
IFAW und NABU fordern weiterhin mehr Qualität, Transparenz und eine bessere Vernetzung im Wolfs-Monitoring von Bund und Ländern. Es soll ein klares Bekenntnis zum einheitlichen Umgang mit auffälligen Wölfen geben.
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