Wolfenbüttel. Eingebettet in die charmante Altstadt von Wolfenbüttel steht ein Haus, das durch seine Maße auffällt. Ganze 2,20 Meter ist das schmalste Haus von Wolfenbüttel, das 1751 errichtet wurde, an der Vorderseite breit. Also in etwa so breit, wie 24 aneinandergereihte Flaschen des Wolfenbütteler Kräuterlikörs. Heute gehört es Wiebke Benstein und die führte uns durch ihre ganz besondere Immobilie.
Wer durch die historische Altstadt Wolfenbüttel schlendert und sich die vielen Fachwerkhäuser anschaut, der sollte die Augen am Kleinen Zimmerhof besonders offen halten. Andernfalls übersieht man das schmalste Haus leicht. 2017 hat Wiebke Benstein das Haus von einem Hannoveraner Architektur-Professor gekauft, aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und es hergerichtet. Zwar hatte es der Vorbesitzer 1994 von Grund auf saniert, zu tun gab es aber dennoch viel, erzählt Wiebke Benstein im Gespräch mit regionalHeute.de.
Ein wahres Raumwunder
Das Haus ist auf der Rückseite 3,50 Meter breit. Im hinteren Bereich befindet sich noch ein 80 Quadratmeter großer Garten. Foto: Matthias Kettling
Das einzigartige Fachwerkhaus im Kleinen Zimmerhof 15 ist ein wahres Raumwunder. An der Vorderseite misst es gerade einmal 2,20 Meter, an der Gartenseite sind es 3,50 Meter. Und dennoch bietet das Haus rund 100 Quadratmeter Wohnfläche. Eine etwa 12 Meter lange Wendeltreppe verbindet die fünf Etagen. "Wenn man die Treppen hoch muss, braucht man viel Puste. Wenn man unten etwas vergessen hat, ist das sehr unpraktisch", erzählt Wiebke Benstein, der die Begeisterung für ihre Immobilie auch nach sieben Jahren deutlich anzumerken ist. Das Haus kenne sie noch aus ihrer Kindheit und als sie erfuhr, dass das Haus zum Verkauf steht, habe sie zugeschlagen und es nie bereut. In der Lessingstadt lässt sich kein Haus finden, das schmaler ist. "Es ist angeblich das zweitschmalste Haus Deutschlands. Es gibt wohl noch ein Haus in Eisenach, das noch schmaler ist", berichtet Wiebke Benstein.
"Kleine" Touristenattraktion
Ursprünglich wollte Wiebke Benstein das Haus als besonderes Gästehaus betreiben. "Das wurde auch sehr gut angenommen", sagt sie. Aus privaten Gründen habe sie sich dann aber dazu entschieden, das Haus dauerhaft zu vermieten. Vor allem an Pendler, die das Haus unter der Woche bewohnen. Die Mieter mussten auch damit leben, dass das Haus bei Touristen immer wieder für große Aufmerksamkeit sorgt. Nicht selten sei es vorgekommen, dass Besuchern ein Einblick in das ungewöhnliche Haus gewährt wurde, das zu einer "kleinen" Touristenattraktion geworden ist. Wiebke Benstein freue sich jedes Mal, wenn die Gruppen der Stadtführung staunend vor dem Haus stehen bleiben und lädt hin und wieder auch gerne zu Besichtigungen ein. Wenn die Haustür offen steht, darf gerne ein Blick hineingeworfen werden. "Es bleiben immer mal Leute stehen. Wenn ich die Tür aufmache, ist immer irgendwie was los, man ist hier nie alleine. Es erregt immer Interesse, weil sich die Menschen fragen, wie es wohl innen aussieht."
Neue Pläne
Eine eigene Nutzung sei nicht möglich, da das Haus mit einem Kleinkind nicht geeignet sei. Man denke nur einmal an die vielen Etagen und die Wendeltreppe, sagt die Mutter einer kleinen Tochter.
Derzeit nutzt Wiebke Benstein das Haus selbst - als Arbeitsplatz. Die letzten Mieter sind Anfang des Jahres ausgezogen. Doch es gibt bereits neue Pläne. Zurzeit richtet sie ihr Haus als Coworking-Space her. Ab Herbst soll man einzelne Räume als Arbeitsplatz nutzen können. "Es darf gerne mitgearbeitet werden", sagt sie.
Von der Brandgasse zur Touristenattraktion
Was heute eine Touristenattraktion ist, war Mitte des 18. Jahrhunderts eher ein Lückenfüller. Dort, wo sich Wiebke Bensteins Haus heute befindet, war früher eine sogenannte Brandgasse. Durch den schmalen Durchgang wurden früher Leder-Eimer mit Löschwasser von der Oker zu brennenden Fachwerkhäusern in der Innenstadt getragen. 1751 wurde die Brandgasse durch den Bau des schmalen Hauses geschlossen. Neben Häusern, deren Baujahr einige hundert Jahre weiter zurückreicht, ist das heute über 400 Jahre alte Haus fast noch ein "Jüngling".
Ein Blick ins Haus
In Wolfenbüttel lassen sich viele spannende Dinge entdecken. Manchmal werden auch neue entdeckt, so wie ein historischer Brunnen, mitten in der Fußgängerzone. Wenn dieses Relikt aus der Historie auch nur für wenige Stunden zu bestaunen war, denn der gefundene Brunnen wurde schnell wieder verfüllt.
mehr News aus der Region