Region. Bei der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“, die vom 8. bis 10. Mai stattfand, wurde der bisherige Teilnehmerrekord der Aktion aus dem Vorjahr in Niedersachsen fast verdoppelt. So haben 18.800 Menschen ihre Zählergebnisse aus 12.630 Gärten, Parks, Balkons oder Fenstern übermittelt. Im Jahr 2019 haben 9.670 Menschen mitgemacht, wie der NABU in einer Pressemitteilung berichtet.
„Sicherlich hat der Corona-Shutdown zu einem verstärkten Interesse für die Natur vor der Haustür und damit zu den hohen Mitmach-Zahlen geführt. Wir wünschen uns, dass die vielen Erst-Teilnehmer auch in Zukunft wieder mitzählen und wir noch mehr Menschen für den Schutz der Natur in unserem unmittelbaren Lebensumfeld begeistern können“, so Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen. Auch deutschlandweit hätten sich dieses Jahr so viele Vogelzähler wie noch nie an der Aktion beteiligt. Insgesamt seien aus 108.000 Gärten, Parks oder Balkonen Meldungen von über 161.000 Menschen eingegangen – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr.
Mysteriöses Blaumeisensterben
Besonders im Fokus habe die Blaumeise gestanden. Im März und April wären auffällig viele an Krankheit verstorbene Vögel dieser Art gemeldet worden. Über ein Online-Formular habe der NABU diese Hinweise gesammelt. Bis heute seien darüber bundesweit über 21.000 Meldungen mit knapp 40.000 betroffenen Vögeln eingegangen. Das vogelspezifische Bakterium Suttonella ornithocola habe als Auslöser dieser Epidemie identifiziert werden können (regionalHeute.de berichtete). „Bundesweit betrachtet sind 22 Prozent weniger Blaumeisen pro Garten gemeldet worden“, berichtet Wohlers. In Niedersachsen falle der Rückgang mit minus 14 Prozent zwar geringer aus (2,06 Vögel pro Garten), aber auch hier sei dies mit Abstand der niedrigste Wert seit Beginn der Zählungen.
Um das Blaumeisensterben als Ursache des Rückgangs zu identifizieren, hätten die Forscher für jeden Postleitzahlbereich die Veränderungen der Blaumeisenzahlen mit der Anzahl der Meldungen kranker Meisen korreliert. Es habe sich ein eindeutiger Zusammenhang ergeben: „Je mehr Berichte toter Meisen, desto größer waren dort auch die Bestandsrückgänge“, so Rüdiger Wohlers. „In Gebieten ohne Totfundmeldungen gab es im Mittel auch keinen Rückgang. Es kann daher sicher davon ausgegangen werden, dass das diesjährige Blaumeisensterben mindestens einen Teil des beobachteten Rückgangs erklärt.“
Es bleibe die Hoffnung, dass sich die überlebenden Blaumeisen zur jetzigen Brutzeit gut vermehrten, um die Verluste möglichst schnell wieder auszugleichen. „Vogel- und insektenfreundliche Gärten mit vielen Laubbäumen und Blütenpflanzen helfen ihnen dabei sehr“, so Wohlers.
33 unterschiedliche Vögel in einer Stunde
Im Durchschnitt wären in Niedersachsen in diesem Jahr innerhalb einer Stunde knapp 33 Vogelindividuen beobachtet worden. Die Top drei der häufigsten Vögel im Garten bleibe unverändert: Auf Platz eins liegt der Haussperling (5,08 Vögel/Garten), gefolgt von Amsel (3,24) und Kohlmeise (2,6). Auf Platz vier liege trotz Rückgang die Blaumeise (2,06), Platz fünf belege der Star mit 2,02 Beobachtungen pro Garten. Für alle fünf Arten sei dennoch ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Bundesweit setze sich die Top fünf aus Haussperling, Amsel, Kohlmeise, Star und Feldsperling zusammen.
Große Verlierer dieses Jahres seien – sowohl bundes- als auch landesweit – neben der Blaumeise auch der Star und, wie schon in den Vorjahren, der Grünfink. Bei den größten Sorgenkindern unter den Siedlungsvögeln, Mehlschwalbe und Mauersegler würden sich die katastrophalen Ergebnisse der Vorjahres nicht wiederholen, aber sie seien weiter weit entfernt von früheren Bestandszahlen. Zu den Gewinnern zähle unter anderem die Ringeltaube, auch beim Eichelhäher ist kein Ende des zunehmenden Trends in Sicht.
Detaillierte Ergebnisse seien auf Bundes-, Landes- und Landkreisebene auf www.stundedergartenvoegel.de abrufbar und könnten mit vergangenen Jahren verglichen werden. Die nächste Vogelzählung, die „Stunde der Wintervögel“ stehe vom 8. bis 10. Januar 2021 an.