Braunschweig. Am heutigen Dienstag fand die viel beachtete landesweite 6. interdisziplinäre Fachtagung zur Bekämpfung häuslicher Gewalt der Polizeidirektion Braunschweig und der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig statt. Das teilen Polizeidirektion und Generalstaatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit.
Leitgedanke der diesjährigen, mittlerweile im sechsten Jahr in Folge durchgeführten interdisziplinären Fachtagung zur Bekämpfung häuslicher Gewalt war die Istanbul-Konvention des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt vom 11. Mai 2011, die seit 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist. Sie zielt auf das Recht jeder Frau auf ein gewaltfreies Leben. Mit Inkrafttreten des Übereinkommens hat sich Deutschland verpflichtet, auf sämtlichen staatlichen Ebenen alle nötigen Anstrengungen zu unternehmen, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, den davon Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten, Gewalt zu verhindern und Täter beziehungsweise Täterinnen zu bestrafen.
Interdisziplinäre Koordinierungsstelle eingerichtet
Rund 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Disziplinen, Gremien und Netzwerkpartnern aus Polizei, Justiz und Rechtsanwaltschaft, Landes- und Kommunalbehörden, Hochschulen, Krankenhäusern und diversen Opferschutzeinrichtungen befassten sich intensiv mit diesem zentralen Leitgedanken und den Fragen, was in unserer Region seit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention zu ihrer Umsetzung bereits geleistet worden ist, beispielsweise durch die Tätigkeit einer am 15. August 2018 eingerichteten interdisziplinären Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt für die Region Braunschweig und durch verschiedene kommunale Maßnahmen, wie der Erweiterung beziehungsweise Neugründung von Frauenhäusern und Täterberatungsstellen, aber auch damit, wo und in welchen Bereichen weiterhin Handlungsbedarf besteht.
Der Teilnehmerkreis widmete sich konkreten Fragestellungen, zum Beispiel welche neuen Ansätze es zur Prävention und Intervention bei häuslicher Gewalt durch Aktivierung nachbarschaftlichen Engagements und durch den Aufbau unterstützender lokaler Netzwerke, wie StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt, gibt. Zu diesem mittlerweile bundesweit durchgeführten Projekt, das unter anderem die Bedeutung der Zivilcourage des Einzelnen in der Gesellschaft als wichtigen Baustein zur effektiven Bekämpfung von häuslicher Gewalt in den Vordergrund stellt, referierte Prof. Dr. Sabine Stövesand von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer befassten sich überdies damit, welche Instrumente zur Gefährdungseinschätzung bei Hochrisikofällen von häuslicher Gewalt sowie zur Prävention von Gewalteskalation, beispielsweise durch interdisziplinäres Fallmanagement, zur Anwendung kommen können.
Zusammenarbeit in der Region hat Vorbildcharakter
Generalstaatsanwalt Detlev Rust als Mitveranstalter der Fachtagung bekräftigt hierzu: „Das Ziel der Istanbul-Konvention, in ganz Europa und deshalb auch in unserer Region einen möglichst einheitlichen Rahmen für Prävention, Opferschutz und Strafverfolgung zu schaffen, der jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen entgegensteht, ist mir Auftrag und ein persönliches Anliegen zugleich. Ich bin sehr erfreut, dass die Zusammenarbeit aller Netzwerkpartner für dieses wichtige Ziel so hervorragend in unserer Region funktioniert und darüber hinaus Vorbildcharakter entfaltet.“
Gewalteskalationen in Paarbeziehungen im Fokus
Polizeivizepräsident Roger Fladung ergänzt dazu: „Nahezu täglich ergeben sich Ereignisse im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, die ein polizeiliches Einschreiten erforderlich machen. Die Beobachtung und Bewertung in Zusammenhang mit Gewalteskalationen in Paarbeziehungen ist darüber hinaus besonders wichtig. Aus der Istanbul-Konvention ergibt sich die Verpflichtung für alle Akteure, sich innerhalb der Vernetzung mit solchen Fragen zu beschäftigen und die Beobachtungen von Eskalationsbeziehungen miteinander auszutauschen, um frühzeitig ein abgestimmtes Agieren zu ermöglichen. Das Engagement aller ist gerade in der Region Braunschweig vorbildlich. Mit der Einrichtung einer interdisziplinären Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt für die Region Braunschweig und diversen Fachtagungen haben wir bereits Meilensteine gesetzt und werden uns auch zukünftig intensiv mit dem Phänomen Häusliche Gewalt beschäftigen.“
Die erkenntnisreiche Arbeitstagung schlossen die Veranstaltungsverantwortlichen Katrin Heiland von der Staatsanwaltschaft Braunschweig und Frank Hellwig für die Polizeidirektion Braunschweig. Sie dankten für den Einsatz aller Beteiligten und freuten sich im Rückblick auf die Ratifizierung der Istanbul-Konvention über alle zur Sprache gekommenen Maßnahmen, die die beteiligten Institutionen in unserer Region zur Verbesserung der Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bereits geschafft haben: „Deutschland hat bereits - wir haben bereits viele Verpflichtungen aus der Konvention umgesetzt! In nächsten Schritten wird die Weiterentwicklung bedarfsdeckender, für alle Betroffenen leicht zugänglicher Beratungs- und Schutzangebote ein Schwerpunkt unserer Arbeit für die bestmögliche Umsetzung der Rechte von gewaltbetroffenen Frauen sein.“
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