Hamburg. In der gesetzlichen Krankenversicherung droht nach Einschätzung der Techniker Krankenkasse (TK) nach einem kräftigen Beitragsplus im kommenden Jahr eine weitere Erhöhung der Sätze auf bis zu 20 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts. "Wir werden Anfang 2025 auf breiter Front deutliche Beitragssatzsteigerungen in der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung sehen", sagte der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Donnerstagausgaben).
Die aktuelle Schätzung von bis zu 0,6 Prozentpunkten mehr im kommenden Jahr sei "absolut realistisch". Dadurch werde dann im Schnitt ein Beitrag von fast 17 Prozent erreicht. "Das galt noch vor ein paar Jahren als eine völlig abstruse Größenordnung", sagte Baas. Der Anstieg werde sich weiter fortsetzen: "Wir bewegen uns bis zum Ende des Jahrzehntes ungebremst auf einen Beitragssatz von 20 Prozent zu - wenn es keine Gegenmaßnahmen gibt."
Der Chef von Deutschlands größter Krankenkasse gab Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Mitschuld an den steigenden Ausgaben und forderte ihn auf, für eine Stabilisierung der Kassenfinanzen zu sorgen. "Die Politik kann nicht immer nur Gesetze machen, die zu höheren Ausgaben führen. Es muss endlich auch darum gehen, wie wir die steigenden Kosten in den Griff bekommen", mahnte Baas.
Äußerungen des Ministers, die Medizin müsse entökonomisiert werden, nannte Baas irritierend. "Ökonomie bedeutet doch nicht Sparen auf Teufel komm raus. Ökonomie heißt, Mittel klug einzusetzen", so der Kassenchef. Lauterbach warf er vor, nicht auf die Praktiker im Gesundheitswesen zu hören. "Herr Lauterbach ist belesen und kennt viele Studien. Aber zu glauben, man müsse sich nur mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterhalten, ist eine Fehleinschätzung", beklagte Baas.
Der TK-Chef warnte vor allem vor steigenden Kosten für Medikamente. "Die Preise für neue Arzneimittel explodieren geradezu", sagte er. So lägen die Kosten für neue Gentherapeutika mittlerweile im Millionenbereich pro Behandlung. "Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir uns gute Medikamente einfach nicht mehr leisten können. Das darf nicht passieren", warnte er. Baas forderte, die Preisverhandlungen der Kassen mit der Pharmaindustrie zu reformieren. Nötig seien Preise, die sich an den tatsächlichen Forschungs- und Herstellungskosten orientierten.
Japan gehe diesen Weg und auch in den USA sei geplant, dass die Hersteller diese Kosten offenlegen müssten. "Pharmafirmen sollen an innovativen Therapien gut verdienen. Aber die Preise müssen fair sein und bezahlbar bleibe", forderte der TK-Chef.
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