Berlin. Der Trend zum Arbeiten im Alter ist in Deutschland gebrochen - ausgerechnet jetzt, wo Arbeitskräfte dringender gebraucht werden denn je. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), über die die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) an diesem Wochenende berichten wird.
Die Forscher haben ermittelt, dass die Erwerbstätigenrate der Über-60-Jährigen schon seit einigen Jahren stagniert. So arbeiteten in der Spitze im Jahr 2019 noch 80,1 Prozent der 60-jährigen Männer, 2021 waren es nur noch 79,3 Prozent. Bei den Frauen fiel die Erwerbstätigkeit zuletzt von 72 Prozent im Jahr 2020 auf 71,1 Prozent im vergangenen Jahr. Damit endet eine kontinuierliche Steigerung der Erwerbstätigkeit im Alter, die Mitte der Neunzigerjahre begann und sich über mehr als zwei Jahrzehnte hinzog.
Allein seit der Jahrtausendwende hat sich der Anteil der arbeitenden Männer über 60 verdoppelt, der der Frauen sogar vervierfacht. Als mögliche Ursache für die neue Stagnation machen die Forscher unter anderem die sogenannte "Rente mit 63" aus. Viele Arbeitnehmer machten im vergangenen Jahr Gebrauch von der Möglichkeit, abschlagsfrei früher in Rente zu gehen. Aber auch die Corona-Pandemie spiele vermutlich eine Rolle, weshalb noch unklar sei, ob sich diese Entwicklung fortsetzt.
Da in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomergeneration ins Rentenalter kommen, würde sich eine stagnierende Erwerbstätigkeit unter Älteren besonders stark auf das Angebot an Arbeitskräften auswirken. Die Zahlen zeigten, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alterskohorten kein Selbstläufer sei, resümiert Elke Loichinger, Forschungsgruppenleiterin am BiB, in der FAS. Um Arbeitskräfte länger im Erwerbsleben zu halten, müssten Anreize deutlich vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgen. "Wenn der Ruhestand erst einmal erfolgt ist, kommen nur wenige ins Erwerbsleben zurück", sagte sie.
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