Region. Seit mehr als drei Jahren tobt ein Krieg auf dem Kontinent, in Übersee erweist sich ein hemmungsloser Präsident Trump als unberechenbarer Partner und die Krisenherde dieser Welt lassen sich kaum noch überblicken. Auch hierzulande wächst die Angst vor einer Eskalation und möglicherweise sogar einem Krieg mit Putins Russland.
Zwar stehen die Zeichen noch auf Abschreckung, doch auch durch die damit verbundenen Maßnahmen kann es selbst in Friedenszeiten zu großflächigen Truppenbewegungen auf deutschem Boden kommen. Auch falls der NATO-Bündnisfall gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages eintritt, könnte Niedersachsen aufgrund seiner geografischen Lage erheblich betroffen sein. regionalHeute.de hat beim Landeskommando Niedersachsen der Bundeswehr nachgefragt, was insbesondere auf die Region zukommen könnte.
Marschbewegungen müssen geübt werden
Wie Oberstleutnant Poloczek im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums mitteilt, muss sich die Bevölkerung in der Region grundsätzlich in den nächsten Jahren vermehrt auf Ausbildungs- und Übungsvorhaben nicht nur auf den Truppenübungsplätzen, sondern auch im öffentlichen Raum einstellen. Auch die Marschbewegungen mit einer Vielzahl von Fahrzeugen und über längere Fahrstrecken müssten trainiert werden, deswegen würden diese Fahrzeugkolonnen künftig öfter auf den Bundes- und Landesstraßen zu sehen sein – aber auch auf kleineren Straßen. Zu einer möglichen Stationierung von Truppen in der Region sowie der Reaktivierung beziehungsweise Errichtung von Truppenübungsplätzen konnte der Oberstleutnant keine Angaben machen.
Auch Übungsaufmärsche möglich
Zu Übungs-, aber auch zu Abschreckungszwecken kann es zu sogenannten Übungsaufmärschen kommen. Auf die Frage, wie viele Soldaten an einem möglichen Übungsaufmarsch beteiligt sein könnten, lautete die Antwort, dass über konkrete Zahlen keine Auskunft gegeben werden könne. Es sei aber auch in der Region über mehrere Wochen mit Bewegungen von mehreren tausend Fahrzeugen sowie den Fahrzeugbesatzungen beziehungsweise Soldaten auf den Straßen zu rechnen. Dazu würden Flugbewegungen – auch von niedersächsischen Flughäfen – kommen. Ebenfalls betroffen seien dann auch die Eisenbahnverbindungen.
Das passiert bei einer Verlegeübung
Zu den konkreten Umsetzungen für eine Verlegeübung könnten aus Sicherheitsgründen keine Angaben gemacht werden, so Oberstleutnant Poloczek weiter. Es könne lediglich gesagt werden, dass es natürlich Alarmierungsverfahren gebe, die ausgelöst werden, um dann in eine Durchführungsphase für die konkrete Verlegung überzugehen; in dieser Durchführungsphase würden dann Truppen sichtbar auf den Straßen und an den Flug- und Seehäfen sein; eine Rückverlegung in die Heimatstandorte mit entsprechender Nachbereitung würde sich anschließen. Diese Abläufe würden die deutschen und auch die alliierten Streitkräfte unter anderem in Deutschland und damit auch in Niedersachsen üben.
Erhöhte Bedrohungslage durch Militärpräsenz?
regionalHeute.de wollte außerdem wissen, ob sich die allgemeine Bedrohungslage für die Bevölkerung der Region – zum Beispiel durch Angriffe auf die Infrastruktur – erhöht, sollten die Streitkräfte hier stärker präsent sein. Dazu Oberstleutnant Poloczek: Bereits jetzt sei die Einschätzung von Experten, nicht nur der Bundeswehr, dass Deutschland einer ständigen hybriden Bedrohung ausgesetzt ist; Cyberangriffe auf Institutionen jeglicher Art, aber auch Sabotageversuche oder Ausspähversuche auf militärische und wirtschaftlich wichtige Einrichtungen seien an der Tagesordnung – dem werde schon jetzt in vielfältiger Form entgegengewirkt.
Sollte es durch Alarmierungsverfahren der NATO zu Aufmarschbewegungen in Deutschland, also auch in der Region kommen, sei der gesamte NATO-Aufmarschbereich einem besonderen Augenmerk auch feindlicher Kräfte ausgesetzt. Deutschland werde aber gemeinsam mit den NATO-Partnern jeglicher Bedrohung gegen ihre Bevölkerungen, Territorien und Interessen der Mitgliedstaaten entschlossen, wehrhaft und widerstandsfähig entgegentreten.
So soll die Akzeptanz in der Bevölkerung gesteigert werden
Abschließend wollte regionalHeute.de wissen, wie die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung für solche Maßnahmen gesteigert werden soll. Wie Oberstleutnant Poloczek ausführt, gehe es auch um eine Änderung der inneren Haltung – den Bürgern müsse bewusst sein, dass ein Aggressionspotenzial von Russland ausgehe. Deutschland und insbesondere die NATO sowie die EU müssten sich auf mögliche Szenarien über den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine hinaus einstellen. Und das bereits in den nächsten Jahren: hier werde allgemein das Jahr 2029 (für einen möglichen russischen Angriff auf die EU, Anm. d. Redaktion) genannt.
Deutschland reagiere, indem es den sogenannten "OPLAN DEU" erstelle, einen umfassenden militärischen Verteidigungsplan. Der Plan stärke die NATO-Strategie der Abschreckung gegenüber Russland mit dem Ziel, durch festgelegte Verfahren, Abläufe und Zuständigkeiten im gesamten Spektrum von Frieden, über Krise bis hin zu Krieg die Souveränität Deutschlands aufrechtzuerhalten und die Bündnisverpflichtungen verlässlich zu erfüllen. Es müsse den Bürgern jedoch bewusst sein, dass dieser Plan nur einen Teil an der Gesamtverteidigung abdecke und zusätzlich ein Ausbau der zivilen Verteidigung nötig sei.