Umfrage zu Betreuung in der Krise: "Situation ist ungerecht für Kinder"

Die Teilhabe an Bildung hänge für viele Kinder derzeit vom Beruf der Eltern ab. Die Landeselternvertretung der niedersächsischen Kindertagesstätten fordert, schnellstmöglich ein Gleichgewicht herzustellen.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Am 13. Januar hat die Landeselternvertretung der niedersächsischen Kindertagesstätten (Kita LEV) unter den Kita-Eltern in Niedersachsen eine Umfrage gestartet. Die Landeselternvertretung bezeichnet die Situation auf Basis der erhobenen Zahlen als "ungerecht für Kinder". In der aktuellen Situation, so die Landeselternvertretung in einer Pressemitteilung, hänge die Teilhabe an Bildung vom Beruf der Eltern ab.


9.761 Teilnehmer hätten in dem kurzen Zeitraum teilgenommen. 38,13 Prozent nutzen nach eigenen Angaben derzeit die Notbetreuung. Unter den anderen befragten, die die Notbetreuung nicht nutzen, gaben nur 28,31 Prozent an, dass sie die Betreuung selbst abdecken können. 11,59 Prozent gaben an, dass sie im Homeoffice sind. Wiederum 46,46 Prozent dieser Gruppe gaben an, dass sie kein Anrecht auf eine Notbetreuung hätten.

Interessant sei gewesen, wie sich die Arbeitssituation der Eltern darstelle. Bei den Eltern in Lebensgemeinschaft/Ehe gaben jeweils 64 Prozent der Eltern an, jeden Tag zur Arbeitsstätte zu fahren. In den Familien der alleinerziehenden und getrenntlebenden Eltern waren es sogar weit über 70 Prozent die zur Arbeitsstätte fahren.

Schnellstmöglich ein Gleichgewicht herstellen


Die 1. Vorsitzende Christine Heymann-Splinter kommentierte diese Erkenntnis: „Erst mit den Fakten auf dem Tisch, merke ich wie ungerecht diese Situation für die Kinder ist. Teilhabe an Bildung hängt aktuell vom Beruf der Eltern ab, nicht von deren Recht auf Bildung. Wie gut Kinder derzeit versorgt und betreut werden und wie groß ihre Teilhabe an Bildung ist, hängt stark von der Situation der Eltern und Ihrem Beruf ab. Diese Konstellationen sind divers. Keine Familie ist gleich oder vergleichbar. Daher wäre es um so wichtiger, schnellst möglich wieder ein Gleichgewicht herzustellen.“

Kontakt zu Einrichtungen hat sich verbessert


Erfreulich sei unter diesem Aspekt, dass sich der Kontakt zu den Kindern durch die Einrichtungen deutlich verbessert hat. Gaben im 1. Lockdown noch 25 Prozent der Eltern an, dass kaum bis gar kein Kontakt zur Kita besteht, sind es im 2. Lockdown nur noch knapp 9 Prozent.
Auch die Krippen- und Hortgebühren wurden in der Umfrage thematisiert. In vielen Landkreisen geben noch viele Eltern an, dass sie die Krippen- und Hortgebühren entrichten müssen. Die Kita-LEV habe daher mit der AGF (Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände) Niedersachsen und der Niedersachsenvertretung von Familien in der Krise einen offenen Brief an die Träger und Kommunen gerichtet, um hier nochmals für den Erlass der Krippen- und Hortgebühren zu werben. Niedersachsen sei nach Angaben der Landeselternvertretung derzeit das einzige Bundesland in Deutschland, dass diese Gebühren nicht flächendeckend erlässt.

Eltern mit den Kräften am Ende


"Eine zusätzliche und unnötige Belastung für Familien und eine soziale Härte, die nicht sein muss", kritisiert 2. Vorsitzende Janine Herzberger das Weiterlaufen der Kita- und Hortgebühren. Daher sei auch ganz persönlich in den Familien nachgefragt worden: Wie belastend finden Sie die gesamte Situation für Ihre Familie? 58 Prozent der Familien empfinden die Situation für Ihre Familie belastend oder sehr belastend. Besonders belastend fanden insbesondere Familien mit mehr als drei Kindern die Situation für Ihre Familie. Christine Heymann-Splinter dazu „Wir dürfen uns hier nichts vormachen und müssen die Realitäten der Familien sehen und verstehen. Hier wird unwahrscheinlich viel von den Familien geschultert und das ohne eine Perspektive auf Besserung. Ob es nun ein Sprint oder ein Marathon für die Eltern ist, spielt dabei gar keine Rolle mehr. Die Eltern signalisieren uns ganz klar, dass sie mit Ihren Kräften am Ende sind.“

Angst und Frust bei den Kindern


Im Anschluss bat die KITA LEV die Eltern im Freitext zwei Fragen freiwillig zu beantworten:

Wie kommen Ihre Kinder mit der Kontaktbeschränkung klar?
Erschreckend oft seien die Worte wie Schlecht, traurig, fehlt, Angst oder Frust gefallen. Mit einem genauen Blick in die Antworten beurteile die LEV viele Berichte als bedenklich. Dazu Vorstandsmitglied Rene Birkner „Das ist eine Entwicklung vor der wir nicht die Augen verschließen dürfen und wo bereits jetzt darüber nachgedacht werden muss, wie hier abgestimmt auf die entsprechenden Altersgruppen unter anderem das Thema Isolation durch Langzeitstrategien aufgearbeitet werden muss.“ Auch Janine Herzberger ergänzt „Die Folgen der fehlenden frühkindlichen Bildung sind heute noch nicht absehbar, aber der Kontakt zu gleichaltrigen ist eine wichtige Säule in der Entwicklung der Kinder und sie wurde vielen Kindern nun immer wieder entzogen.“
Für was haben sie in der aktuellen Situation kein Verständnis mehr?
6623 Antworten erhielt die KITA LEV auf diese Frage. Hier seien die Antworten sehr unterschiedlich ausgefallen. Häufig war es die Planung, beziehungsweise die Betreuung im Homeoffice, für die Eltern kein Verständnis mehr aufbringen können. Die Gebührenbelastung wiederholte sich hier seitens der Eltern auch nochmals. Genauso wie die Kontaktbeschränkungen. Ein Teilnehmer schrieb „Dass die Chance auf Spielen mit Freunden vom Beruf der Eltern abhängt, das ist gegenüber meinen Kindern nicht fair.“


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