Berlin. Die Union hält eine Nutzung der Notlagenklausel und damit eine mögliche Aussetzung der Schuldenbremse für das Jahr 2023 für verfassungswidrig. "Hier soll offenkundig ein verfassungswidriges Vorgehen mit einem weiteren verfassungswidrigen Vorgehen geheilt werden, ganz im Sinne von Minus mal Minus ergibt Plus", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase, dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
Nach Informationen der Zeitung aus Regierungskreisen gehen mehrere hochrangige Regierungsmitglieder davon aus, dass auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF und damit der Bundeshaushalt 2023 nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Mittwoch verfassungswidrig sind. Wahrscheinlich werde man deshalb für das Jahr 2023 erneut die Notlagenklausel nutzen und die Schuldenbremse aussetzen müssen, hieß es. Diese Option werde derzeit geprüft, sagte mehrere hochrangige Regierungsvertreter. Die Erklärung einer erneuten Notlage würde die Regierung wie schon im Oktober 2022 bei Gründung des WSF mit den Folgen der Energiekrise begründen, hieß es.
Schließlich habe man Anfang 2023 eine ähnliche Lage gehabt wie im Herbst 2022. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte der "Bild am Sonntag" mit Blick die Berichte: "An Spekulationen beteilige ich mich nicht. Die Bundesregierung prüft, was aus dem Urteil folgt." Die Union hält diese Begründung für nicht stichhaltig.
So hatte zunächst die Große Koalition und dann die Ampel für die Jahre 2020, 2021 und 2022 wegen der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise eine Notlage erklärt, um mit höheren Schulden die Krisen abfedern zu können. Für dieses Jahr hatte die Bundesregierung aber darauf verzichtet und wollte die Schuldenbremse wieder einhalten. Eine nachträgliche Erklärung der Notlage würde wieder vor dem Verfassungsgericht scheitern, warnte Unions-Politiker Haase. "Wir haben keine ökonomische Notlage, wir haben vielmehr eine politische Notlage."
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