Unterrichtsversorgung nach den Zeugnissen: Note ungenügend

Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte schlägt Alarm. Auch im neuen Halbjahr keine Besserung in Sicht – eher im Gegenteil.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Zum Start des 2. Schulhalbjahres 2024/2025 schlägt der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL) erneut Alarm: Die Unterrichtsversorgung an Niedersachsens Schulen bleibt weit hinter den Anforderungen zurück. Besonders die nicht-gymnasialen Schulformen stehen mit einer durchschnittlichen Versorgung von lediglich 93,5 Prozent im Fokus der Kritik. „Es bleibt dabei, die Unterrichtsversorgung an unseren Schulen ist weiterhin schlecht“, so der Vorsitzende des VNL, Torsten Neumann, in einer aktuellen Stellungnahme.



Obwohl die durchschnittliche Unterrichtsversorgung aller Schulen mit 96,9 Prozent stabil geblieben sei, betont Neumann, dass dies keineswegs ein Grund zur Entwarnung sei. Vielmehr sieht er in dieser „Stabilisierung“ eine faktische Verschlechterung gegenüber den Vorjahreswerten. Besonders dramatisch sei die Situation an nicht-gymnasialen Schulformen im Sekundar-I-Bereich, deren Versorgung mit 93,5 Prozent „katastrophal“ sei. Neumann unterstreicht: „Gerade diese Schulen tragen neben den Grundschulen die größte Last, sei es bei der Inklusion oder bei der Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund.“

Lehrermangel bleibt Hauptproblem


Ein zentrales Problem bleibt der eklatante Lehrermangel. Zwar seien viele Stellen ausgeschrieben worden, doch konnten laut VNL bislang lediglich 74 Prozent der Stellen besetzt werden. In einigen Landkreisen sei die Quote noch niedriger. Dies trifft insbesondere die nicht-gymnasialen Schulen, wo der Mangel seit Jahren spürbar sei.

„Die übergroße Belastung aller an Schule Beschäftigten bleibt auch 2025 durch den Lehrkräftemangel weiterhin bestehen“, kritisiert Neumann. Neben Lehrkräften fehlen laut dem VNL auch dringend benötigte Unterstützungskräfte im Schulsozial- und -psychologischen Dienst sowie multiprofessionelle Teams. Entlastung für Lehrkräfte sei Mangelware, und das führe zu immer größerer Arbeitsbelastung. Neumann fordert hier insbesondere, Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben zu entbinden: „Wo bleibt die Entlastung der Lehrkräfte von Aufgaben wie Lehrmittelausleihe, Reisekosten und Budgetverwaltung durch angemessen bezahlte Verwaltungsassistentinnen und -assistenten?“

Abordnungskarussell sorgt für Unruhe


Ein weiteres kritisches Thema ist das sogenannte „Abordnungskarussell“, das nach Einschätzung des VNL auch in diesem Schulhalbjahr wieder in Bewegung gerät. Dabei werden Lehrkräfte kurzfristig von ihren bisherigen Schulen an andere Schulen mit größeren Engpässen abgeordnet. „Das unselige Abordnungskarrusell muss sich angesichts der desolaten Unterrichtsversorgung auch wieder drehen, sehr zu Lasten der Lehrkräfte und sowohl der abgebenden als auch der aufnehmenden Schulen“, erklärt Neumann. Diese Praxis führe zu „unproduktiver Unruhe“ und steigere die Belastung der betroffenen Lehrkräfte zusätzlich.

Warnung vor Verantwortungslosigkeit


Eine deutliche Warnung richtet der VNL an das niedersächsische Kultusministerium. Neumann befürchtet, dass durch geplante Änderungen bei der Klassenbildung und der Zuweisung von Lehrkräftestunden die Verantwortung für die Unterrichtsversorgung zunehmend auf die einzelnen Schulen abgewälzt werden könnte. Dies sei jedoch nicht hinnehmbar: „Hier muss das Kultusministerium in der Pflicht bleiben“, fordert er.

Dringender Handlungsbedarf


Der VNL sieht die Lage weiterhin als „sehr angespannt und belastend“ an. Es bedürfe entschlossener Maßnahmen, um die Unterrichtsversorgung nachhaltig zu verbessern. Ohne eine ausreichende Vertretungsreserve – die laut Neumann 110 bis 120 Prozent der Unterrichtsversorgung betragen müsste – sowie eine umfassende personelle Entlastung der Schulen bleibe das Bildungssystem in Niedersachsen unter Druck. „Es geht schlichtweg um die Bildungschancen einer ganzen Generation“, mahnt Neumann eindringlich.

Die Forderung des VNL ist klar: Das Kultusministerium muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf nicht zulassen, dass die Bildungsgarantie für Schüler weiter ins Wanken gerät.