Verdächtiger im Maddie-Fall für weitere Verbrechen angeklagt

Derzeit verbüßt der Angeschuldigte eine 7-jährige Haftstrafe wegen einer Vergewaltigung, die er 2005 ebenfalls in Portugal begangen hat.

Symbolbild
Symbolbild | Foto: pixabay

Braunschweig. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat heute vor dem Landgericht Braunschweig Anklage gegen den Verdächtigen im Vermisstenfall Maddie McCann, Christian B., erhoben. Der 45-Jährige wird wegen mehrerer Sexualstraftaten angeklagt, die er zwischen Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal begangen haben soll, heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft.



Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um dieselbe Person, gegen die auch im Zusammenhang mit dem Verschwinden des damals 3-jährigen britischen Mädchens Madeleine Beth McCann am 3. Mai 2007 aus einer Appartementanlage in Praia da Luz in Portugal wegen des Verdachts des Mordes ermittelt wird. Angeklagt wird Christian B. jedoch wegen drei Taten der jeweils schweren Vergewaltigung und zwei Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Einzelheiten, die die Staatsanwaltschaft zu den Anklagepunkten schildert, sind grausam.

Taten gefilmt


Wie die Staatsanwaltschaft berichtet, soll der Angeklagte zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 28. Dezember 2000 und dem 8. April 2006 eine unbekannt gebliebene etwa 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer Ferienwohnung in Portugal in deren Schlafzimmer überrascht haben. Dann soll der maskierte Angeschuldigte das Opfer gefesselt und vergewaltigt haben. Anschließend habe er mehrfach mit einer Peitsche auf das Opfer eingeschlagen. Das gesamte Geschehen soll der Angeschuldigte mit einer Videokamera aufgezeichnet haben.

An einem weiteren nicht mehr genau bestimmbaren Tag im selben Zeitraum er soll er ein unbekannt gebliebenes, deutsch-sprachiges Mädchen im Alter von mindestens 14 Jahren in dem von ihm bewohnten Haus in Praia da Luz in Portugal nackt an einen im Wohnzimmer vorhandenen Holzpfahl gefesselt haben. Zunächst habe er das nackte Mädchen mit einer Peitsche geschlagen. Anschließend soll er das Mädchen brutal zum Oralverkehr gezwungen haben. Auch diese Tat habe der Angeschuldigte videografiert.

Am 16. Juni 2004 gegen 3Uhr soll sich der Angeschuldigte in Praia da Rocha in Portugal über den Balkon Zugang zum Appartement einer damals 20-jährigen Frau aus Irland verschafft haben. Die schlafende Frau sei dann von dem maskierten Angeschuldigten unter Vorhalt eines Messers geweckt und brutal vergewaltigt worden. Anschließend soll der Angeschuldigte die Frau an einen Tisch gefesselt und geknebelt und erneut vergewaltigt haben. Anschließend soll er das Opfer mit einer mitgebrachten Peitsche auf dem Rücken ausgepeitscht und schließlich gewaltsam den Oralverkehr mit dem Opfer ausgeführt haben. Auch hier soll der Beschuldigte große Teile des Geschehens mit einer mitgebrachten Videokamera gefilmt haben. Während Christian B. später über den Balkon geflohen sei, sei es dem Opfer gelungen, sich zu befreien und weinend um Hilfe zu bitten.

Frauen und Kinder vergewaltigt und misshandelt


Am 7. April 2007 gegen 15:30 Uhr soll der Angeschuldigte an einem Strandabschnitt von Salema im Distrikt Faro in Portugal nur mit Schuhen bekleidet und ansonsten nackt einem dort an den Felsen spielenden zehnjährigen, deutschen Mädchen hinter einem Felsloch aufgelauert haben. Er soll das Kind am Handgelenk gepackt und begonnen haben, an seinem nackten Penis Masturbationsbewegungen zu vollziehen. Dabei soll er das Mädchen grinsend aufgefordert haben, auf sein nacktes Geschlechtsteil und die daran vollzogenen Masturbationsbewegungen zu schauen, um sich dadurch sexuell zu erregen. Nachdem der Angeschuldigte zum Samenerguss gekommen sei, habe er von dem Mädchen abgelassen und sei geflüchtet.

Am 11 Juni 2017 habe der Angeschuldigte in den frühen Morgenstunden um zirka 2 Uhr während des sogenannten Schneckenfestes auf einem Spielplatz in Bartolomeu de Messines in Portugal Blickkontakt zu einem 11-jährigen portugiesischen Mädchen aufgenommen, die auf der Schaukel des dortigen Spielplatzes gesessen habe. Dann soll sich der Angeschuldigte unter ständigem Blickkontakt mit dem Kind seine Hose und Unterhose heruntergezogen und an seinem nackten Penis Masturbationsbewegungen vorgenommen, um sich sexuell zu erregen, bis das erschrockene Mädchen hilfesuchend zu ihrem Vater gelaufen sei. Der Angeschuldigte konnte noch vor Ort von der portugiesischen Polizei festgenommen werden.


Auf Grundlage der Anklageschrift wurde auch der Erlass eines Haftbefehls beantragt, weil aus Sicht der Staatsanwaltschaft dringender Tatverdacht besteht. Zudem besteht Flucht- und Wiederholungsgefahr. Der über 100 Seiten umfassenden Anklageschrift seien mehrjährige, sehr intensive und aufwendige Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern, insbesondere durch das Bundeskriminalamt, vorangegangen, berichtet die Staatsanwaltschaft weiter.

Angeklagter lebte in Braunschweig


Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um einen mehrfach vorbestraften Sexualstraftäter, der unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist. Derzeit verbüßt der Angeschuldigte eine 7-jährige Haftstrafe wegen einer Vergewaltigung, die er 2005 ebenfalls in Portugal begangen hat.

Die Zuständigkeit Staatsanwaltschaft Braunschweig ergibt sich aus dem Umstand, dass der Angeschuldigte vor seinem Auslandsaufenthalt seinen letzten Wohnsitz in Braunschweig hatte. Die Anklage erfolgte zur Jugendkammer des Landgerichts Braunschweig, weil es sich bei den Opfern einiger der angeklagten Taten um Kinder oder Jugendliche handelt und damit sogenannte Jugendschutzsachen vorliegen.

Ermittlungen im Fall Maddie dauern an


Die Ermittlungen zum Verschwinden Madeleine McCanns dauern indes ungeachtet der Anklageerhebung weiter an. Angesichts der laufenden Ermittlungen können diesbezüglich zum jetzigen Zeitpunkt auch weiterhin keine näheren Informationen zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen mitgeteilt werden.

In diesem Zusammenhang wird auch weiterhin um Mithilfe der Bevölkerung gebeten. Ein entsprechender Zeugenaufruf mit weiteren Informationen findet sich auf der Webseite des Bundeskriminalamtes.


mehr News aus der Region


Themen zu diesem Artikel


Kriminalität Justiz A2 Polizei