Berlin. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, hat die aktuelle Streikwelle mit einem hohen Nachholbedarf in weiten Teilen des Dienstleistungssektors begründet. "Über viele Jahre herrschte in einigen Bereichen eine prekäre Situation: Ausgliederungen, Leiharbeit, Werkverträge oder nur Teilzeitjobs wie bei den Bodenverkehrsdiensten an den Flughäfen haben die Arbeitsbedingungen geprägt", sagte Werneke dem "Tagesspiegel" (Samstagausgaben). "Daraus ist ein erheblicher Nachholbedarf entstanden."
Viele Beschäftigte wohnten zudem in Ballungsgebieten und seien von hohen Mieten betroffen. "Alles zusammen ergibt eine Gemengelage, die zu einer hohen Streikbeteiligung in den aktuellen Konflikten führt", sagte Werneke.
Grundsätzlich habe sich das tarifpolitische Zentrum stärker in den Dienstleistungsbereich verlagert, erklärte er. "Das hängt damit zusammen, dass die Beschäftigten ein neues Selbstbewusstsein entwickelt haben, was wiederum auch mit der verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammenhängt." Im Ergebnis habe man wieder mehr Engagement und Mut in Tarifbewegungen.
"In dem Moment, in dem Dienstleistungen stärker ins Zentrum von Tarifkonflikten rücken, haben die Arbeitgeber das Interesse, diese Streiks unwirksamer zu machen. Das ist die Position von Wirtschaftsverbänden und ihnen nahestehenden politischen Kräften", sagte der Verdi-Chef mit Blick auf Forderungen, das Streikrecht einzuschränken.
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