Wenn die eigenen Social-Media-Fotos zu Fake-Pornos gemacht werden

Vor allem Frauen und Mädchen würden immer häufiger Opfer von sogenannter "bildbasierter sexualisierter Gewalt". Das Niedersächsische Justizministerium hat jetzt gehandelt.

Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Niedersachsen. "Bildbasierte sexualisierte Gewalt" lautet der offizielle, vielleicht etwas irritierende Begriff für ein Phänomen, das in Niedersachsen in den den letzten Jahren drastisch zugenommen hat. Denn um physische Gewalt geht es dabei nicht. Nichtsdestotrotz wird den Opfern hier durch die Täter großer Schaden zugefügt. Wie das Niedersächsische Justizministerium in einer Pressemitteilung betont, will man nun verstärkt dagegen vorgehen.



Unter "bildbasierter sexualisierter Gewalt" verstehen Juristen, dass Bild- oder Videomaterial, das Personen von sich auf Social-Media-Kanälen oder im Internet veröffentlich haben, gestohlen und ohne deren Einwilligung verändert und verbreitet wird. Die Täter erstellen mit diesen Bildern und Videos – oft unterstützt durch KI - Nacktfotos oder Pornovideos, sogenannte Deepfakes oder Deepnudes. Die gefälschten Bilder werden im Netz und auf Social-Media-Kanälen weiterverbreitet, um die Opfer zu erniedrigen, zu erpressen und zu bedrohen.

"Angst, Rückzug und Scham"


Betroffen seien überwiegend Frauen und Mädchen. Fast die Hälfte der befragten jungen Frauen (42 Prozent) in der Studie „Lauter Hass, leiser Rückzug“ der bundesweiten digitalen Betroffenenberatung HateAid hätten bereits ungefragt ein Nacktfoto erhalten. Die Folgen für die Opfer würden weit über materielle Schädigungen hinaus gehen: „Wenn die Bilder erst einmal im Netz sind, haben die Betroffenen keine Kontrolle mehr über sie“, erklärt Anna Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid. „Es ist unklar, wer die Bilder schon gesehen hat und wo sie als nächstes landen. Die Folge sind Angst, Rückzug und Scham“. Seelische Belastungen könnten sich zu Erkrankungen entwickeln und im äußersten Fall sogar im Suizid enden.

Das Niedersächsische Justizministerium hat in Kooperation mit HateAid eine landesweite Qualifizierungsoffensive zum Thema bildbasierte sexualisierte Gewalt gestartet. Insgesamt 220 Fachkräfte aus Justiz, Polizei, Opferhilfe und Beratungsstellen werden in mehreren Veranstaltungen dabei geschult, um Opfer von bildbasierter sexualisierter Gewalt besser zu schützen und zu ihrem Recht zu verhelfen.

"Im Fünf-Jahres-Vergleich mehr als verdoppelt"


Die Resonanz auf die Weiterbildung sei groß, denn die Entwicklung digitaler Gewaltphänomene sei beunruhigend. Im Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ heißt es, dass sich die Zahlen der Betroffenen im Bereich der digitalen Gewalt im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent erhöht und im Fünf-Jahres-Vergleich sogar mehr als verdoppelt hätten.

Der Niedersächsische Landtag hatte in seiner Sitzung am 26. Februar 2025 einen Beschluss zum Thema „Unterstützung für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt“ gefasst und die Landesregierung darin gebeten, eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt zu schaffen und die bestehende Rechtslage auf eine Strafbarkeitslücke zu prüfen und gegebenenfalls eine Bundesratsinitiative zu erarbeiten, die eine konsistente Regelung bildbasierter sexualisierter Gewalt im Bereich des Sexualstrafrechts vorsieht.

"Gute dezentrale Beratungsstruktur"


Mit der Stiftung Opferhilfe und ihren landesweit elf Opferhilfebüros habe Niedersachsen bereits eine gute dezentrale Beratungsstruktur für Betroffene, die im Bereich der digitalen Gewalt eine wichtige Rolle spielen soll. Dafür sei eine enge Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen und Sicherheitsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft und anderen Meldestellen erforderlich, so das Justizministerium.

Darüber hinaus hätten sich auf Initiative Niedersachsens die Justizministerinnen und -minister der Länder auf ihrer Junikonferenz 2025 mit bildbasierter sexualisierter Gewalt intensiv befasst. Sie haben dort den Beschluss gefasst, „die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz zu bitten, sich der Thematik anzunehmen und adäquate Regelungen zur Schließung der Strafbarkeitslücken … vorzuschlagen“.

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